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Kompressionstherapie

COMPLIANCE DURCH PFLEGE FÖRDERN

Die Beratung bei venöser Insuffizienz und das Anmessen von Kompressionsstrümpfen gehören zum Apothekenalltag. Auch wenn es oft vergessen wird, aber das Thema Hautpflege zählt ebenso dazu.

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Krampfadern, auch Varikosen oder Varizen genannt, stellen das häufigste Venenleiden dar. Mit dem Alter nimmt die Häufigkeit dieser chronischen Venenleiden zu. Auftretende Beschwerden wie Schmerzen, schwere Beine, Juckreiz, Krämpfe, Schwellungen oder gar Ekzeme und Unterschenkelgeschwüre beeinträchtigen die Lebensqualität vieler Betroffener. Zudem kann sich aus einer unbehandelten venösen Insuffizienz schlimmstenfalls eine Beinvenenthrombose entwickeln – eine potenziell lebensbedrohliche Komplikation. Im Vordergrund der Therapie stehen Kompressionsstrümpfe oder -verbände, sie verbessern die Beschwerden und schützen vor Komplikationen wie Unterschenkelgeschwüren oder Thrombosen.

Therapietreue gefährdet Für einen anhaltenden Effekt muss die Kompressionstherapie jeden Tag konsequent durchgeführt werden. Der Strumpf sollte morgens – am besten noch im Bett – angezogen werden und bis zum Zubettgehen getragen werden. Doch gerade mit zunehmendem Alter erschwert trockene, dünner werdende Haut diese Therapie. Dazu kommt, dass Menschen mit chronisch venöser Insuffizienz meist bereits durch ihr Krankheitsbild an trockener Haut leiden: Sind die Venenklappen beschädigt oder können nicht mehr komplett schließen, ist der venöse Rücktransport des Blutes gestört. In der Folge kommt es zu einem dauerhaften Volumenanstieg in den Gefäßen und damit zu einer Druckerhöhung für das subkutane Gewebe und die Haut. Dadurch wird die Haut stetig trockener und empfindlicher.

Durch die Kompressionstherapie wird diese Symptomatik zwar auf lange Sicht verbessert, doch verbirgt sich hinter dem Tragen des Strumpfes ein weiteres Problem: Der Strumpf belastet die Haut durch mechanische Reize und fördert so Hauttrockenheit mit Schuppung und Juckreiz. Dazu kommt noch der Okklusionseffekt, den das Strumpfgewebe im Laufe des Tages auf die Haut ausübt. Daher ist es besonders wichtig, bei der Beratung auch auf das Thema Hautpflege einzugehen. Denn das größte Problem der Kompressionstherapie ist die Compliance, laut einer Studie mit 144 Probanden aus dem Jahr 2014 gaben lediglich rund zehn Prozent an, die Strümpfe täglich zu tragen. Schlechte Verträglichkeit war dabei mit etwa 28 Prozent an zweiter Stelle der angegebenen Gründe für das Nichttragen.

Wer zieht schon gerne täglich einen Strumpf über schuppige, juckende Schienbeinhaut?

Individuelle Pflege Die fängt schon beim Waschen an. Menschen mit trockener, juckender Haut sollten auf ausgiebige Vollbäder verzichten und kurze, nicht zu heiße Duschen vorziehen. Milde, seifenfreie und dem pH der Haut angepasste Reinigungsmittel greifen den Lipidfilm der Haut nicht so stark an, bei sehr trockener Haut empfehlen sich rückfettende Duschöle. Außerdem sollte die Haut abends, nach dem Duschen, mit einer geeigneten Hautpflege behandelt werden. Bei sehr trockener Haut, Neurodermitis, Diabetes mellitus, Schuppenflechte oder Ekzemen helfen W/O-Emulsionen, den Lipidfilm der Haut zu regenerieren.

Inhaltsstoffe wie Urea, Glycerin oder Milchsäure spenden Feuchtigkeit, Mandel- oder Sojaöl schützen durch einen dünnen Film auf der Haut vor Wasserverlust. Während im Winter zu einem höheren Fettanteil gegriffen wird, empfinden viele im Sommer einen geringeren Fettanteil als angenehmer. Denn geschmiert werden sollte immer. Auch wenn der Kunde angibt, keine Hautprobleme zu haben, sollten Sie ihm die Verwendung einer feuchtigkeitsspendenden, fettarmen Lotion ans Herz legen. Denn spätestens mit dem Tragen des Strumpfes nimmt die Hauttrockenheit zu.

Pflegende Maschen Gerade tagsüber ist die Pflege allerdings schwierig. Ist die Haut unter dem Strumpf fettig, kann der passgenaue Sitz des Strumpfes möglicherweise nicht eingehalten werden. Zudem kann es durch die Kombination aus Creme und Strumpf unter Umständen zu Hautreizungen kommen. Wichtig ist daher, direkt bei der Auswahl des Strumpfes auf das Material zu achten. Mischgewebe sind zum einen durch ihren Mikrofaseranteil atmungsaktiv, zum anderen durch einen höheren Anteil an Baumwolle haufreundlich. Natürlich sollten dabei die Tragevorlieben des Kunden berücksichtigt werden – er muss sie jeden Tag anziehen wollen.

Viele Hersteller bieten mittlerweile speziell bearbeitete Gewebefasern an, die sich vor allem an Kunden mit trockener Problemhaut richten. Das Gestrick ist mit verschiedenen pflegenden Substanzen wie Urea, Passionsfruchtkernöl, Vitaminen, Lipiden oder Aloe Vera versetzt , die beim Tragen durch mechanische Reize freigesetzt werden. Diese sind mittels bestimmter Verfahren so in das Gewebe eingebunden, dass sie durch das tägliche Waschen der Strümpfe nicht entfernt werden. So kann die Haut auch über Tag gepflegt und Beschwerden wie Jucken oder Hautspannen gemildert werden.

Den Artikel finden Sie auch in unserem Sonderheft „Kosmetik – Anti-Aging“ 2019 ab Seite 64.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

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