© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Schon mal da gewesen?

LEBENDIG BEGRABEN

Im Berliner Medizinhistorischen Museum dreht sich in einer Sonderausstellung alles um den Scheintod und wie Medizin und Kultur mit dem Thema und der Angst davor umgegangen sind.

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Innovationen und Diskussion Die Angst vor dem Lebendig-begraben-Werden grassierte. Eine der Folgen war die Errichtung des ersten Leichenhauses auf dem Jacobskirchhof in Weimar 1792 mit der Inschrift „Vitae dubiae asylum“, Haus des zweifelhaften Lebens. Die zutiefst beunruhigende Problematik des Scheintods regte nicht nur Ärzte und Wissenschaftler zu bizarren Experimenten an und veranlasste skeptische Erfinder zum Bau skurriler Rettungsapparate.

Es entfachte sich beispielsweise auch eine Debatte darüber, welche Hinrichtungsmethode humaner sei: Köpfen oder Hängen? Gleichzeitig löste die weit verbreitete Verunsicherung einen kreativen Impuls aus. Denn auch Schriftsteller und Dichter beschäftigten sich intensiv mit dem Thema. Besonders faszinierend beschreibt Edgar Allen Poe (1809–1849) seine Scheintod-Ängste.

Neue Ausstellung Diesem Phänomen des Scheintods in seiner Komplexität widmet sich die aktuelle Sonderausstellung im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité. Die aus dem Kasseler Museum für Sepulkralkultur übernommene Präsentation wurde um zwei wichtige Bereiche erweitert: In einem ersten zusätzlichen Kapitel geht es um die Scheintod-Debatte in Berlin und die Einrichtung von Leichenhäusern vor Ort ab 1794. Ein zweiter besonderer Schauraum ist dem Hirntod heute gewidmet.

Dabei wird klar: Hirntod ist nicht gleich Scheintod. Gezeigt wird, wie auf einer Intensivstation im Falle eines Falles der so genannte irreversible Hirnfunktionsausfall festgestellt und dokumentiert wird, um den Hirntod zu diagnostizieren. Die Sonderausstellung „Scheintot – Über die Ungewissheit des Todes und die Angst, lebendig begraben zu werden“ kann noch bis zum 18. November von Dienstag bis Samstag, 10 bis 17 Uhr, sowie mittwochs und samstags bis 19 Uhr, besichtigt werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/18 ab Seite 92.

KONTAKT

Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Wann ist der Mensch tot? Wie ist die Grenzlinie zwischen Leben und Tod zu definieren? Wie wandelt sich diese Definition in der historischen Entwicklung? Von der Antike bis ins 18. Jahrhundert galten gemeinhin sehr einfache Zeichen als Indizien für den Eintritt des Todes: Waren etwa kein Herzschlag und kein Puls mehr zu fühlen, blieb eine Flaumfeder bewegungslos auf dem Mund liegen oder beschlug ein Spiegel nicht durch die Atmung, wurde der Betreffende für tot gehalten.

Im Zuge der Aufklärung entbrannte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geradezu epidemisch eine Furcht der Menschen davor, lebendig begraben zu werden. Neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse und technische Errungenschaften brachten die alten Gewissheiten über die Grenze zwischen Leben und Tod ins Wanken, und es folgte eine weit auch über die Fachkreise hinausgehende gesellschaftliche Diskussion über den Zwischenzustand, den „Scheintod“.

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