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Politik

IN DER PIPELINE

Der Gesetzgeber möchte Prävention und Versorgung voran bringen. Um die Einführung digitaler Anwendungen zu beschleunigen, wurde ein eHealth-Gesetz auf den Weg gebracht.

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Am 20. März 2015 hat der Bundestag in erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention beraten. Das Gesetz, das im August dieses Jahres in Kraft treten soll, will die Rahmenbedingungen verbessern, damit Sozialversicherungsträger gemeinsam mit Ländern und Kommunen Vorbeugung und Gesundheitsförderung gestalten können. Zudem sollen wichtige Maßnahmen ergriffen werden, um Impflücken in allen Altersstufen zu schließen.

Maßnahmenbündel Die gesteckten Ziele sollen durch gezielte Zusammenarbeit der Akteure erreicht werden. Neben der Gesetzlichen Krankenversicherung sollen auch die Gesetzliche Rentenversicherung, die Gesetzliche Unfallversicherung und die Soziale Pflegeversicherung eingebunden werden. In einer nationalen Konferenz will man sich auf ein gemeinsames Ziel und Vorgehen einigen und die vielfältigen Ansätze in der Prävention und Gesundheitsförderung bündeln. Ein Schwerpunkt des Gesetzes bildet die Förderung vorbeugender Maßnahmen und Gesundheitsförderung in Betrieben.

Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sollen in den Fokus der Leistungen der Krankenkassen rücken. Dazu ist geplant, die Ausgaben mehr als zu verdoppeln. Damit stünden zukünftig für präventive und gesundheitsfördernde Leistungen gut 500 Millionen Euro zur Verfügung. Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen zu präventionsorientierten Gesundheitsuntersuchungen weiterentwickelt werden. Dazu gehört auch die Überprüfung und Beratung zum Impfstatus.

Ziel ist es, Krankheiten zu vermeiden, bevor sie überhaupt entstehen. Eine Einbindung der Apotheken, etwa im Zuge regelmäßiger Impfchecks in Apotheken, ist (noch?) nicht vorgesehen.

Bessere Versorgung Die Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und wohnortnahen medizinischen Versorgung der Bevölkerung ist ein weiteres zentrales gesundheitspolitisches Anliegen. Um das erreichte hohe Versorgungsniveau zu halten und zu verbessern, gibt es angesichts der demografischen Herausforderung, der unterschiedlichen Versorgungssituation von Ballungsräumen und ländlichen Regionen sowie des medizinisch-technischen Fortschritts gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

Voraussichtlich im Sommer dieses Jahres wird vor diesem Hintergrund ein bunter Strauß von Regelungen mit dem sogenannten GKV-Versorgungsstärkungsgesetz in Kraft treten, die den Versorgungsalltag vieler Patienten spürbar verbessern könnten, etwa indem bürokratische Hemmnisse abgebaut, der Zugang zu erforderlichen Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sichergestellt und die Behandlungsabläufe für den Patienten zwischen Krankenhäusern, Ärzten und anderen Einrichtungen besser abgestimmt werden.

Schwerpunkte des Gesetzes betreffen vor allem die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung, die Reform des vertragsärztlichen Vergütungssystems und ein reibungsloseres Ineinandergreifen von stationärer und ambulanter Versorgung. Damit Innovationen möglichst rasch Patienten zur Verfügung stehen, kann der Gemeinsame Bundesausschuss zukünftig neue, nichtmedikamentöse Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potenzial zeitlich begrenzt unter strukturierten Bedingungen und unter Beteiligung von Fachkreisen erproben.

Im Arzneimittelbereich sollen Wirtschaftlichkeitsprüfungen für verordnete Leistungen durch regionale Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen ersetzt werden. Ein weiterer Regelungspunkt betrifft die Höhe des Apothekenabschlags bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV. Mit der gesetzlichen Festlegung in Höhe von 1,77 EUR gehören langwierige Verhandlungen damit der Vergangenheit an.

Auch das Problem der Retaxation auf Null soll gelöst werden. Vorgesehen ist, dass die Vertragsparteien (Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker) im Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung konkretisieren, in welchen Fällen keine Rechnungskürzungen mehr vorgenommen werden dürfen.

Schließlich soll die medikamentöse Versorgung aus dem Krankenhaus entlassener Patienten verbessert werden; denn sie benötigen häufig Arzneimittel, die sie ohne Rezept in ihrer Apotheke nicht erhalten können. Das Versorgungsstärkungsgesetz wird zukünftig Krankenhäusern die Möglichkeit eröffnen, zur Sicherstellung einer lückenlosen Versorgung mit Arzneimitteln im Rahmen der Entlassung für den Patienten die jeweils kleinste Packung zu verordnen.

Die Regelung wird insoweit das Apothekengesetz ergänzen, wonach bei der Entlassung von Patienten nach stationärer oder ambulanter Behandlung im Krankenhaus die Abgabe der zur Überbrückung benötigten Menge an Arzneimitteln möglich ist, wenn im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt.

ZUSATZINFORMATIONEN

Bessere digitale Vernetzung Mit dem sogenannten eHealth-Gesetz hat das Bundesgesundheitsministerium im Frühjahr 2015 einen Gesamtplan für „sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ vorgelegt, der im Jahr 2016 in Kraft treten soll. Im Mittelpunkt des Gesetzes steht die beschleunigte Einführung nutzbringender Anwendungen wie Medikationsplan, elektronische Arztbriefe bzw. Entlassbriefe und zwar noch vor Einführung der Telematikinfrastruktur.

Fakt ist, dass es in der Vergangenheit in Sachen digitale Vernetzung nicht so recht voran ging, obwohl die Versichertengemeinschaft bereits über eine Milliarde Euro aufgebracht hat. Grund sind Streitereien und Blockaden der gemeinsamen Selbstverwaltung. Mit dem eHealth-Gesetz soll nun der weitere Zeitplan gesetzlich festgezurrt werden. So ist unter anderem ab Oktober 2016 ein Medikationsplan für alle Patienten mit fünf und mehr regelmäßig einzunehmenden Arzneimitteln vorgesehen. Es ist ein Anachronismus, dass das eHealth-Zeitalter mit einem Medikationsplan in Papierform beginnen wird. Aber besser ein Fortschritt in kleinen Schritten als weiterhin Stillstand.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/15 ab Seite 106.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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