Den Darm pflegen - ist das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht, beeinträchtigt das unter Umständen auch Arzneimitteltherapien. © Rost-9D / iStock / Getty Images Plus

Darmgesundheit | Tumortherapie

CHECKPOINT-INHIBITOREN UND ANTIBIOTIKA VERTRAGEN SICH NICHT

Eine Antibiotikagabe kann möglicherweise die Wirksamkeit einer Chemotherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren herabsetzen. So lautet das Resultat einer britischen Studie. Welche Auswirkungen kann das auf die Therapie von Tumorpatienten haben?

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Schon lange wird bei einer Chemotherapie nicht mehr breitangelegt auf den Tumor geschossen. Vielmehr entscheiden individuelle Faktoren, sowohl des Tumors als auch des Patienten über die Zusammensetzung der Behandlung. Checkpoint-Inhibitoren gehören dabei zu den vergleichsweise neuen Therapieansätzen. Sie hemmen sogenannte Immuncheckpoints. Das sind wichtige Kontrollpunkte im Immunsystem: Bestimmte Oberflächenrezeptoren werden von Immunzellen erkannt und daraufhin nicht angegriffen. Bei vielen Tumoren sind diese Strukturen hochreguliert, sodass die Tumorzellen dem Angriff der Immunzellen entkommen. Schaltet man diese Proteine aus, erkennt das Immunsystem sie wieder als schädlich an und bekämpft die Tumorzellen. Bei den eingesetzten Therapeutika handelt es sich zurzeit ausschließlich um Antikörper, ihre spezifische Wirkung trägt zu einer Reduktion der unerwünschten Wirkungen bei.

Deshalb sind sie aber keine Wunderwaffe – denn bei manchen Patienten spricht die Therapie an und bei manchen nicht. Bislang wusste man nicht warum und konnte daher die Wirksamkeit einer Therapie im Vorfeld nicht abschätzen. Dr. David J. Pinato vom Department of Surgery an Cancer am Imperial College London und seine Kollegen stellten sich der Frage und untersuchten, ob eine zuvor beziehungsweise während der Chemotherapie verabreichte Gabe von Breitbandantibiotika die Effektivität der Antikörper beeinflusst. An der Multicenterstudie nahmen 196 Patienten teil, sie litten unter nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen, Melanomen oder anderen Tumoren.

Das Team fand heraus, dass die Überlebenschancen der Probanden sanken, wenn sie bis zu 30 Tage vor der Checkpoint-Inhibitor-Therapie Antibiotika erhalten hatten: Das Therapieansprechen sank, die Wahrscheinlichkeit für eine Verschlimmerung der Krankheit stieg. Bei einer Antibiotika-Behandlung während der Chemo fanden die Wissenschaftler jedoch keine negativen Auswirkungen. Die Hypothese des Teams: Durch die Schädigung der Darmmikrobiota werde die gegen die Tumorzellen gerichtete T-Zell-Antwort gesenkt. Daher lautet ihre Empfehlung, eine antibiotische Therapie nur nach Nutzen-Risiko-Analyse einzusetzen – zumindest kurz vor einer anstehenden Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: Pinato DJ et al. JAMA Oncol 2019; online first aus der Medical Tribune vom 11. Oktober 2019, 54. Jahrgang, Nr. 41

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