Es ist nicht schädlich, wenn Kinder im Dreck spielen oder ihn sogar in den Mund nehmen. © Bicho_raro / iStock / Getty Images Plus

Allergie | Kinder

MIT DRECK ALLERGIEN VORBEUGEN

Kinder spielen gerne draußen und es ist normal, dass sie dabei auch richtig dreckig werden. Für Eltern ein Horror. Dabei ist Dreck gar nicht so schlecht, vor allem hinsichtlich Allergien, wie am Rande des Deutschen Allergiekongresses nun von Ärzten erklärt wurde.

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Immer mehr Menschen haben eine oder mehrere Allergien. Oft beginnt es sogar schon im Kindesalter. Christian Vogelberg, Leiter des Dresdner Universitäts Allergie Centrums (UAC) ist der Ansicht, dass man mit einem entsprechenden Lebensstil und Abhärtung im Kindesalter Allergien vorbeugen kann. Kritisch sieht er vor allem die Auswirkung des westlichen Lebensstils: „Wenig Bewegung, wenig Immunstimulation durch verbesserte Hygiene und geringerer Kontakt mit Bakterien führen dazu, dass das Immunsystem sehr früh fehlgeleitet wird. Die wichtigste Erkenntnis hinsichtlich der Allergieprävention ist, dass man den Körper nicht schützen soll vor Kontakt mit möglichen Allergenen – wie man das früher gemacht hat“.

Vogelberg ist zudem der Ansicht, dass zu viel Hygiene nicht gut, sondern eher schädlich sein kann: „Kinder sollten wieder im Dreck spielen und ihn auch in den Mund nehmen“. Zudem sollten Eltern auch darauf achten, dass Kinder bereits relativ früh eine Vielzahl von verschiedenen Lebensmittel probieren. Denn es gibt bei der Entwicklung für Verträglichkeit ein gewisses Zeitfenster, dass bereits relativ früh beginnt. Probiert man aber bereits frühzeitig aus, kann es dabei helfen, dass weniger Allergien entstehen, zum Beispiel gegen Milch- oder Hühnereiweiß.

Der Arzt ist sogar der Ansicht, dass allergische Reaktionen in Zukunft der Vergangenheit angehören könnten: „Eine Welt ohne Allergien ist möglich“. Das Verständnis für die Entstehung von Allergien ist in den vergangenen Jahren gewachsen und es wurden große Fortschritte in diesem Bereich gemacht. Vogelberg sieht darin die Basis für die Vorbeugung. Beispielsweise könnten frühzeitig nach der Geburt bestimmte Bakterienbestandteile in Form von Dreckspritzen oder Nasensprays zugeführt werden. Dadurch könnte das Entstehen von Fehlregulationen vermieden werden. In der Realität sieht es jedoch ganz anders aus, denn Nahrungsmittelallergien haben zugenommen und auch Atemwegsallergien treten bei Kindern deutlich früher auf. Zudem ist das Niveau bei Asthma und Heuschnupfen sehr hoch. „Ein Einjähriger, der auf Birkenpollen reagiert, ist keine Rarität mehr“, so Vogelberg.

Der Mediziner sieht in der Umwelt einen unmittelbaren Einflussfaktor auf das Erbgut. Aus diesem Grund sollte man Kinder nicht abschotten. Bereits eine normale Entbindung wird als erster wichtiger Schutz angesehen. Denn bereits das Rutschen durch den Geburtskanal ist der erste Kontakt mit einem bakteriellen Umfeld und daher gut für die Immunstimulation.

Derzeit laufen einige vielversprechende Studien zur Vermeidung von Allergien. Allerdings befinden sie sich noch in der vorklinischen Phase. In naher Zukunft soll es aber laut dem Präsidenten des Fachkongresses auch direkte Untersuchungen am Menschen geben. Rund 1000 Experten, Allergologen, Internisten, Kinder- und Hautärzte, Arbeits- und Labormediziner sowie Ernährungsexperten tauschen sich bei diesem Kongress über die neuesten Forschungsergebnisse aus.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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