Nehmen Sie sich Zeit bei der Beratung zu hormonellen Verhütungsmitteln, verunsicherte Frauen werden es Ihnen danken. © AntonioGuillem / iStock / Getty Images Plus

Hormonelle Kontrazeption | Thrombose

PILLE UND THROMBOSE: WEITERHIN SIND VIELE VERUNSICHERT

Die Pille gilt als sicher. Laien- und Fachpresse beschäftigen sich trotzdem immer wieder mit dem erhöhten Thromboserisiko, das mit der Einnahme einhergeht. Was steckt dahinter und was muss beachtet werden?

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Die Vorteile hormoneller Verhütung liegen für viele auf der Hand. In den 1960er Jahren kam die erste „Pille“ auf den Markt und Frauen konnten ab sofort selbstbestimmt eine ungewollte Schwangerschaft verhindern – indem sie ein Hormonpräparat einnahmen. Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2015 nimmt jetzt mehr als jede zweite Frau zwischen 18 und 49 Jahren die Pille. Trotzdem ist die Verunsicherung bei einem Thema immer noch groß: das erhöhte Risiko für venöse Thromboembolien (VTE). Die erhältlichen Präparate wurden zwar weiterentwickelt, wodurch sich ein geringeres Risiko ergibt und nicht für jede Pille gilt das gleiche Risiko. Doch ist und bleibt die VTE eine Nebenwirkung der hormonellen Verhütung. Ohne deren Verwendung ist das Auftreten von VTE im gebärfähigen Alter gering (ungefähr 1 bis 5 auf 10 000 Frauenjahre), mit zunehmendem Alter und Körpergewicht nimmt die Gefahr allerdings zu, schreibt Dr. Sabine Segerer vom Amedes Experts Facharztzentrum für Kinderwunsch, Pränatale Medizin, Endokrinologie und Osteologie in Hamburg. Und das sollte berücksichtigt werden.

Weitere Risikofaktoren, die eine VTE begünstigen, sind unter anderem: Rauchen, Beinlähmungen, Krebserkrankungen, Traumata, Klinikaufenthalte, Immobilität, sowie aufgetretene VTE in der Familie oder eine angeborene Neigung zu Gefäßverschlüssen (Thrombophilie). Das höchste Erkrankungsrisiko besteht in den ersten Monaten der Einnahme, ein generelles Thrombophiliescreening wird allerdings nicht empfohlen – dazu sind schwerwiegende VTE zu selten. Auf erste Anzeichen sollte aber gerade zu Beginn verstärkt geachtet werden. Das gilt auch bei einem Präparatewechsel mit einer länger als vierwöchigen Einnahmepause.

Nicht jede Pille bringt das gleiche Risiko mit sich. Eine wichtige Rolle spielt der Estrogenanteil. Ethinylestradiol stört bekanntermaßen das Gleichgewicht der Gerinnungsfaktoren – eine möglichst geringe Dosis senkt dabei das Risiko für eine VTE. Kontrovers diskutiert wird, ob die Komponenten Estradiol und Estradiolvalerat, die in dieser Form auch im Körper vorkommen, seltener zu Komplikationen führen. Ähnlich verhält es sich bei der Gestagenkomponente. Studiendaten zeigen lediglich das geringste Risiko für Levonorgestrel auf, zu dem häufig kritisierten Drospirenon ist die Studienlage zurzeit nicht eindeutig. Das größte Risiko geht anscheinend von Kombinationspräparaten aus.

Auch die Hoffnung, dass es sich bei Hormonpflaster oder Hormonring anders verhalte, da die Freisetzung gleichmäßiger und die Hormondosis niedriger ist, konnte leider nicht bestätigt werden – das Risiko für VTE gilt als vergleichbar hoch. Reine Gestagenpräparate, egal ob Pille, Implantat oder Intrauterinsystem, steigern die Gefahr jedoch offenbar nicht. Daher sollten Frauen mit angeborenen, erworbenen beziehungsweise multiplen Risikofaktoren keine Kombi- sondern reine Gestagenpräparate erhalten. Mittel der ersten Wahl zur Empfängnisverhütung bei VTE-Neigung oder positiver VTE-Anamnese sind gemäß WHO-Leitlinie Intrauterinpessare.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Segerer SE: internistische praxis 2018; 59: 633-641 aus Medical Tribune 53. Jahrgang Nr. 45, 9. November 2018; 17

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