Kann moderne Sprachtechnologie mittels künstlicher Intelligenz bald erkennen, ob wir an einer psychischen Störung leiden? Amerikanische Forscher entwickeln dazu bereits eine Smartphone-App. © AndreyPopov / iStock / Getty Images Plus

KI | Telemedizin

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ ERKENNT POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG

Telemedizin, einmal anders: Ein Computer erkennt an Stimme und Sprechweise, ob der Patient an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Diese künstliche Intelligenz entwickelten Forscher während einer Studie an der New York University School of Medicine.

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Traumatische Erlebnisse, Grauenhaftes, kaum Verarbeitbares: Die meisten Menschen erleben dies zumindest einmal in ihrem Leben. Bei einigen hinterlässt dies offene psychische Wunden, die kaum noch heilen: Sie entwickeln eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Besonders Menschen in Krisengebieten oder Soldaten leiden häufig unter dieser psychischen Störung. Die Betroffenen erleben das Ereignis immer wieder, wie in einer Vision; auch ihre Sicht auf die Welt wird davon überschattet: Sie sehen vieles negativ, erwarten ständig Schlimmes und sind dadurch stets gestresst und auf der Hut. Das kann ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Bisher wurde eine PTBS-Diagnose aufgrund von Interviews und Selbsteinschätzung der Betroffenen gestellt. Diese Verfahren neigen jedoch zu Verzerrungen und sind vergleichsweise aufwändig. Charles R. Manor und die Mitstreiter seiner Studie werteten die Aussage von Experten aus, denen zufolge man manchmal hören kann, dass jemand von dem Problem betroffen ist. Denn traumatische Ereignisse verändern Gehirnfunktionen, die Muskeltonus und Emotionen verarbeiten, was die Sprechweise von Menschen in charakteristischer Weise beeinflussen kann. Vereinfacht ausgedrückt, wird das Posttraumatische Belastungssyndrom etwa an einer etwas verwaschenen Sprache und einem leblosen, metallischen Ton deutlich, sagten die Experten.

Die Wissenschaftler verwendeten modernste Sprachanalysetechnologie, die feine Merkmale des Rhythmus, der Tonlage und der Artikulation herausarbeiten konnte. Diese Informationen wurden in ein künstliches Intelligenz-System (KI) eingespeist, das anhand von Beispielen lernen kann, Merkmale zur Klassifizierung von Probanden zu erkennen. Die KI-Programme entwickeln dann selbstständig immer genauere mathematische Modelle, die eine Erkennung von Mustern zur Diagnose ermöglichen. Für die Entwicklung des Systems nutzten die Wissenschaftler Interviews von Irak- und Afghanistan-Veteranen, von denen eine Teilgruppe ein PTBS-Syndrom entwickelt hatte, die andere jedoch nicht. Die Aufnahmen wurden in eine Sprachsoftware eingespeist, damit es nach Mustern in der Sprache suchen konnte. Und dieses Vorgehen war erfolgreich: Das KI-Programm konnte tatsächlich bestimmte übergeordnete Grundmuster in der Sprechweise der PTBS-Patienten erkennen. Und das funktionierte sogar zu 89 Prozent!

Die Forscher wollen nun das KI-Voice-Tool durch zusätzliche Daten trainieren und die Zuverlässigkeit erhöhen. So könnte dann ein neues System zur Diagnose von PTBS entwickelt werden – zum Beispiel als kostengünstige Smartphone-App.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: www.wissenschaft.de  

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