Eine vegane Ernährung für Kinder und Jugendliche wird von der DGE nicht empfohlen, da eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen nicht oder nur sehr schwer möglich ist. © evgenyatamanenko / iStock / Thinkstock

Kinder | Fleisch und Wurst

KINDER: IST DER VERZICHT AUF TIERISCHE PRODUKTE GESUND ODER RISKANT?

Es gibt keine genauen Zahlen, die es belegen, aber Kinder und Jugendliche verzichten immer häufiger auf tierische Produkte. Für Wiebke Unger, Sprecherin von ProVeg Deutschland, liegt es unter anderem daran, dass junge Menschen offener für Neues und Tierschutzthemen sind. Was könnte noch dafür sprechen?

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Allgemein ist das Thema „fleischlos und wie es mit der Nährstoffversorgung aussieht“ bei jungen Menschen nur wenig erforscht. „Es gibt keine objektiven Zahlen“, erklärt Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsdepartments Kinderernährung an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Ruhr-Universität Bochum. VeChi Diet, eine neu erhobene Studie möchte die bislang oberflächliche Datenlage verbessern. Erste Ergebnisse wurden vor kurzem in Berlin vorgestellt.

Bei dieser Studie wurden 364 Kinder im Alter von einem bis drei Jahren berücksichtigt. Etwa zehn Prozent der Probanden, die sich vegan und sechs Prozent der Kinder, die sich vegetarisch ernähren, waren zu klein für ihr Alter. Markus Keller von der Fachhochschule des Mittelstands und Studienleiter dieser Untersuchung erklärt: „Dies könne ein Anzeichen für eine nicht optimale Ernährung sein“. Rund 90 Prozent der Kinder liegen bezüglich Gewicht und Größe im Normalbereich. Bei denjenigen, die auch Fleisch essen, gab es keinerlei Defizite. Allerdings waren drei Prozent übergewichtig.

Die Ergebnisse lassen die Autoren der Studie schlussfolgern, dass auch eine vegane und vegetarische Ernährung bei Kindern den Bedarf an wichtigen Nährstoffen deckt, wenn auf eine ausreichende Zufuhr von Nahrungsenergie und kritischen Nährstoffen, vor allem Vitamin B12, geachtet wird. Gerade für Veganer ist ein Zusatz dieses Vitamins wichtig, da es ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt und für die Entwicklung von Hirn- und Nervensystem benötigt wird. Es wurde von Seiten der Forscher zwar die Zufuhr bestimmter Nährstoffe untersucht, aber nicht, wie sie aufgenommen wurden. Hier wären Blutdaten notwendig. Aus diesem Grund sind die bisherigen Ergebnisse lediglich bedingt aussagekräftig, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), Silke Restemeyer.

Eine vegane Ernährung für Kinder und Jugendliche wird von der DGE nicht empfohlen, da eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen nicht oder nur sehr schwer möglich ist. „Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr vor allem der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Nährstoffpräparate verwenden“, so die DGE. Nährstoffe, die als kritisch angesehen werden, sind unter anderem unentbehrliche Aminosäuren und langkettige Omega-3-Fettsäuren. Zudem fallen die Vitamine Riboflavin und Vitamin D, aber auch Calcium, Eisen, Jod, Zink und Selen in diese Kategorie.

Mathilde Kersting, frühere Leiterin des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) erklärt, dass vegan essende Kinder wie Kinder mit einer Eiweißstoffwechselerkrankung ernährt werden müssen. Da das Thema Ernährung doch recht komplex ist, empfiehlt die DGE, eine Ernährungsfachkraft zu Beratungszwecken hinzuzuziehen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig prüfen zu lassen.

Der Sprecher des Berufsverbands für Kinder- und Jugendärzte, Herman Josef Kahl, betont, dass der Berufsverband Veganismus bei Kindern ablehnt. Es könnten fatale und irreversible Schäden entstehen. „Wenn im Gehirn zu wenig Vitamin B und verschiedene Aminosäuren ankommen, kann es zu einer starken Entwicklungsverzögerung der Hirnreife und wichtigen kognitiven Beeinträchtigungen kommen“, so Kahl.

Für machbar halten die Experten dann doch eher eine vegetarische Ernährung. „Da sind wir nicht ganz so ablehnend, da ja in der Regel Eier gegessen und Milch getrunken werden. Die Kinder sind in der Regel gesund ernährt“, so die Ärzte. Diese Variante hält die DGE für empfehlenswert. Kahl rät, zusätzlich Eisen einzunehmen und in regelmäßigen Abständen ein Blutbild machen zu lassen. Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkornprodukte sind ebenfalls gute Eisenlieferanten.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Abendblatt
   Pharmazeutische Zeitung

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