Ein Baum, der die Form eines menschlichen Kopfs hat, von dem sich einige Blätter lösen und mit dem Wind davon fliegen.
Bei einer Alzheimer-Erkrankung sterben nach und nach mehr Nervenzellen im Gehirn ab. © wildpixel / iStock / Getty Images Plus

Gedächtnis | Alzheimer

FRÜH ERKENNEN, SPÄTER NICHT VERGESSEN

Alzheimer – eine Krankheit, die bereits voranschreitet, ohne dass ein Betroffener Symptome zeigt. Und wenn Symptome zu beobachten sind, werden sie oftmals bagatellisiert oder als „normale“ Anzeichen des Alterns abgetan. Eine Fehleinschätzung mit Folgen.

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Die von Alzheimer Betroffenen verlieren wertvolle Lebensjahre, wenn die Krankheit nicht früh genug erkannt wird. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation gehören Demenzen zu den zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Welche Möglichkeiten eine frühe Diagnose eröffnet, zeigten Expert*innen bei einer virtuellen Veranstaltung des Biotechunternehmens Biogen.

Zunächst ein paar Zahlen und Fakten: Rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind dement – Tendenz steigend. Bis 2050 soll die Zahl schätzungsweise auf 2,8 Millionen wachsen. Zwei Drittel dieser Fälle wurden durch eine Alzheimer-Erkrankung ausgelöst. Dr. Wolfram Schmidt, Geschäftsführer der Biogen GmbH in Deutschland, erklärte:

Ganz viele Menschen haben, wenn sie den Begriff Alzheimer hören, einen abwesend dasitzenden, alten Menschen in einem Pflegeheim vor Augen. Die Wahrheit ist aber, dass diese Erkrankung viel früher beginnt: wenn die Leute noch mitten im Leben stehen.

Die ersten Veränderungen im Gehirn – sogenannte Amyloid- und Tau-Ablagerungen, beides sind Eiweiße – beginnen schätzungsweise rund 15 Jahre, bevor überhaupt klinische Veränderungen sichtbar werden.

Laut Schmidt gehen die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse alle in eine klare Richtung: Es geht darum, Alzheimer frühzeitig zu erkennen und anzugehen.

Die Diagnostik
Dr. med. Jörg B. Schulz, Direktor der Klinik für Neurologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, erzählt: „Früher als ich noch Student war, hieß es: Die Alzheimer-Krankheit kann man zu Lebzeiten nicht diagnostizieren, sondern erst, wenn man das Gehirn nach dem Tod untersucht.“ Das ist heute glücklicherweise anders, da es möglich ist, das Nervenwasser, welches Gehirn und Rückenmark umgibt, zu analysieren. Das Nervenwasser ist, wie es der Neurologe beschreibt, „quasi ein Spiegelbild der Veränderungen, die im Gehirn stattfinden.“ Daran lassen sich etwa die typischen Amyloid- und Tau-Ablagerungen erkennen. Diese Untersuchung sei harmlos, genau und extrem aussagekräftig. Das gelte auch in sehr frühen Stadien der Erkrankung.

Patient Bernd Heise zeigt, welche Möglichkeiten eine frühzeitige Diagnose eröffnen kann. Zwar hat es bei ihm mehrere Jahre gedauert, bis Alzheimer festgestellt wurde, doch er lernt, damit umzugehen. Der Rentner engagiert sich in der Münchner Alzheimer-Gesellschaft:

Was glaube ich auch wichtig ist, ist der Kontakt zu anderen und, dass man immer wieder das Gehirn aktiviert und fordert.

Bestimmte Vorgänge versucht er sich immer wieder bewusst vorzustellen, um sie möglichst lange nicht zu vergessen, und er treibt Sport.

„Licht am Ende des Tunnels“
Wissenschaftler*innen und Forschende weltweit haben viel über die Mechanismen, die im Gehirn ablaufen, gelernt – auch wenn sie viele Rückschläge in der Forschung hinnehmen mussten. Schmidt sagt: „Bereits seit zwei Jahrzehnten wird an der Alzheimer-Erkrankung intensiv geforscht. Nur leider waren bisher 99 Prozent der Ergebnisse nicht erfolgreich. Jetzt geht es darum, hoffentlich bald therapeutische Lösungen anbieten zu können.“ Eine könnte Donanemab sein. Neurologe Schulz hofft auf eine Zulassung:

Vielleicht im nächsten halben Jahr oder Jahr, damit wir endlich Medikamente haben, die das Fortschreiten der Erkrankung verhindern.

Nationale Demenzstrategie
Um die Situation für Betroffene zu verbessern, hat die Bundesregierung mit zahlreichen Partnerorganisationen aus Politik, Gesellschaft und Forschung eine „Nationale Demenzstrategie“ entwickelt und im Juli 2020 beschlossen. Laut Astrid Lärm, Leiterin der Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie, umfasst sie rund 160 konkrete Maßnahmen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. Die Ziele:

  • Die soziale Teilhabe von Betroffenen zu verbessern
  • Beratungs- und Unterstützungsangebote für Patient*innen und Angehörige auszubauen
  • Die medizinische Versorgung und Pflege zu optimieren
  • „Exzellente Forschung“ rund um Demenz in Deutschland zu fördern

Der Umsetzungsstand der Maßnahmen soll regelmäßig abgefragt und in einem jährlichen Bericht zusammengefasst werden.

Sabrina Peeters,
freie Journalistin

Quelle: Pharma-Fakten

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