© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Drei Pflanzen

DREI KLETTERER

Hopfen, Rote Zaunrübe und Brombeere zählen zu den Kletterpflanzen, stammen aber aus den unterschiedlichsten Pflanzenfamilien. Alle drei finden arzneiliche Verwendung - mit verschiedenen Indikationen.

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Während Hopfen und Brombeere seit langem bewährte Phytotherapeutika darstellen, ist die Rote Zaunrübe als typische Giftpflanze heute lediglich im Arzneischatz der Homöopathie anzutreffen.

Bitter und beruhigend Hopfen (Humulus lupulus L.) ist eine mehrjährige zweihäusige Kletterpflanze aus der Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae), deren drei- bis fünfspaltige Blätter stark dem Weinlaub ähneln. Die Pflanze windet sich im Uhrzeigersinn an Bäumen und Büschen in Höhen bis zu sechs, in Kulturen sogar bis zu zwölf Meter hinauf. Auf ihre rankende und damit pflanzenwürgende Eigenschaft soll der Artname lupulus (Verkleinerungsform von lat. lupus = der Wolf) zurückzuführen sein. Ursprünglich ist Hopfen in Mitteleuropa in Auewäldern, Erlenbrüchen und an Ufern heimisch. Seit dem 8. Jahrhundert wird er in Ländern der gemäßigten Breiten für die Bierherstellung angebaut.

In Deutschland existieren große Hopfengärten in Bayern und Baden-Württemberg, in denen sich das Hanfgewächs an hohen Stangen emporrankt. In Kultur wachsen lediglich die weiblichen Pflanzen, denn nur ihre Blütenstände sind für die Bierwürze nutzbar. Die männlichen Exemplare werden aus den Feldern entfernt, um eine Befruchtung der weiblichen Blüten, die mit Bildung unerwünschter Geschmacksstoffe einhergeht, zu verhindern. Zudem gelangen von den zahlreichen Wurzeltrieben nur zwei bis drei an die Steigdrähte. Die überschüssigen Triebe kommen abgeschnitten als Hopfenspargel auf den Teller. Die bis zu vier Zentimeter langen, gelblichen Fruchtstände, die Hopfendolden, sitzen an einer verholzten spindelförmigen Fruchtstandsachse und setzen sich aus dachziegelartig übereinanderliegenden, trockenhäutigen und schuppenartigen Vorblättern mit kleinen Deckblättern zusammen. Damit ähneln sie Zapfen, weshalb man auch von Hopfenzapfen (Lupuli flos oder Lupuli strobulus) spricht.

Die nach der Ernte aus den Zapfen abgeschüttelten Drüsen (Lupuli glandula) ergeben das gelbliche bis orangefarbene Hopfenmehl, das auch als Lupulin bezeichnet wird. Das klebrige Pulver riecht aromatisch würzig und schmeckt leicht bitter. Es enthält Harz (vor allem die Bitterstoffe Humulon und Lupulon) und ätherisches Öl (vorwiegend Mono- und Sesquiterpene), das auch den Namen Hopfenöl trägt. Aus den Bitterstoffen entsteht nach längerer Lagerung durch Autoxidation das Abbauprodukt 2-Methyl-3-buten-2-ol, das hauptsächlich für die sedierende Wirkung des Hopfens verantwortlich gemacht wird.

Aber auch das ätherische Öl sowie die enthaltenen Flavonoide und Gerbstoffe sind für die Wirksamkeit mitbestimmend. Als Wirkmechanismus wird eine Aktivierung des Melatonin-Rezeptors angenommen. Hopfenzapfen werden traditionell als Sedativum bei Unruhe, Angstzuständen und Schlafstörungen eingesetzt und sind meist Kombinationspartner weiterer sedierender Drogen (z. B. Baldrianwurzel, Passionsblume, Melissenblätter).

Kletterfreudig und giftig Die Rote Zaunrübe (Bryonia dioica) ist eine in Europa weit verbreitete Pflanze aus der Familie der Kürbisgewächse (Cucurbititaceae), die vor allem an Hecken, Gebüschen, Mauern oder Zäunen zu finden ist, wo sie spielend drei bis vier Meter emporzusteigen vermag. Da die Ranken sehr schnell wachsen, kann Bryonia dioica in kurzer Zeit auch andere Pflanzen vollständig überwuchern, weshalb sie in den Weinbergen ein gefürchtetes Unkraut ist. Das überaus schnelle Wachstum kommt auch im Gattungsnamen Bryonia (griech. bryo = sprossen) zum Ausdruck. Der Artname dioica bedeutet zweihäusig und nimmt darauf Bezug, dass auf einer Pflanze entweder nur männliche oder nur weibliche Blüten existieren. Die Blütezeit erstreckt sich von Juni bis September.

Während die männlichen Blüten grün-weiß sind und in langstieligen Trauben wachsen, stehen die weiblichen Blüten in kleinen Büscheln direkt in den Blattachseln und haben eine gelblich-weiße Farbe. Nur aus den weiblichen Blüten entwickeln sich die im Reifezustand scharlachroten, erbsengroßen Beeren, denen die Rote Zaunrübe ihren deutschen Namen verdankt. Darüber hinaus ist die dicke, rübenartige Wurzel ebenso wie ihr bevorzugtes Ranken an Zäunen namensgebend. Die Zaunrübe ist eine alte Heilpflanze, die in vielen Kräuterbüchern des Mittelalters beschrieben ist. Der Saft der Wurzel wurde als starkes Abführmittel, als Emetikum sowie bei Gicht empfohlen.

Darüber hinaus wurde sie äußerlich zur Behandlung von Geschwüren und Ekzemen genutzt und bei Erkältungen, Lungenentzündungen oder Tuberkulose geschätzt. Aufgrund enthaltener toxischer Bitterstoffe (Cucurbitacine) wurden häufig schwere, potenziell tödliche Nebenwirkungen (z. B. starke Magenbeschwerden mit Schleimhautreizungen und Blutungen) beobachtet. Heute wird die Rote Zaunrübe zu den Giftpflanzen gezählt, die nur noch in der Homöopathie als ein klassisches Mittel gegen seröse Entzündungen der Schleimhäute, entzündliche Schwellungen der Gelenke und bei grippalen Infekten zum Einsatz kommt.

Robust und stachelig Während die einen die Brombeere (Rubus fruticosus) aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) wegen ihrer leckeren Früchte schätzen und extra im Garten anbauen, ärgern sich andere, wenn die langen Brombeerranken aus dem Nachbargrundstück bei ihnen Fuß fassen und wie Unkraut wuchern. Rubus fruticosus ist ein bis zu drei Meter hochwachsender Strauch mit aufrechten bis bogig überhängenden, bestachelten Zweigen. Die Stacheln werden fälschlicherweise häufig als Dornen bezeichnet. Sie haben sogar zum botanisch nicht korrekten Namen Brombeere geführt, der sich von altdeutsch Bram = Dorn ableitet. Der lateinische Gattungsname Rubus nimmt auf den strauchartigen Wuchs Bezug, indem er das indogermanische reub = reißen aufnimmt, da man sich an einem Strauch reißen kann. Auch im Artnamen fruticosus (lat. frutex = Strauch) findet sich dieser Zusammenhang.

Rubus fruticosus ist eine Sammelart für eine Vielzahl von Unterarten, die schwer voneinander zu unterscheiden sind. Aussehen der Blätter, Früchte und Stacheln können variieren, sogar Sorten ohne Stacheln finden sich darunter. Brombeersträucher tragen drei- bis fünfteilige Fiederblätter, die unterseits behaart sind und eine bestachelte Mittelrippe besitzen. Von Mai bis August zieren an den Seitentrieben weiße bis rosafarbene fünfzählige Blüten in rispigen Blütenständen das Rosengewächs. Sie schmücken nicht nur naturnahe Gärten, vor allem bieten sie Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten eine wichtige Nahrungsquelle. Die sich daraus entwickelnden blauschwarzen, glänzenden Sammelsteinfrüchte werden volkstümlich Beeren genannt. Im Unterschied zur Himbeere bleiben ihre kleinen Steinfrüchte, die auf einer leicht kegelförmigen Fruchtachse sitzen, auch im reifen Zustand mit dieser verbunden.

Die Früchte enthalten viel Vitamin C, Mineralstoffe wie Calcium, Kalium und Magnesium sowie Fruchtfarbstoffe (Anthocyane). Arzneilich genutzt werden die getrockneten Laubblätter (Rubi fruticosi folium). Sie stammen aus Wildvorkommen in Mittel- und Osteuropa und werden während der Blütezeit gesammelt. Die Droge kommt aufgrund ihres Gerb- stoffgehaltes, wie Gallo- und Ellagitanninen, innerlich bei unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen und äußerlich gegen leichte Entzündungen im Bereich der Mund- und Rachenschleimhaut zur Anwendung. Dafür werden Teeaufgüsse oder Abkochungen hergestellt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 98.

Gode Chlond, Apothekerin

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