Wattepads im Gesicht. © Sasha_Suzi / iStock / Getty Images
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Mizellen

EIN ALTER HUT?

Mizellen kennen wir doch noch aus dem Galenik-Unterricht. Jede Seife bildet Mizellen, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt. Im Prinzip also nicht Neues, nur ein bisschen weiterentwickelt.

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Gesichtwasser und Reinigungstücher mit Mizellen verkaufen sich gut, denn es klingt fast schon nach Magie, wenn die Werbung verspricht, dass Mizellen den Schmutz auf der Haut anziehen wie ein Magnet. Im Grunde haben wir uns aber schon immer mit Mizellen gewaschen. Denn was passiert, wenn Tenside, ob nun Seifen- oder Syndetmoleküle mit Wasser in Berührung kommen?

Köpfchen ins Wasser, … Alle waschaktiven Substanzen bestehen aus amphiphilen Molekülen. Das heißt, sie haben ein hydrophiles und ein lipophiles Ende. Seifen sind Alkalisalze von Fettsäuren, ein bekanntes Beispiel ist Natriumstearat. In Wasser dissoziieren die Salze und das Seifen-Anion wird zur waschaktiven Substanz. Das lipophile Ende wird von der Kohlenwasserstoffkette der Fettsäure gebildet, das hydrophile Ende ist das Carboxyl-Ion. Die eine Seite ist also fettliebend, die andere wasserliebend. Löst man die Seife in Wasser auf, dann lagern sich Wassermoleküle um die hydrophilen Köpfchen.

Die lipophilen Schwänzchen aber haben mit dem Wasser nichts am Hut. Die Seifenmoleküle schwimmen an die Oberfläche, sodass die lipophilen Reste in die Luft ragen. Wenn die Oberfläche komplett besetzt ist, müssen sie abtauchen. Jetzt lagern sich die lipophilen Reste so zusammen, dass die Moleküle eine Kugel bilden, in deren Inneren sich die lipophilen Schwänzchen befinden, während die hydrophilen Köpfchen nach außen ragen. Und diese Kügelchen in kolloidaler Größe - zwischen einem Nanometer und einem Mikrometer -, das sind Mizellen.

Schmutz ist lipophil Trifft das Seifenwasser auf der Haut auf Talg, Cremereste, Make-Up oder Feinstaub, dann werden diese lipophilen Partikel ins Innere der Mizellen aufgenommen, eingeschlossen und abgewaschen. Im Prinzip entsteht eine Art Emulsion. Genauso funktioniert ein Mizellenwasser oder ein damit getränktes Abschminktuch für unterwegs. Nur dass hier kein Seifenwasser verwendet wird, sondern moderne Tenside in Wasser, die besonders gut fettlösend sind. Gerade Make-Up oder Mascara sind am Ende des Tages eingetrocknet und extrem schwer zu lösen. Die Mizellen schaffen das, ohne dass man rubbeln, reiben oder an der Haut ziehen muss.

Es bleibt auch kein öliger Film vom Abschminkmittel auf der Haut zurück. Mizellenwässer sind quasi Make-Up-Entferner und Gesichtswasser in einem, die tatsächlich sehr gründlich reinigen. Nachteilig ist, dass viele der verwendeten Tenside Polyethylenglykol-Derivate (PEG) sind. Sie sind nicht gerade umweltfreundlich und können durch ihre hervorragende Emulgierfähigkeit auch Hautfette in ihren Mizellen einschließen. Noch dazu stehen sie im Verdacht, die Haut durchlässiger für Umweltgifte und andere Stoffe zu machen.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ auf Seite 74.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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