113 Versuchsteilnehmer bekamen jeden Tag ein 250-Gramm-Steak vorgesetzt, vier Wochen lang. Danach hatten sie erhöhte Trimethylamin-Konzentrationen im Blut. Das Stoffwechselprodukt steht in Verdacht, das Risiko auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erhöhen. © Thomas Francois / iStock / Getty Images Plus

Bösewicht Trimethylamin | Studienlage unklar

GEHT ROTES FLEISCH AUF DIE GEFÄSSE ODER NICHT?

Studien haben so ihre Tücken, besser gesagt: ihre Auswertungen. So könnte nach einer experimentellen Ernährungsstudie der Verzehr von viel rotem Fleisch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach sich ziehen. Oder doch nicht?

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Zur Evaluierung fütterte der US-Forscher Stanley Hazen von der Cleveland Clinic seine Versuchsteilnehmer - 113 gesunde Männer und Frauen - vier Wochen lang täglich mit einem 250-Gramm-Steak oder wahlweise mit zwei Hamburgern, die dieselbe Menge Fleisch enthielten. Nach einer zweiwöchigen Auswaschphase folgte dann eine vierwöchige Diät mit einem hohen Anteil an Geflügelfleisch und zum Abschluss ein fleischfreier Monat.

Nach den vorgestellten Ergebnissen, die Hazen in der Fachzeitschrift „European Heart Journal“ veröffentlichte, führte nur die Ernährung von rotem Fleisch zu einem deutlichen Anstieg der TMAO-Plasmakonzentration auf das 3-fache. Hazen ist davon überzeugt, dass das im roten Fleisch enthaltene Carnitin der Verursacher ist. Carnitin wird nämlich im Darm von Bakterien zu Trimethylamin verstoffwechselt, das nach der Resorption in der Leber in Trimethylaminoxid (TMAO) umgewandelt wird.

Der Anstieg des TMAO war übrigens reversibel. Nach dem Wechsel auf die Geflügeldiät oder eine vegetarische Kost kam es sofort zu einem Rückgang der TMAO-Werte. Das Trimethylaminoxid wurde relativ rasch über die Nieren ausgeschieden. Auf welche Weise es das Fortschreiten der Atherosklerose beschleunigt, ist noch nicht ganz klar. Bisher wurden nämlich vor allem gesättigte Fettsäuren und Cholesterin als Gründe vermutet. In früheren Studien konnte Hazen übrigens nachweisen, dass die TMAO-Konzentration im Blut mit einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist. Menschen mit den höchsten Konzentrationen erkrankten oder starben in den Folgejahren 2,5-fach häufiger an Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Die Auswertung der Studie ist, wie oben angedeutet, umstritten. Denn ob eine Ernährung, die die Bildung von TMAO vermindert, eine protektive Wirkung hätte, kann aus den bisherigen Studien nicht geschlossen werden. Der Nachweis würde längere Interventionsstudien erforderlich machen, die sehr aufwändig sind. Hazen hat aber einen Wirkstoff entwickelt, der die Enzyme von Darmbakterien blockiert, die an der Bildung von TMAO beteiligt sind. Auch dazu sind noch keine klinischen Studien am Menschen durchgeführt worden.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Ärzteblatt

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