Die rostrote Mauerbiene ist das Insekt des Jahres 2019. © Janina Voskuhl / iStock / Getty Images Plus

Insekten

DER HÖHENFLUG DER BIENE

Jetzt beginnt sie bald wieder die Zeit, in der die Temperaturen steigen. Wir verlegen unsere Freizeitaktivitäten wieder nach draußen, werfen den Grill an und trinken dabei gemütlich ein Bierchen trinken, während es um uns herum summt. Mit dabei ist auch die Biene. Seit Jahren ist ein weltweiter Rückgang der Bienenpopulation zu verzeichnen. Doch seit kurzem ist ein wahrer Bienen-Trend festzustellen, der nicht nur Artenschützer beflügelt.

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„Summ summ summ! Bienchen summ herum“ ist eines der beliebtesten deutschen Kinderlieder. Die fleißigen Insekten spielen eine entscheidende Rolle beim Erhalt unseres Ökosystems und dennoch sind sie gefährdet, was nicht nur Auswirkungen auf die Natur, sondern auch für uns Menschen haben kann. In Deutschland gibt es derzeit etwa 560 Wildbienenarten. Davon ist derzeit rund ein Drittel gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Wirft man einen Blick auf die gezüchteten Honigbienen, so ist seit einigen Jahren ein Wachstum zu verzeichnen, da es immer mehr Imker in Deutschland gibt, die Freude daran haben, Bienen zu züchten. Rund 870 000 Völker summen derzeit in Deutschland herum.

Die Bienen haben eine zentrale Aufgabe, nämlich die Bestäubung der Pflanzen. Sowohl der Mensch, als auch die Umwelt profitieren davon. Etwa 75 Prozent der rund 150 wichtigsten Nutzpflanzen weltweit profitieren von einer Bestäubung durch die Biene. Doch das Problem sind gar nicht die Honigbienen, denn diese haben ja sogar ein Wachstum zu verzeichnen. Bedroht sind viele Wildbienenarten, die oft alleine und nicht in Völkern leben, die kaum jemand kennt, aber dennoch wichtige Bestäuber sind. Die industrielle Landwirtschaft raubt den Bienen ihren Lebensraum und zugleich auch ihre Nahrungsquellen. Pestizide wie Glyphosat sind ebenfalls schädlich und ein hohes Risiko für die Wildbienenpopulation. Denn Glyphosat beispielsweise tötet bestimmte Mikroorganismen im Darm der Bienen, die diese aber für ihre Verdauung benötigen.

Rettet die Bienen
Das sympathische Insekt ist derzeit gerade bei Umweltschützern sehr beliebt. In Bayern gab es sogar ein Volksbegehren für die Naturbotschafterin. 18,4 Prozent der Wahlberechtigten in Bayern stimmten für das Volksbegehren „Artenvielfalt“, sodass es nun auch zum Volksentscheid kommen kann. Der Gesetzesentwurf, um den es im Volksbegehren geht, sieht unter anderem folgende Punkte vor:

  • 30 Prozent Ökolandbau bis 2030
  • Ein großflächiger Biotopverbund
  • Strengere Vorgaben für Düngung und Pestizideinsatz

Ob es zwingend zu einem Volksentscheid kommt, steht allerdings noch nicht fest. Zunächst müssen einige Zwischenschritte folgen und die Staatsregierung eine Stellungnahme zu dem erfolgreichen Volksbegehren abgeben. Im Anschluss befasst sich dann der Landtag mit dem Gesetzesentwurf. Kommt es final dann zu einem Volksentscheid, sind alle Bürger des Landes Bayern wahlberechtigt. Das amtliche Endergebnis des Volksbegehrens erfolgt am 14. März 2019. Im Anschluss hat Ministerpräsident Markus Söder vier Wochen Zeit für eine Stellungnahme, dem dann eine dreimonatige Frist für die Landesregierung folgt, sich mit dem Begehren zu beschäftigen. Also spätestens im Oktober hören wieder von Söder und der Pollensammlerin.

Durch dieses Volksbegehren hat die Biene neuen Aufwind und auch Aufmerksamkeit bekommen. Immer mehr Gartenbesitzer greifen zu bienenfreundlichen Blühpflanzen. „Es gibt eine lange Kulturgeschichte im Zusammenleben von Menschen und Bienen, weil Imkerei schon eine sehr alte Praxis ist“, erklärt der Soziologe Stephan Lorenz von der Uni Jena. „Die Menschen finden sich sozusagen im sozialen Leben der Biene wieder. Das ist eine gute Grundlage dafür, populär zu sein“, so Lorenz. Und auch die Gärtnereien verzeichnen eine steigende Nachfrage nach bienenfreundlichen Angeboten: „Die Menschen sind bei dem Thema sehr aufmerksam“, erklärt Olaf Beier, Vorstandsmitglied im Bundesverband der Einzelhandelsgärtner. Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage in diesem Jahr weiter steigen wird.

Man könnte sagen, das Thema „Biene“ boomt. Sie ziert nicht nur die Titelseiten einiger Zeitungen und Zeitschriften, sondern hat es auch zu einem Hashtag in den sozialen Medien geschafft. „Die Geschichte der Biene“ von Maja Lunde wurde zum Bestseller und nicht wenige schmücken ihre eigenen vier Wände mit Bienendeko. Erdman Kilian, Sprecher der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt geht sogar noch einen Schritt weiter: „Es ist auch ein Ausdruck dessen, dass wir erkennen: Natur ist wichtig für mich“. Aus seiner Sicht ist die Pollensammlerin auch bestens dafür geeignet, als Trendtier aufzutreten: „Sie ist ein schönes, ikonografisches Tier, das wir aus der Kindheit – siehe Biene Maja – oder morgens in Form eines Honigbrotes auf dem Frühstückstisch wiedererkennen“, so Kilian.

Imker, der beste Freund der Biene
Mit dem Bienen-Boom kommt auch das Interesse für den Beruf des Imkers zurück. Egal ob jung oder alt, die Biene erfreut sich auch unter Hobbygärtnern immer größerer Beliebtheit. Im Prinzip kann jeder Imker werden. Man sollte allerdings gerne in der Natur sein und damit rechnen, auch mal von den krabbelnden Tieren gestochen zu werden. Schaut man zurück, so lag die Mitgliederzahl beim Deutschen Imkerbund (DIB) vor zehn Jahren nur bei rund 80 000. Doch die Zahlen sind gestiegen. Allein 2018 konnte der DIB einen Zuwachs von 5,4 Prozent verzeichnen und liegt derzeit bei einer Mitgliederzahl von 120 000. Der sogenannte Bienen-Boom tut auch den Bienenvölkern gut. Lag die Zahl der Völker vor zehn Jahren noch bei 694 000, ist sie derzeit bei rund 900 000.

Es gibt mehrere Gründe, die diese Anstiege erklären. Neben Werbe- und Nachwuchskampagnen sehen Imker auch Meldungen über das Bienensterben als Beweggrund, aktiv zu werden. In Zeiten von Plastikmüll, Lärm- und Luftverschmutzung interessieren sich die Menschen wieder mehr für die Natur, suchen einen Rückzugsort und beschäftigen sich mit eben diesem. Eine Umfrage unter Neu-Imkern bestätigt das Interesse an der Natur: „Fast immer ist der Grund, dass sie etwas für die Natur und die Bestäubung tun möchten“.

Die Zahl der Insekten geht allerdings generell drastisch zurück. Bei den Bienen geht es hierbei, wie wir bereits wissen, weniger um die als Nutztiere gehaltenen Honigbienen, sondern um die Wildbiene. Der Mensch ist für den Anbau von Obst- und Gemüsearten auf die Bestäubungsleistung durch Insekten angewiesen. Ist dies nicht mehr gegeben, passieren Dinge, wie sie bereits in einigen Regionen in China gemeldet wurden. Nicht die Biene bestäubt die Obstbäume, sondern der Mensch selbst muss von Hand bestäuben.

„Die Biene ist ein Sympathieträger und ein Door Opener, um auf den Artenschutz aufmerksam zu machen“, erklärt die Biologin und Bienenexpertin beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Melanie von Orlow. „Wir können über jeden Menschen froh sein, der sich für das Thema interessiert“.

Insekt des Jahres 2019: Die rostrote Mauerbiene
Bereits zum zweiten Mal wurde eine Wildbiene zum Insekt des Jahres in Deutschland, Österreich und in der Schweiz gewählt. In diesem Jahr ist es die doch eher pelzig auftretende rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis), die als wahre Frühlingsbotin daherkommt. Wenn sie auftaucht, ist der Frost vorbei und die ersten Krokusse kommen aus der Erde. Die rostrote Mauerbiene ist nur winzige 8 bis 14 Millimeter groß und nutzt vorhandene Hohlräume, beispielsweise in Trockenmauern oder Löss- und Lehmwänden dazu, um ihre Brutnester anzulegen. Wer sich das Insekt des Jahres etwas genauer anschauen möchte, der kann sie problemlos in den eigenen Garten locken und dort ansiedeln. Mit Hilfe von Nisthölzern ist das einfach und unkompliziert möglich.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: https://www.nabu.de/news/2018/11/25571.html
   https://www.n-tv.de/wissen/Summ-summ-summ-wie-lange-noch-article20440763.html                www.sueddeutsche.de
   dpa

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