Mehrere Marathonläufer*innen tragen Mund-Nasen-Masken.
Kein Sprint, sondern ein Marathon: Da die Pandemie noch andauert, bildet das EpiLage-Fortgeltungsgesetz den rechtlichen Rahmen für Maßnahmen. © Drazen Zigic / iStock / Getty Images Plus

Corona-Sonderregelungen

EPILAGE-GESETZ: WAS HEISST DAS FÜR APOTHEKEN?

Zu Beginn der Pandemie haben es manche mit dem Großeinkauf von Nudeln oder Toilettenpapier übertrieben. Doch bestimmte Medikamentenvorräte sind in der Krise sinnvoll. Deshalb werden mit dem EpiLage-Gesetz die Vorratsregeln für Krankenhausapotheken verstetigt – und zahlreiche Pandemiebestimmungen angepasst.

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Wie schön wäre es, wenn das Corona-Virus so flott verschwinden würde, wie es aufgetaucht ist. Doch damit ist nicht zu rechnen. Und deshalb geht das Leben in der Pandemie Tag um Tag in die Verlängerung, so wie auch zahlreiche Gesetze und Verordnungen für den aktuellen Ausnahmezustand. Am 4. März hat der Deutsche Bundestag mehrheitlich festgestellt, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite fortbesteht – zum dritten Mal. Weiterhin beschloss das Parlament mit den Stimmen von Union und SPD den Gesetzentwurf zur Fortgeltung der Pandemiemaßnahmen. Vor allem im Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurden dadurch zahlreiche dauerhafte Anpassungen vorgenommen.

Mit all dem soll sichergestellt werden, dass Ermächtigungen und Rechtsverordnungen über die ursprüngliche Begrenzung auf den 31. März 2021 hinaus weitergelten, sofern die Pandemie anhält. Einen Freibrief hat der Bundestag der Bundesregierung damit nicht ausgestellt: Künftig werden die Abgeordneten spätestens alle drei Monate entscheiden, ob tatsächlich noch eine epidemische Lage besteht. Wenn nicht, enden daran anknüpfende Bestimmungen.

Gesetzgebung verankert oder Scheinbeteiligung?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn urteilte in der Bundestagsdebatte vor der Verabschiedung des Gesetzentwurfs, nun habe man „eine Pandemiegesetzgebung in Deutschland fest verankert“. Die CDU-Abgeordnete Nina Warken betonte, mit den gut weiterentwickelten Instrumenten könne man „rechtssicher auf die epidemische Lage reagieren“. Die Opposition sah das allerdings anders. Immer noch könne das Bundesgesundheitsministerium innerhalb von drei Monaten Verordnungen ohne Zustimmung des Bundestags erlassen, kritisierte die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus. Die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl sprach von einer „Scheinbeteiligung“ der Abgeordneten. Und die Grüne Maria Klein-Schmeink erklärte: „Sie haben es nicht hingekriegt, ein Infektionsschutzgesetz vorzulegen, das den Menschen Orientierung und Klarheit und Perspektive gibt.“

Die allerletzte Hürde ist auch noch nicht genommen. Denn am 26. März muss der Bundesrat dem „Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen“ zustimmen. Grundsätzlicher Widerstand ist aber nicht zu erwarten, allenfalls noch ergänzende Entschließungen.

Das EpiLage-Fortgeltungsgesetz verlängert und verstetigt bestehende Regelungen für den pharmazeutischen Bereich.

Unter anderem folgende Regelungen sind betroffen:

  • Die Regelungen gemäß der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung werden verlängert. Die vorgesehenen Freiräume für PTA und Apotheker*innen bei der Abgabe von Arzneimitteln bestehen in der Pandemie weiter: Unter anderem die erleichterte Austauschmöglichkeit bei der Arzneimittelabgabe, die Abgabe von Teilmengen einer Packung, die Abgabe von Betäubungsmitteln an eine andere Apotheke. Auch können die zuständigen Behörden weiter Abweichungen von apothekenrechtlichen Vorschriften zulassen, um die Versorgung sicherzustellen.
  • Die zeitlich befristete Vergütung für den Botendienst wurde bereits verstetigt: Durch eine Regelung im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungs-Gesetz gilt sie seit Jahresanfang unbefristet.
  • Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken müssen parenteral anzuwendende Arzneimittel zur intensivmedizinischen Versorgung mit 14 Wirkstoffen umfassender bevorraten:
    • Adrenalin
    • Amiodaron
    • Argatroban
    • Clonidin
    • Esmolol
    • Heparine
    • Meropenem
    • Midazolam
    • Morphinsulfat
    • Noradrenalin
    • Novaminsulfon
    • Piperazillin/Tazobactam
    • Propofol
    • Sufentanil
    Der Vorrat muss mindestens dem durchschnittlichen vierwöchigen Bedarf der belieferten intensivmedizinischen Abteilungen entsprechen. Dazu werden das Apothekengesetz (§21) und die Apothekenbetriebsordnung (§15 und 30) entsprechend ergänzt, und zwar mit Wirkung zum 1.7.2021. Die bisherige IST-Arzneimittelbevorratungsverordnung tritt dann außer Kraft. Begründet wird die neue, auf Dauer angelegte Regelung mit einer Stärkung der Versorgungssicherheit angesichts möglicher Lieferengpässe: „Aus Vorsorgegründen sollen entsprechende Bevorratungspflichten auch nach der Pandemie gelten.“
  • Die Meldepflichten bei patientennahen Schnelltests werden erweitert. Wer sie durchführt, ist der Meldepflicht unterworfen, damit also Apotheker*innen und PTA ebenso wie Ärztinnen und Ärzte (§8, IfSG). Gleichzeitig wird das BMG ermächtigt, diese Meldepflichten durch eine Rechtsverordnung wieder aufzuheben, falls es die Pandemielage erfordert (§15, KfSG). Dahinter steht die Überlegung, die Gesundheitsbehörden nicht durch zu viele Meldungen zu überfordern.
  • Im Infektionsschutzgesetz wird ausdrücklich eine Regelung fixiert, die Bund und Länder ermächtigt, Arzneimittel und Impfstoffe bei begrenzter Verfügbarkeit in der Pandemie an bestimmte Personengruppen abzugeben (§5, Absatz 2, Punkt 4 f). Damit wird klarer als bisher eine rechtliche Grundlage für das Impfen in einer priorisierten Reihenfolge geschaffen. Diese Regelung ist auch deshalb wichtig, weil bald Arztpraxen mit in die Corona-Impfungen einbezogen werden und dafür von den Apotheken beliefert – bei zunächst immer noch knappem Impfstoff. Die Änderung ermöglicht es der Bundesregierung aber grundsätzlich auch, weitere priorisierte Abgaben vorzusehen, beispielsweise für bestimmte Medikamente.
  • Erweitert werden die bisherigen Möglichkeiten, von den Bestimmungen in den Berufsgesetzen der Gesundheitsfachberufe abzuweichen (§5, Absatz 10). Es sind nun in der Pandemie auch Anpassungen beim theoretischen und praktischen Unterricht möglich sowie bei der praktischen PTA-Ausbildung. Das schließt Regelungen zur Praxisanleitung mit ein. Die Pharmazeutische Zeitung hatte Mitte Februar darauf hingewiesen, dass durch das EpiLage-Fortgeltungsgesetz auch pandemiebedingte Probleme für PTA abgefedert werden sollen: „Zuletzt hatten PTA in der Ausbildung immer wieder von Problemen beispielsweise bei der Suche nach Praktikumsplätzen berichtet. So sieht die Berufsordnung derzeit etwa keine Regelungen für ein Praktikum vor, das pandemiebedingt im Schichtsystem stattfinden muss. Auch Lösungen für eine Unterbrechung der praktischen Ausbildung gibt es nicht, die etwa aufgrund einer vorübergehenden Apothekenschließung aus Quarantänegründen erforderlich sein kann.“ In Zukunft können die Bundesländer nun flexiblere Vorschriften vorsehen.
  • Ebenso erweitert werden die bisherigen Möglichkeiten, von den Bestimmungen in der Approbationsordnung für Apotheker abzuweichen. Auch die Vorgaben zur Regelstudienzeit können zukünftig flexibilisiert werden (§5, Absatz 7 d IfSG). Sonst könnten sich unter anderem unerwünschte Folgen beim Anspruch auf Bafög ergeben. Bislang wurden bereits Unterricht und Prüfungen via Simulation möglich gemacht sowie Studien-, Praktikums- und Prüfungsbedingungen flexibilisiert.

Weitere Regelungen im EpiLage-Fortgeltungsgesetz (in Auswahl):

  • Geregelt wird weiterhin, wann Bürgerinnen und Bürger eine Entschädigung erhalten, weil sie sich in Quarantäne begeben mussten. Neu ist, dass nun auch die vorsorgliche Absonderung in bestimmten beruflichen Konstellationen einbezogen wird.
  • Festgehalten wird nun auch, wie der Verdienstausfall berechnet wird, der Grundlage für Entschädigungszahlungen ist – nämlich angelehnt an das Kurzarbeitergeld. Denn derzeit bestehe „der unhaltbare Zustand, dass weder Softwarehersteller noch Arbeitgeber wissen, wie sich die Entschädigung konkret berechnet“.
  • Die Regelungen für den Anspruch auf eine Entschädigung für einen Verdienstausfall in der Pandemie werden noch einmal präzisiert. Anspruch besteht unter anderem für jede erwerbstätige Person mit Kindern bis zum 12. Lebensjahr im Fall von Kita- und Schulschließungen für maximal 10 Wochen, bei Alleinerziehenden für 20 Wochen. Die einzelnen Bedingungen sind im IfSG geregelt (§56).

Sabine Rieser,
Freie Journalistin

Quellen:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/271/1927196.pdf 
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/272/1927291.pdf 
https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19215.pdf 
http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/index.html 
http://www.gesetze-im-internet.de/apog/ 
https://www.gesetze-im-internet.de/apobetro_1987/ 
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/A/SARS-CoV-2-AMVersorgVO_Bgbl.PDF 
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/A/Aend_SARS-CoV-2-ArzneimittelversorgungsVO_BAnz_AT_300920.pdf 
https://www.deutschesapothekenportal.de/download/public/arbeitshilfen/dap_arbeitshilfe_115.pdfhttps://www.gesetze-im-internet.de/itsabv/ITSABV.pdf 
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/kliniken-sollen-dauerhaft-arzneimittelvorraete-aufstocken-123875/ 
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/kliniken-sollen-arzneimittelvorraete-aufstocken-118229/ 
https://www.apotheke-adhoc.de//nachrichten/detail/apothekenpraxis/austauschregeln-bleiben-in-kraft-pflegepauschale-verlaengert/ 

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