80 Milliarden Bakterien wandern bei so einem innigen Kuss, ein eher weniger romantischer Aspekt. © GeorgeRudy / iStock / Getty Images Plus
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Mikrobiologie | Bakterien-Transfer

BAKTERIENAUSTAUSCH: WAS PASSIERT BEIM KÜSSEN?

Es gilt als die schönste Sache der Welt - Küssen. Wissenschaftlich betrachtet, ist es allerdings eher die Konfrontation ganzer Ökosysteme – schließlich leben Milliarden Mikroben in unseren Mundhöhlen, nützliche wie krankmachende. Eine Studie aus den Niederlanden hat sich den Bakterien-Austausch einmal genauer angesehen.

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Ein romantischer Sonnenuntergang, eine beschauliche Waldlichtung, zwei Verliebte: Ihre Gesichter nähern sich, sie blicken sich tief in die Augen und im nächsten Moment springt eine kleine Bakterie von einem zum anderen und bereichert ab sofort die orale Mikroflora des anderen. Ja, so kann man es natürlich auch sehen, den Ergebnissen einer Studie zufolge überträgt ein zehnsekündiger Kuss mit Zungenkontakt etwa 80 Millionen Bakterien – der Traum eines jeden Mysophobikers. Dabei muss der Transfer per se nichts Schlechtes sein: Wir brauchen die ungefähr 700 Mikroben-Spezies in unserer Mundhöhle nämlich für wichtige Aufgaben der Verdauung, des Stoffwechsels oder des Immunsystems. Die Zusammensetzung der Flora wird dabei individuell durch das Ernährungsverhalten, das Alter oder die genetische Veranlagung geprägt – und eben auch durch die Menschen, mit denen wir eng zusammenleben.

Das Team von Remco Kort an der Universität Amsterdam beobachtete und untersuchte 21 Paare mit Hilfe von Fragebögen zu ihrem Kussverhalten und Speichelproben. „Wir wollten herausfinden, welchen Einfluss das Küssen auf das orale Mikrobiom von Partnern hat“, erklärt Kort. Ein Partner erhielt für das Experiment ein probiotisches Getränk, mit Erregern, die labortechnisch gut nachzuweisen sind, danach küsste dieser seinen Partner, dessen Speichelprobe im Anschluss speziell auf diese Erreger hin untersucht wurde. So ergab sich das Ergebnis der 80 Millionen transferierten Bakterien. Das Resultat bei „chronischem Kusskontakt“: Wenn die Paare mindestens neun zehnsekündige Küsse pro Tag austauschen, gleicht sich auch die mikrobielle Zusammensetzung der Speichelproben an. Wenn man also behauptet, Paare sehen sich im Laufe ihrer Partnerschaft immer ähnlicher, lässt sich das anscheinend, zumindest nach der niederländischen Studie, auch auf die Mundflora übertragen.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: www.wissenschaft.de

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