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PTA-Fortbildung 03/15

DURCHFALL: DARM IM TURBO-MODUS

Gleichmäßig und lautlos soll der Darm funktionieren. Dieser Idealzustand ist leider leicht zu stören – vor allem in Richtung Diarrhö. Meist sind es Viren und Bakterien, die das Organ akut beschleunigen.

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Die Stuhlfrequenz und die -beschaffenheit bestimmen, ob jemand Durchfall hat oder nicht. Dies ist allerdings schon im Normalfall individuell sehr unterschiedlich. Während die einen ständig mit Verstopfung kämpfen und froh sind, wenn sie alle zwei oder drei Tage zur Toilette können, klappt es bei anderen problemlos jeden Tag oder sogar mehrmals täglich. Auch ein dünner oder breiiger Stuhl allein erfüllt noch nicht die Kriterien für einen Durchfall.

Voraussetzung ist, dass mehrfach am Tag, und zwar mindestens dreimal, Stühle mit verminderter Konsistenz entleert werden. Meistens sind dabei über den Tag gesehen Stuhlvolumen und -gewicht erhöht. Geht dem Durchfall Erbrechen voraus, wird gerne von einer „Magen-Darm-Grippe“ oder einem „Magen-Darm-Infekt“ gesprochen. In der Regel ist man nach wenigen Tagen wieder fit, es gibt aber auch schwere Verläufe. Dann kann der Körper große Mengen Wasser und Elektrolyte verlieren. Ohne Behandlung besteht die Gefahr der Austrocknung . Vor allem bei Älteren und Kindern kann es rasch dazu kommen und bedrohlich werden.

Die akute Diarrhö ist abzugrenzen vom chronischen Durchfall. Als chronisch gilt er, wenn er länger als drei Wochen anhält und/oder immer wieder kehrt. Dann liegen häufig Darmentzündungen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten zugrunde.

Der Dünndarm Der etwa drei bis vier Meter lange Dünndarm schließt sich an den Magen an und gliedert sich in Zwölffingerdarm (Duodenum), Leerdarm (Jejunum) und Krummdarm (Ileum). Hier ist der Hauptresorptionsort für unsere Nahrungsbestandteile, also für Wasser, Elektrolyte, Kohlenhydrate, Aminosäuren, Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe, aber auch für die Gallensäuren. Letztere stammen aus der Leber, dienen der Fettverdauung und werden zurückgewonnen. Zum Zweck der Resorption ist die Oberfläche der Dünndarmschleimhaut stark vergrößert. Dies geschieht durch Schleimhautfalten, auf denen sich weitere Ausstülpungen, die Zotten, befinden. Ihre Epithelzellen tragen zusätzlich die sogenannten Mikrovilli, die die Oberfläche weiter vergrößern. Insgesamt entsteht so eine Fläche von etwa 300 Quadratmetern.

Der Dickdarm Im etwa 1,5 Meter langen Dickdarm erfolgt die Fortsetzung der Eindickung des Darminhalts auf etwa 100 bis 200 Gramm pro Tag. Der Dickdarm gliedert sich in drei Abschnitte, das Caecum (Blinddarm) mit dem Wurmfortsatz, das Kolon (Grimmdarm) und das Rektum (Mastdarm). Das Kolon wird unterteilt in einen aufsteigenden, einen querverlaufenden, einen absteigenden und einen S-förmigen Abschnitt (Colon ascendens, Colon transversum, Colon descendens und Colon sigmoideum).

ACHTUNG DEHYDRATATION
Die Betroffenen sind schlapp und teilnahmslos. Beim liegenden Säugling ist die Fontanelle eingesunken. Die zwischen den Fingern gefaltete Haut, zum Beispiel am Bauch oder an der Stirn, bleibt in Falten stehen, die Mundschleimhaut ist trocken, ebenso die Windel. Bei alten Menschen ist die Zunge rissig und der ganze Mund ausgetrocknet, was das Schlucken erschwert.

Im Dickdarm werden vor allem Wasser, Natrium und andere Elektrolyte resorbiert. Im Gegensatz zum Dünndarm ist die Schleimhaut des Dickdarms zottenlos. Sie besitzt aber tiefe Krypten, das sind schlauchförmige Vertiefungen, die ebenfalls der Oberflächenvergrößerung dienen. Hier befinden sich zahlreiche Becherzellen, die Schleim produzieren und den Darminhalt gleitfähiger machen. Im Dickdarm wird der Darminhalt auch weiter durchmischt.

Langsame peristaltische Wellen kneten den Darminhalt und schaffen die Voraussetzung für den Wasserentzug. Dabei benötigt der Darminhalt in der Regel 36 bis 72 Stunden, bis er den Dickdarm passiert hat. Zwei- bis dreimal täglich, insbesondere nach dem Essen, verschieben große peristaltische Wellen den Darminhalt ins Rektum.

Wasserresorption Das Wasser wird durch passive Diffusion vom Darmlumen durch die Darmwand in den Blutkreislauf transportiert. Triebkraft ist das osmotische Gefälle, also der Konzentrationsgradient, durch den Gehalt an osmotisch aktiven Elektrolyten und Nichtelektrolyten. Prinzipiell ist der Wassertransport in beide Richtungen möglich. Ist der Darminhalt hypertonisch im Verhältnis zum Blutplasma, wird Wasser ins Darmlumen hineintransportiert. Ist er hypotonisch wird Wasser aus dem Darmlumen herausresorbiert.

Die Elektrolyte, insbesondere Natrium-, Kalium-, Chloridund Hydrogencarbonat-Ionen, werden über aktive Prozesse, beispielsweise mithilfe der Na+/K+–ATPase, durch die Darmwand transportiert. Das Enzym schleust Natrium-Ionen aus der Darmzelle in die Zellzwischenräume, wodurch ein Natrium-Mangel in der Zelle entsteht. Nun strömen Natrium- Ionen aus dem Darmlumen in die Zelle und Wasser folgt nach. Gleichzeitig findet ein Cotransport bestimmter organischer Stoffe, wie Glukose, statt. Zum Durchfall kann es durch zwei unterschiedliche Mechanismen kommen.

Bei einer Infektion oder einer Entzündung des Darms werden vermehrt Wasser und Elektrolyte ins Darmlumen transportiert. Man spricht von einer sekretorischen Diarrhö. Sie wird auch häufig von einer gesteigerten Darmmotilität begleitet. Es können aber auch osmotisch aktive oder wasserbindende Stoffe im Darm verbleiben und die Resorption des Wassers ins Blut verhindern. Diese osmotische Diarrhö kennt man zum Beispiel von Kohlenhydrat- Aufnahmestörungen, wie der Laktoseintoleranz.

Akute Diarrhö Typisch ist ihr spontanes Auftreten mit rasch aufeinander folgenden, teils breiigen, teils wässrigen Stühlen. Flüssigkeitsverluste von drei Litern pro Tag, in schweren Fällen sogar bis zu zehn Litern, sind möglich. Eine typische Begleiterscheinung sind Bauchkrämpfe. Es können aber auch gleichzeitig Erbrechen, Kreislaufprobleme und gelegentlich auch Fieber auftreten. In den meisten Fällen werden akute Durchfälle durch Infektionen ausgelöst und sind selbstlimitierend. Das heißt, nach einigen Tagen, wenn der Erreger ausgeschieden ist, verschwinden sie von alleine wieder. Aber auch Vergiftungen, Nahrungsmittelallergien und die Einnahme bestimmter Arzneimittel, wie zum Beispiel Antibiotika, können die Ursache sein.

Bei starker, anhaltender Diarrhö ohne Anzeichen der Besserung, bei Blut im Stuhl oder gleichzeitigem Fieber sollte ein Arzt hinzugezogen werden, insbesondere wenn es um ein Baby oder Kleinkind oder um Ältere oder Menschen mit eingeschränkter Immunabwehr geht. Der Hauptrisikofaktor für akute Durchfallerkrankungen ist mangelnde Hygiene. Dies ist nicht nur ein Problem bei Reisen in ferne Länder. Auch in Deutschland werden immer wieder kleinere oder größere Ausbrüche, meist durch verunreinigte Lebensmittel, beobachtet. Glücklicherweise verlaufen Durchfallerkrankungen in Europa deutlich seltener tödlich als auf anderen Kontinenten.

Reisediarrhö Durchfall tritt häufig bei Reisen in Länder mit geringem hygienischen Standard auf. Schon die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten im fremden Land kann für eine beschleunigte Darmpassage sorgen. Meist sind allerdings Infektionen die Ursache. Dabei führt nicht jeder pathogene Keim sofort zum Durchfall. Es hängt stark von der physiologischen Darmflora und dem Immunsystem des Einzelnen ab.

Sehr häufig rufen Escherichia coli-Stämme (E.coli) die Unpässlichkeiten hervor. E. coli gehört der natürlichen menschlichen Darmflora an. Bestimmte Stämme sind allerdings in unserem Darm fremd. Sie finden sich in Fäkalien von Tieren und machen den Menschen, der sie aufnimmt, krank. Das Bakterium setzt ein Toxin frei, das eine Sekretion von Wasser und Elektrolyten in den Darm auslöst. Die auslösenden Erreger sind in der Regel nicht invasiv. Sie dringen also nicht in die Darmzellen oder in die Blutbahn ein, sondern bleiben auf das Darmlumen beschränkt. Nach einigen Tagen klingt der Durchfall in der Regel auch ohne Behandlung wieder ab.

Andere Coli-Arten, wie zum Beispiel EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia coli), verursachen mittels ihrer Toxine unterschiedlich ausgeprägte, teilweise blutige Durchfallerkrankungen mit Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Komplikationen wie akutes Nierenversagen und das hämolytisch-urämische Syndrom sind selten, aber lebensgefährlich.

EHEC ist ein sehr robuster Keim, der im Freien, in der Kälte und sogar im sauren Magen überlebt. Er kann beispielsweise über infizierte Rohmilch, rohes Fleisch, Wurst, verunreinigtes Obst, rohes Gemüse, Salat und vermutlich rohe Sprossen oder als Schmierinfektion von Tieren auf Menschen übertragen werden. Verkeimte Badeseen spielen ebenfalls eine Rolle. Krankmachende Coli-Bakterien kommen weltweit vor, so auch bei uns. 2011 gab es eine EHEC-Epidemie in Deutschland.

Salmonellosen Sie werden durch kontaminierte Speisen übertragen und sind auf der ganzen Welt bekannt. Besonders tierische Lebensmittel, wie rohe Eier, nicht durchgebratenes Geflügelfleisch und Lebensmittel, die mit Rohei (Softeis, Tiramisu, Mayonnaise) hergestellt werden, sind die Gefahrenquelle. Speisen, die mehr als zehn Minuten über 70 °C erhitzt werden, sind gefahrlos zu genießen. Der saisonale Erkrankungsgipfel fällt in die Sommerzeit.

Das Krankheitsbild beginnt wenige Stunden bis zwei Tage nach Verzehr der kontaminierten Speise schlagartig mit Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und wässrigen Durchfällen, häufig begleitet von Fieber und Kopfschmerzen. Salmonellen verhalten sich invasiv, das heißt, sie verlassen unter Umständen das Darmlumen und gelangen in die Blutbahn. Krankheitsverläufe mit blutigem Stuhl durch zerstörte Darmzellen sind jedoch selten. Der Körper reagiert dann mit hohem Fieber und starken Immunreaktionen, die die Organe schädigen und zum Schock führen können. Bei älteren und abwehrgeschwächten Menschen kann die Infektion daher auch tödlich verlaufen.

Die Virulenz oder Infektiosität von Salmonellen, also die Fähigkeit eine Infektion auszulösen, wird allerdings häufig überschätzt. Je nach Salmonellenart führen erst Keimzahlen von über 100 zu einer Erkrankung. Deshalb werden Salmonellen auch nur selten direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Dennoch muss im Falle einer Infektion ganz besonders auf Hygiene geachtet werden. Bei normalem Krankheitsverlauf und Ausgleich des Flüssigkeitsverlusts verschwinden die Symptome schon nach mehreren Tagen.

VORSICHT SALMONELLEN!
Salmonellen finden sich häufig auf der Eierschale – und zwar in deutlich größerer Zahl als im Ei selbst. Daher sollte man sich nach dem Anfassen von Eiern stets die Hände waschen. Wird Fleisch aufgetaut, sollte es vor der Zubereitung gründlich abgespült werden. Gefährdete Lebensmittel müssen bei warmen Außentemperaturen ausreichend gekühlt werden.

Antibiotika sind nur bei schweren Verläufen oder bei immungeschwächten Patienten nötig. Die Ausscheidung der Salmonellen dauert aber normalerweise noch mindestens drei bis sechs Wochen an, sodass auch dann noch ein sehr umsichtiges hygienisches Verhalten in der Zeit danach angesagt ist. Nachgewiesene Infektionen mit Salmonellen müssen nach dem Infektionsschutzgesetz beim Gesundheitsamt gemeldet werden.

Norovirus-Infektionen Sie sind ebenfalls meldepflichtig. Noroviren erzeugen vor allem in Herbst und Winter bis ins Frühjahr hinein starke Brechdurchfälle. Charakteristisch ist schwallartiges Erbrechen zu Beginn der Erkrankung. Gelegentlich tritt auch Fieber auf. Die Episode klingt meistens nach ein bis zwei Tagen ab. Man finden das Norovirus auf Türklinken, Handtüchern und Toiletten, aber auch in Lebensmitteln und Trinkwasser. Gemeinschaftseinrichtungen, wie Pflegeheime, Krankenhäuser oder auch Kreuzfahrtschiffe, sind besonders von Ausbrüchen betroffen, denn die Erkrankung gilt als hochansteckend.

Schon 10 bis 100 Viren reichen für den Ausbruch der Krankheit. Zudem ist das Norovirus sehr widerstandsfähig gegenüber Desinfektionsmitteln und kann in der Umwelt bestens eine Zeit lang überleben. Nur durch strikte Hygienemaßnahmen, wie konsequentes Händewaschen und das Wäschewaschen bei mindestens 60° C sowie gute Küchenhygiene, bis hin zu einem eingeschränkten Kontakt mit anderen Menschen, kann das rasante Ausbreiten der Infektion aufhalten. Auch nach dem Abklingen der akuten Infektion ist konsequente Hygiene nötig, da die Viren noch eine Zeit lang ausgeschieden werden können.

Rotavirus-Infektionen Diese Erkrankung betrifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder. In den ersten zwei bis drei Lebensjahren infizieren sich praktisch alle irgendwann einmal mit Rotaviren. Diese Viren sind auch weltweit die häufigste Ursache schwerer Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Das Virus ist extrem resistent und kann lange Zeit auf Spielzeugen und anderen Oberflächen überleben. Die meisten Desinfektionsmittel können ihm nichts anhaben. Damit ist es praktisch unmöglich, Kinder vor dem Kontakt mit dem Erreger zu schützen.

Die Rotavirus-Gastroenteritis beginnt meist ganz plötzlich und verursacht neben Durchfällen auch Erbrechen und Fieber. Mehr als 20 Brech- und Durchfallattacken in 24 Stunden sind keine Seltenheit, daher kann es vor allem bei Säuglingen schnell zu einer Dehydrierung des Körpers kommen. Da es viele Virusstämme gibt, kann man auch mehrmals erkranken. Wiederholte Rotavirus- Infektionen führen jedoch allmählich zur Resistenz. Bei erneutem Kontakt mit dem Erreger entwickeln die meisten Menschen nur noch leichte Symptome oder bleiben gesund.

»Laut Weltgesundheitsorganisation zählen Durchfallerkrankungen zu den fünf häufigsten Todesursachen weltweit.«

Viele Neugeborene infizieren sich in den ersten Lebenstagen in der Klinik unter dem Schutz mütterlicher Antikörper und erwerben dadurch eine gewisse natürliche Immunität. Schwere Infektionen sind bei ihnen die Ausnahme. Die STIKO empfiehlt eine Schluckimpfung. Sie wird in Deutschland von den Krankenkassen übernommen und kann frühestens ab der vollendeten sechsten Lebenswoche vorgenommen werden. Wegen der sehr hohen Kosten und den selten auftretenden lebensbedrohlichen Formen ist die Schluckimpfung umstritten. Zudem lässt ihre Wirkung bereits im zweiten Jahr nach der Impfung nach, sodass befürchtet wird, dass sich die erste, schwere Infektion einfach nur ins höhere Alter verschiebt.

Weitere Infekte Sehr viel seltener kommen in Europa Shigelleninfektionen (Bakterienruhr), Amöbenruhr, Cholera oder Typhus vor. Bei diesen Darminfektionen handelt es sich um Erkrankungen, die mit extremen Flüssigkeitsverlusten und teilweise blutigen Stühlen einhergehen. Die Erreger verhalten sich invasiv und nicht selten treten durch Eintritt in die Blutbahn systemische Komplikationen auf. In Deutschland ist bereits der Verdacht auf eine dieser Erkrankungen meldepflichtig.

Von Cholera-Ausbrüche hört man aus Ländern, in denen Trinkwasser- und Abwassersysteme nicht voneinander getrennt sind. Die Erreger finden sich vor allem in Fäkalien sowie in Flüssen, in die Fäkalien eingeleitet werden. Außerdem können Fische und andere Nahrungsmittel aus Flüssen mit Cholera-Erregern verunreinigt sein. Typisch für eine Cholera-Infektion sind „reiswasserartige” milchigtrübe Durchfälle.

In den Entwicklungsländern ist auch Typhus ein Problem. Jährlich erkranken weltweit etwa 32 Millionen Menschen. Erreger ist das Bakterium Salmonella typhi, das ebenfalls fäkal-oral übertragen wird. Typisch ist das schrittweise ansteigende und dann hoch bleibende Fieber sowie wochenlang anhaltende Durchfälle. Bei uns auftretende Typhuserkrankungen hängen mit Fernreisen zusammen. Für Reisen in gefährdete Gebiete, wie Indien oder Nepal, steht eine orale Impfung zur Verfügung.

Lebensmittelvergiftungen Verkeimte Lebensmittel enthalten in der Regel Bakterientoxine, die bei Verzehr zu Übelkeit, Durchfall, Erbrechen und Bauchkrämpfen führen. Setzen die Symptome bereits ein bis sechs Stunden nach dem Verzehr einer verdorbenen Speise ein, sind oft die Giftstoffe von Staphylococcus aureus die Ursache. Bei Clostridien dauert es meist 8 bis 16 Stunden, bis die ersten Durchfallsymptome auftreten. Clostridien bilden Sporen, mit denen sie auch unter ungünstigen Bedingungen überdauern können.

Im Gegensatz zu den Bakterien selbst werden die Sporen durch Abkochen nicht getötet und keimen unter günstigen Bedingungen wieder aus. Bei Säuglingen unter einem Jahr wurden Vergiftungen durch Clostridien-Sporen in Honig beobachtet. Ältere Kinder und Erwachsene werden durch die körpereigene Darmflora gegen die fremden Keime geschützt. Bei Neugeborenen und Babys unter einem Jahr funktioniert diese natürliche Barriere noch nicht. Daher sollten sie keinen Honig bekommen.

Verursacher des berüchtigten, zum Glück inzwischen äußerst seltenen, aber potenziell lebensgefährlichen Nahrungsmittel-Botulismus ist das Bakterium Clostridium botulinum beziehungsweise sein Gift Botulinumtoxin. Es ist eines der stärksten Gifte überhaupt. Mögliche Quellen sind unzureichend konservierte Lebensmittel, heute fast nur noch hausgemachtes Geräuchertes aus Fleisch und Fisch. Die Beschwerden können leicht bis lebensbedrohlich sein.

PILLE UND DURCHFALL
Wer mit der Pille verhütet, sollte unter einer Magen-Darm-Grippe noch anderweitig für Konzeptionschutz sorgen. Zum einen ist die Resorption im Darm herabgesetzt und kann zu mangelnder Wirksamkeit führen. Zum anderen unterliegen die Hormone dem enterohepatischen Kreislauf, durch den sie wieder rückresorbiert werden. Dies funktioniert jedoch nur, wenn die Darmflora intakt ist.

Es beginnt üblicherweise mit Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Bauchkrämpfen und Durchfall. Zeitgleich oder kurz danach können die Hauptsymptome einsetzen, nämlich Muskellähmungen im Kopf- und Halsbereich. Im weiteren Verlauf greifen die Lähmungen auf innere Organe über. In der Folge entwickelt sich eine am Körper absteigende Lähmung, und es drohen Herzstillstand, Atemlähmung und Erstickungstod. Man kann vorbeugen, indem man Lebensmittel, die einen verdorbenen Eindruck machen, kompromisslos wegwirft. Vor allem Konserven mit vorgewölbtem Deckel sind höchst verdächtig.

Orale Rehydratation Selbst wenn die Erreger bekannt sind, bleibt die Behandlung von akuten Durchfallerkrankungen in unseren Breitengraden meist auf eine symptomatische Therapie beschränkt. Lediglich für Risikopatienten, wie Säuglinge, immungeschwächte Patienten und sehr alte Menschen, kommt eine antibiotische oder Chemotherapie in Frage. Shigellen-Infektionen und die Cholera hingegen müssen antibiotisch behandelt werden.

Bei der Amöbenruhr ist Metronidazol das Mittel der Wahl. Bei einer kurzzeitigen akuten Diarrhö kann ein ansonsten gesunder Erwachsener den Flüssigkeitsverlust schnell wieder ausgleichen. Schwere Diarrhöen, besonders in heißen Klimazonen und bei gefährdeten Personen können, wie bereits beschrieben, zur Dehydrierung führen. Sie droht grundsätzlich bei Säugligen unter sechs Monaten mit Durchfall oder bei Kindern, wenn sie mehr als acht wässrige Durchfälle in den letzten 24 Stunden hatten und/ oder mehr als viermal in den letzten 24 Stunden erbrochen haben. Auch ältere Menschen sind unter diesen Bedingungen sehr gefährdet, da sie ohnehin zur Austrocknung neigen oder begleitende Krankheiten haben.

Daher hat vor allem im Kleinkind- und Greisenalter der Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz Vorrang vor allen anderen therapeutischen Maßnahmen. In leichteren Fällen ist dies durch Tee oder verdünnte Fruchtsäfte möglich, bei stärkeren oder länger anhaltenden Durchfällen ist ein Wasser- und Elektrolytersatz, möglichst mit Zusatz von Glukose, sinnvoll. Die gleichzeitige Gabe von Natrium- Ionen und Glukose stimuliert deren Resorption und begünstigt einen raschen Wassertransport aus dem Darmlumen in die Darmzellen und die Blutbahn. Als besonders geeignet gelten heute schwach hypotone orale Rehydratationslösungen (ORL).

In den Industrieländern werden fertige Granulate zur Herstellung von Elektrolytlösungen eingesetzt. Idealerweise liegt die Natrium- Konzentration bei 60 Millimol pro Liter. Da bei schweren Durchfällen die Gefahr einer Azidose, also einer Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts, besteht, ist der Zusatz basischer Substanzen, wie Natriumcitrat, sinnvoll. Neben der Substitution der Wasser- und Elektrolytverluste tragen ORL zur Regenerierung der geschädigten Darmschleimhaut und damit zur Normalisierung der Permeabilität bei.

In Entwicklungsländern wird aus Kostengründen die WHO-Trinklösung (13,5 Gramm Glukose, 2,9 Gramm Natriumcitrat, 2,6 Gramm Natriumchlorid und 1,5 Gramm Kaliumchlorid auf einen Liter Wasser) verwendet. Sie wurde ursprünglich zur Therapie der Cholera entwickelt. Bei sehr schweren Verläufen oder wenn ausreichendes Trinken nicht möglich ist, muss die Flüssigkeit intravenös zugeführt und der Patient eventuell in eine Klinik eingewiesen werden.

Loperamid Bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren kann bei starker akuter Diarrhö Loperamid eingesetzt werden. Der Wirkstoff zählt zu den Opioiden und bindet an zentrale und periphere Opioidrezeptoren. Im Unterschied zu den anderen Vertretern dieser Gruppe besitzt es jedoch keine analgetische Wirkung und auch kein Suchtpotenzial, da es beim Erwachsenen die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Für Kinder bis zwölf Jahre ist Loperamid in der Selbstmedikation kontraindiziert, weil die Blut-Hirn-Schranke noch nicht voll ausgebildet ist.

Zusammen mit einigen anderen Wirkstoffen, zum Beispiel Chinidin, Verapamil, Ritonavir, Clarithromycin oder Ketoconazol, können auch beim Erwachsenen zentralnervöse Effekte auftreten. Fragen Sie in der Selbstmedikation daher nach der Einnahme weiterer Medikamente. Loperamid dämpft die Darmperistaltik und hemmt den Flüssigkeitstransport in den Darm. Es hat eine starke Sofort-Wirkung. Bei einem Rückgang der Diarrhö muss die Dosis daher umgehend reduziert werden, andernfalls treten Obstipationen auf.

Die Anfangsdosis beträgt vier Milligramm, bei jedem ungeformten Stuhl werden weitere zwei Milligramm genommen. Die maximale Tagesdosis liegt bei zwölf Milligramm. Bringt die Selbstmedikation innerhalb von zwei Tagen keine Besserung, sollte eine ärztliche Diagnose eingeholt werden. Schwangere und Stillende dürfen im Rahmen der Selbstmedikation nicht mit Loperamid behandelt werden. Die Substanz geht in die Muttermilch über. Nach wie vor umstritten ist die Frage, ob es durch Motilitätshemmer wie Loperamid zu einer verzögerten Ausscheidung der Krankheitserreger kommt. Auch aus diesem Grund müssen Sie Durchfallpatienten mit blutigem Stuhl und/oder Fieber zum Arzt schicken.

Racecadotril Vor zwei Jahren wurde der Wirkstoff für die Anwendung bei Erwachsenen aus der Verschreibungspflicht entlassen. Die Substanz ist ein Prodrug, das nach oraler Applikation resorbiert und anschließend zum aktiven Metaboliten Tiorphan umgewandelt wird. Beide Substanzen hemmen das im Dünndarmepithel lokalisierte Enzym Enkephalinase. Tiorphan hat jedoch eine wesentlich stärkere inhibitorische Wirkung. Die Enkephalinase ist für den Abbau der Enkephaline zuständig. Dies sind endogene Opioide, die als Neurotransmitter wirken und über delta-Opiatrezeptoren die Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen hemmen.

UZARAWURZEL
Diarrhöen mit spastischer Komponente können mit dem Extrakt der Uzarawurzel behandelt werden. Sie stammt ursprünglich aus der afrikanischen Volksmedizin. Die Uzara-Glykoside Uzarin und Xysmalorin, die als Cardenolidglykoside den Herzglykosiden nahe stehen, haben eine motilitätshemmende und eine spasmolytische Wirkkomponente auf den Darm. Das Phytopharmakon
ist gut verträglich und kann schon Kindern ab einem Alter von zwei Jahren bei unkomplizierten Durchfällen gegeben werden.

Durch Racecadotril und vor allem Tiorphan werden die Enkephaline vor dem Abbau bewahrt. Gleichzeitig kommt es zu einer vermehrten Stimulation der mu-Opioidrezeptoren, wodurch vermehrt Chloridionen und Wasser resorbiert werden. Beide Effekte erklären den antidiarrhoischen Effekt. Von Vorteil ist, dass zwar die Flüssigkeitsausschüttung in den Darm gehemmt wird, die Darmmotilität jedoch nicht beeinflusst wird. Nach Einnahme des Medikaments dauert es etwa 30 Minuten, bis die Wirkung einsetzt. Nach etwa zwei Stunden wird die maximale Hemmung der Enkephalinase erreicht. Empfohlen wird eine Gabe von 100 Milligramm bei den ersten Durchfallsymptomen, mit dreimal täglich 100 Milligramm wird die Therapie fortgesetzt. Die Wirkung kann bis zu acht Stunden anhalten.

Adsorbenzien und Adstringenzien Als Adsorbenzien bezeichnet man Substanzen, die durch ihre große Oberfläche oder ihre poröse Struktur ein hohes Bindungsvermögen für Viren, Bakterien und Bakterientoxine besitzen. Hierzu zählen medizinische Kohle, Kaolin, Kieselsäure, Heilerde und Pektin. Der Wasser- und Elektrolytverlust kann auf diese Weise allerdings nicht sofort vermindert werden. Dennoch schwören viele, gerade ältere Kunden auf „ihre“ Kohle-Tabletten. Wichtig ist dann der Hinweis, dass die gleichzeitige Gabe anderer Arzneistoffe zu vermeiden ist, da sie ebenfalls an die Oberfläche der Adsorbenzien gebunden werden und damit ihre Bioverfügbarkeit vermindert wird.

Adstringenzien, wie die Gerbstoffe der Eichenrinde, reagieren mit dem Eiweiß der obersten Schleimhautschichten im Darm und wirken schwach antimikrobiell. Oberflächlich kommt es zu einer Schrumpfung des Gewebes, wodurch sich eine Schutzschicht bildet, die die Resorption toxischer Substanzen verhindert. Da Gerbstoffe den Magen beeinträchtigen können, verwendet man auch Derivate, wie Tanninalbuminat, die den Magen unzersetzt passieren und erst im Dünndarm gespalten werden. Adsorbenzien und Gerbstoffe sind inzwischen nur noch die zweite Wahl in der Behandlung.

Probiotika Ein anderer Ansatz zur Therapie und vor allem zur Prophylaxe von Durchfallerkrankungen sind mikroorganismenhaltige Präparate. Durch lebende Kulturen von Bakterien, die auch in unserer physiologischen Darmflora enthalten sind, wie zum Beispiel Hefekulturen, wie Saccharomyces boulardii, soll die Darmflora wieder ins Gleichgewicht gebracht und das Wachstum pathogener Keime gehemmt werden. Günstig wirkt sich dies auch im Anschluss an eine Antibiotika- Therapie aus. Da Antibiotika die natürliche Bakterienbesiedlung des Darmes verändern, können einzelne Keime überhand nehmen. Als Folge kann es zu Durchfall kommen. Dies darf aber kein Anlass sein, die Antibiotika-Therapie eigenmächtig zu stoppen.

Saccharomyces boulardii ist ab einem Alter von zwei Jahren bei Durchfall indiziert, kann aber nach ärztlicher Rücksprache auch bei jüngeren Kindern eingesetzt werden. Andere Probiotika enthalten apathogene Varianten von Escherichia coli oder Laktobazillen. Einige Laktobazillen haben eine direkte antibakterielle Wirkung auf die pathogenen Durchfallerreger und hemmen deren Vermehrung. Wichtig für den Therapieerfolg sind gemäß der aktuellen Leitlinie der Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung ein frühzeitiger Behandlungsbeginn und eine hohe Dosierung. Weil das Immunsystem des Darmes mit Probiotika gestärkt wird, empfiehlt sich die Anwendung auch vor Antritt einer Fernreise. Lebensmittel, die mit diesen Bakterienkulturen angereichert sind, werden als probiotische Nahrungsmittel bezeichnet.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/15 ab Seite 34.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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