Ein Holzmännchen beugt seinen Po über eine Klopapierrolle, auf der eine stachlige Kastanienhülle liegt.© Alexander Vorotyntsev / iStock / Getty Images Plus
Pieks! Hämorrhoidalleiden machen sich oft mit brennenden Schmerzen und Beschwerden beim Toilettengang bemerkbar.

Analleiden

HÄMORRHOIDEN – EIN TABUTHEMA VON HINTEN AUFGEROLLT

Über Hämorrhoidalleiden reden die meisten Menschen ungern – weshalb viele Kundinnen und Kunden erst einmal online recherchieren und sich nicht in die Apotheke trauen. Dabei ist die Therapie in frühen Stadien einfacher. Beraten Sie sensibel.

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Mit einem Suchvolumen von rund 370 000 Anfragen werden Hämorrhoidalleiden – nach Angaben einer Mitteilung des Helios Klinikums, Berlin-Buch – fast fünfmal so häufig gegoogelt wie beispielsweise Migräne. Die Probleme gelten aufgrund ihrer Häufigkeit ab der zweiten Lebenshälfte in der westlichen Welt als Volkskrankheit, aber kaum jemand spricht gerne mit dem Arzt über Juckreiz oder Blutungen am After. Die Inzidenz der Patienten, die dazu einen Arzt konsultieren, liegt bei unter vier Prozent.

Das bedeutet auch: Die Diagnose ist in den meisten Fällen selbst gestellt. Problematisch, denn einige schwerwiegende Erkrankungen äußern sich durch eine ähnliche Symptomatik.

Tabuthema Hämorrhoiden

Dieser Sachlage sollten Sie sich bei der Beratung in der Apotheke bewusst sein. Denn auch wenn es meist nicht angenehm ist, über anale Beschwerden zu sprechen, sind Hämorrhoidalleiden ein beratungsintensives Thema. Wichtig ist zunächst einmal zu wissen, was da genau am anderen Ende des Rumpfes eigentlich vor sich geht.

Beratung bei Tabuthemen

Laut einer Umfrage von aposcope zum Thema Hämorrhoidalleiden in Apotheken haben die befragten PTA und Apotheker den Eindruck, dass der Kunde seine Beschwerden unvollständig oder unpräzise beschreibt und Unangenehmes weglässt. Apothekerin Kirsten Hien aus Hanau-Steinheim nennt Tipps für die Beratung bei Tabuthemen: 

+ Holen Sie Ihren Kunden ab mit Sätzen wie „Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen, dann kann ich Ihnen besser helfen? 
+ 
Stellen Sie bei Tabuthemen geschlossene zielgerichtete Fragen, die der Kunde mit ja oder nein beantworten kann, wie „Steht bei Ihnen Juckreiz im Vordergrund?“ oder „Haben Sie Blutungen?“ Den meisten Menschen ist es unangenehm, von sich aus das Gespräch über Tabuthemen zu beginnen und nennen nur einen Präparatewunsch. 
+ Der Frage „Darf ich Ihnen noch einen Tipp geben, wie Sie ihre Beschwerden schneller in den Griff bekommen?“ stehen die Kunden meistens aufgeschlossen gegenüber.

Funktion und Funktionieren: Gut, dass wir Hämorrhoiden haben

Auch wenn der Laie oftmals über Hämorrhoiden jammert, ist es in Wirklichkeit ein Glück, sie zu haben: Denn die Gefäßpolster am Ausgang des Enddarms sorgen wie eine Gummidichtung dafür, dass auch wirklich nichts danebengeht – kein Stuhlgang und noch nicht einmal ein unfreiwilliger Pups.

Das gut durchblutete Netzwerk (Plexus) aus Arterien und Venen liegt ringförmig unter der Enddarmschleimhaut und fungiert als Feinverschluss des Afterschließmuskels. In der Medizin spricht man von Hämorrhoidalplexus, Plexus haemorrhoidalis superior oder Corpus cavernosum recti.

Dieses Kontinenzorgan wird über die Arteria rectalis superior versorgt, die venösen Abflüsse führen durch den inneren und den äußeren Schließmuskel. Dadurch ist der Hämorrhoidalplexus nicht willentlich steuerbar: Bei angespanntem innerem Schließmuskel kann das venöse Blut nicht abfließen. Das Polster füllt sich und dichtet den Ausgang ab.

Signalisiert das Rektum dem Gehirn, dass genügend Kot vorhanden ist, stellt sich das Bedürfnis des Stuhlgangs ein. Der innere Schließmuskel erschlafft, das Blut in dem arteriovenösen Schwellkörper kann über die Vene abfließen und der Darm entleert sich. Möchte oder kann man dem Bedürfnis zunächst nicht nachkommen, hat man jedoch noch über den vom Beckenboden unterstützten äußeren Schließmuskel die Option, eine sofortige Leerung willentlich zu verzögern.

Der innere Schließmuskel steuert, ob sich in den Hämorrhoidalgefäßen Blut staut oder nicht. Den inneren Schließmuskel können wir nicht willentlich kontrollieren, den äußeren schon – über die Beckenbodenmuskulatur.

Ring of Fire

Wenn das Organ vergrößert ist (hyperplastisches Corpus cavernosum recti), treten meist Beschwerden im Bereich des Afters auf. Man spricht dann vom Hämorrhoidalleiden oder symptomatischen Hämorrhoiden. Häufige Beschwerden sind Juckreiz, Brennen und Nässen im After. Auch treten häufig Blutungen auf – so berichten die Betroffenen manchmal davon, dass sie hellrotes Blut auf dem Stuhl oder dem Toilettenpapier entdeckt haben.

Das liegt meist daran, dass die geschwollenen Gefäßpolster durch harten Stuhl verletzt wurden. Die Blutungen verursachen jedoch keine Schmerzen. Bei stärkerer Vergrößerung können sich die Blutungen aus dem After verstärken und das Blut tropft heraus. Das kann im Extremfall zur Blutarmut (Anämie) führen.

Nun tritt sichtbar und tastbar Gewebe beim Pressen aus. Schleim oder Stuhl können bei Blähungen abgehen. Die Betroffenen haben das Gefühl, dass der Darm nach dem Toilettengang nicht vollständig geleert ist. Auch können starke Schmerzen auftreten. Je nach der Ausprägung der Veränderung werden die Hämorrhoidalvergrößerungen in verschiedene Grade eingeteilt.

Vier Stadien bei vergrößerten Hämorrhoiden (nach Goligher)

Grad 1:
Die Hämorrhoiden sind vergrößert. Dies ist aber nur bei einer proktologischen Untersuchung und nicht äußerlich zu erkennen. 
Grad 2: Die Hämorrhoiden sind stärker vergrößert und treten beim Pressen (Stuhlgang oder starke körperliche Anstrengung) aus dem After heraus. Sie ziehen sich von selbst wieder zurück. 
Grad 3: Die Hämorrhoiden sind so weit vergrößert, dass sie beim Pressen aus dem After heraustreten. Sie gleiten nicht von selbst wieder zurück, lassen sich aber mit dem Finger zurückdrücken (reponibel). 
Grad 4: Die Hämorrhoiden sind immer von außen sichtbar und lassen sich nicht mehr manuell zurückschieben. (Analprolaps).

Andere Beschwerden rund um den Po

Nicht alles, was im Analbereich Beschwerden macht, ist eine vergrößerte Hämorrhoide. Es gibt auch andere Ursachen, die der Laien in Eigendiagnose oftmals als Hämorrhoidalleiden einstuft. Doch dies trifft nicht immer zu und nicht alle Erkrankungen sind harmloser Natur,. Deshalb ist eine Abklärung beim Proktologen so wichtig ist.

  • Analfissuren sind Einrisse oder Geschwüre im Analkanal, die bluten oder jucken können. Durch Bakterien aus dem Stuhl kann es zu Infektionen kommen; Abszesse können sich entwickeln.
  • Marisken sind gefäßfreie Hautläppchen am After, die als übermäßiges Wachstum der Haut entstehen. Im Unterschied zu Hämorrhoiden füllen sie sich beim Pressen nicht mit Blut und lassen sich auch nicht in den Analkanal zurückdrücken. Sie verursachen keine Schmerzen und meist auch keine anderen Beschwerden.
  • Perianalthrombosen, auch Analvenenthrombose oder im englischsprachigen Raum als äußere Hämorrhoiden bezeichnet, sind schmerzhafte blauschwarze Blutergüsse, die durch eine geplatzte perianale Vene entstehen. Die Analvenenthrombose heilt meist von selbst ab.
  • Analkarzinome sind bösartige Tumoren des Analkanals, die zu über 80 Prozent der Fälle auf Infektionen mit high-risk-HPV-Viren zurückgehen.

Ursachen für Hämorrhoidalleiden: Woran hat es gelegen?

Das wüssten die Experten auch gerne. Naheliegende Ursachen für das Hämorrhoidalleiden gibt es viele, doch die wenigsten sind eindeutig belegt. Sowohl genetische Komponenten wie eine angeborene Bindegewebsschwächeund schwächere kolorektale Muskeln kommen in Frage als auch der Faktor Alter. Denn im Alter lassen Muskelkraft, Straffheit des Gewebes und Elastizität der Blutgefäßwände nach. Das sorgt dafür, dass die Hämorrhoide sich distal aus dem After verlagern kann.

Zu diesen feststehenden Faktoren kommen weitere mögliche Ursachen. Als relativ gesichert sind hier Verstopfungen zu benennen. Hier spielt eine ballaststoffarme Ernährung und eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme eine ganz wesentliche Rolle. Hinzu kommt ein wenig aktiver Lebensstil mit wenig Bewegung und sitzender Tätigkeit, die neben einer Darmträgheit auch eine Blutstauung unterhalb der Hüfte fördert. Die Folge sind oft sehr harte, feste Stühle. Sie belasten die Gefäßpolster so stark, dass diese mehr oder weniger stark bluten können.

Auf der anderen Seite kann auch häufiger Durchfall zu einer Vergrößerung der Hämorrhoidalpolster führen. Möglicherweise liegt dies daran, dass die Hämorrhoiden ständig den flüssigen Stuhlgang zurückhalten müssen.

Ist das Handy schuld?

Diskutiert wird auch, ob ein falsches Defäkationsverhalten das Hämorrhoidalleiden fördert. So gilt eine zwanghafte Defäkation mit zu frühem Bauchpressen als ungünstig. Es sorgt, so die Expertenmeinung, für häufigere aber kleinvolumige Stühle mit einer erhöhten Belastung des Hämorrhoidalplexus bei der Darmentleerung.

Da die Blutentleerung der Gefäßpolster nicht willkürlich, sondern nur über den Defäkationsreflex erfolgen kann, wird der Kot gegen die noch gefüllten Hämorrhoidalpolster gedrückt. Der häufige Druck sorgt dann dafür, dass sich das Arterien- und Venenpolster zunehmend nach außen verschiebt.

Auch lange Toilettensitzungen – oftmals mit Zeitung oder Smartphone – stehen in Verdacht, das Leiden zu fördern. Denn das lange Sitzen auf der Toilettenbrille führt auch zu einem verstärkten Druck auf die Polster, die dann nach außen verschoben werden können. Die lange Handysitzung, so vermuten Ärzte, könnte ebenfalls eine Ursache dafür sein, warum auch verstärkt junge Menschen Beschwerden mit Hämorrhoiden haben.

Hämorrhoiden in der Schwangerschaft

Auch der Faktor Schwangerschaft gilt als Risikofaktor – und das aus verschiedenen Gründen: Während einer Schwangerschaft lockert sich durch die hormonelle Umstellung das Bindegewebe. Einerseits, damit das Ungeborene Platz zum Wachsen hat, und vor allem, um den schwierigen Geburtsvorgang zu erleichtern. Hinzu kommt bei einer fortgeschrittenen Schwangerschaft, dass das Kind an Gewicht zunimmt und auf den Darmbereich drückt. Bei den meisten Frauen verschwinden die Beschwerden wenige Wochen nach der Geburt des Kindes wieder

Gewicht drückt auf den Enddarm

Der Faktor Gewicht spielt allerdings generell, also nicht nur während der Schwangerschaft, eine Rolle. Mit steigendem Körpergewicht erhöht sich auch das Risiko für Hämorrhoidalleiden. Das erklärt der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten. Die Mediziner begründen dies damit, dass das größere Gewicht auf den Enddarm drückt und dort die Blutzirkulation behindert, was zur Erweiterung der Gefäßpolster führt.

Und nicht nur das eigene Gewicht kann Hämorrhoidalbeschwerden verursachen. Auch getragene oder gestemmte Lasten können das Austreten des Hämorrhoidenrings auslösen, sofern man falsche Techniken anwendet und Körperstamm und Beckenboden nicht ausreichend stabilisiert.

Was beugt vor?

Vorbeugen ist – wie so häufig – die beste Option. In diesem Zusammenhang gilt es, Verstopfungen und harte Stühle zu vermeiden. Gerade für Menschen, bei denen in der Familie gehäuft Hämorrhoidalleiden auftreten, ist es besonders wichtig, ballaststoffreich zu essen. Empfehlen Sie diesen Kunden also

  • Vollkornprodukte,
  • Müsli,
  • Weizenkleie,
  • Obst,
  • Gemüse und
  • Haferflocken.

Weißbrot, Schokolade, Reis, Teigwaren, Kartoffeln sind hingegen arm an Ballaststoffen und sollten daher genauso wie tierische Fette und Fleisch selten gegessen werden.

Gleichzeitig ist es wichtig ausreichend zu trinken. Wasser und ungesüßte Tees sind hierbei perfekt. Ungünstig hingegen sind schwarzer Tee und Alkohol.

Häufig aktiv zu sein fördert eine geregelte Verdauung. Wer viele Stunden am Schreibtisch verbringt, sollte den Bewegungsmangel durch Spaziergänge oder schnelles Gehen ausgleichen, diese regen die Peristaltik an. Und wer dies beherzigt, hat auch gleichsam bessere Chancen, nicht an Übergewicht zu erkranken – ein weiterer Pluspunkt zum Vorbeugen von Hämorrhoidalleiden.

Entspannt aufs Klo: So funktioniert der Toilettengang richtig

Bei der Verdauung ist es im Übrigen wie mit dem Schlaf: Man könnte also vergleichbar mit der Schlafhygiene auch „Toilettenganghygiene“ empfehlen, um die Verdauung zu erleichtern. So sind bestimmte Verhaltensweisen und Vorkehrungen – der Proktologe spricht hier von Modifikation des Defäkationsverhalten – auch für einen gesunden Stuhlgang wichtig.

  1. Es ist generell hilfreich, entspannt und ohne Zeitdruck auf die Toilette zu gehen. Das ist bei vielen Menschen morgens nach dem Aufstehen der Fall. Man ist in den eigenen vier Wänden auf dem vertrauten privaten Örtchen und entspannter als unterwegs. Was aber nicht dazu verführen soll, das Austreten durch Lesen und Smartphone-Nutzung in die Länge zu ziehen.
  2. Wer morgens etwas Starthilfe braucht, dem helfen in der Regel einige darmanregende Verwringungsübungen, sogenanntes Detox-Yoga, die sogar gemütlich noch im Bett liegend umgesetzt werden können zum morgendlichen Defäkationsreiz. Dazu zieht man die Knie auf dem Rücken liegend an und legt sie zu einer Seite ab, während sich der Oberkörper in die Gegenrichtung dreht. Danach die Seiten wechseln. Diese Verwringungen des Bauchs regen die Darmperistaltik an.
  3. Auch ein Glas warmes Wasser, gleich nach dem Aufstehen getrunken, entstammt den ayurvedischen Ritualen und gehört bei vielen Menschen zur erfolgreichen Morgenroutine. Es löst den gastrokolischen Reflex aus, indem es über die Dehnung des Magens die Peristaltik des Colons anregt, sodass der Darminhalt weiter in Richtung des Rektums vorgeschoben wird und letztendlich den Drang zur Stuhlentleerung auslöst.

Das hilft gegen Hämorrhoidalleiden

  • ballaststoffreiche Ernährung: Gemüse, Vollkornprodukte, Flohsamenschale, Weizenkleie
  • scharfe und frittierte Speisen meiden
  • ausreichend trinken
  • ausreichend Bewegung, um die Darmmotilität zu aktivieren.
  • Toilettengänge nicht hinauszögern oder in die Länge ziehen (z.B. durch Smartphone)
  • zwanghafte Defäkation mit Bauchpressen vermeiden
  • After mit klarem Wasser oder nicht reizenden Feuchttüchern reinigen
  • Übergewicht reduzieren
  • Ideale Sportarten sind Schwimmen, Wassergymnastik, Walken
  • Wenig geeignet hingegen sind Radfahren, Reiten, Rudern, Gewichtheben oder intensives Springen (z. B. Joggen, Aerobic)
  • Keine schweren Lasten oder Gewichte heben
  • Beckenboden und Afterschließmuskel trainieren

Tipp: Vielleicht möchten Sie Ihrem Kunden, der ein bisschen verschämt seinen Hämorrhoidalsalbenwunsch äußert, nicht direkt ansprechen. Wenn Sie trotzdem helfen wollen, können Sie diese Tipps ausdrucken und dem Kunden mit in die Tüte legen.

Was lindert das Leiden?

 Vergrößerte Hämorrhoiden machen nicht immer Beschwerden. Wenn sie aber auftreten, sind diese oft so unangenehm, dass die Betroffenen nach schnell lindernden Maßnahmen suchen. In der Apotheke sollten Sie zunächst die Symptome abfragen:

  • Leidet der Kunde an Juckreiz, Brennen oder Schmerzen?
  • Treten Blutungen auf? Ist das Blut hellrot oder dunkel?
  • Bestehen die Beschwerden schon länger? Kehren sie häufiger wieder?

Bei Blutungen und bei länger anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer auch auf den Arzt verweisen. Er muss im Rahmen einer proktologischen Untersuchung Neoplasien ausschließen. Diese oftmals unscheinbaren Veränderung in der analen Haut können Vorstufen zu bösartigen Tumoren sein.

Konservative Maßnahmen

Den meisten Patienten mit Hämorrhoidalbeschwerden können konservative Maßnahmen zur Symptomfreiheit verhelfen, fasst der Chirurg und Proktologe Dr. med. Eduard Karsten die Beobachtungen in seiner Praxis in Wuppertal zusammen. Dazu gehören Stuhlregulation durch Ernährungsumstellung, genügend Flüssigkeit und körperliche Aktivität, Modifikation des Defäkationsverhalten und Proktologika zur Symptomlinderung. Das betifft übrigens alle Stadien der Hämorrhoidalvergrößerung, so der Mediziner. Entscheidend ist nicht die Größe der Hämorrhoide, sondern die Beschwerdefreiheit des Patienten.

„90 Prozent der Patienten werden allein durch konservative Maßnahmen von ihren Beschwerden erlöst. Dazu gehören die Regulation des Stuhlgangs, modifiziertes Defäkationsverhalten und Proktologika zur Symptomlinderung.“
Dr. Eduard Karsten, Proktologe

Proktologika können einerseits akute Beschwerden schnell lindern, andererseits auch bei anhaltenden Symptomen oder dauerhaft als Pflege und Prophylaxe dienen.

Lidocain

Zur schnellen Linderung akuter Beschwerden eignet sich der Wirkstoff Lidocain. Als Lokalanästhetikum hemmt er vorübergehend die Bildung und Weiterleitung von Nervenimpulsen zum zentralen Nervensystem und lindert so bereits nach 30 Minuten Schmerzen und Juckreiz.

Eine Lidocain-Salbe sollte zwei- bis dreimal täglich, aber maximal über einen Zeitraum von drei Tagen angewendet werden. Auch Schwangere können diese Salben anwenden, allerdings nur nach ärztlicher Rücksprache.

Wird das Präparat mit einem Applikator angeboten, sollten Sie unbedingt die richtige Anwendung erläutern. Der Applikator dient dem gezielten Auftragen im inneren Analbereich. Dazu führt man die aufgeschraubte Plastikspitze sanft ein Stück ein und verteilt dann nach leichtem Druck auf die Tube und Drehen die Salbe durch die seitlichen Austrittsöffnungen gleichmäßig an die erkrankten Bereiche. Nach dem Abschrauben reinigt man den Applikator mit warmem Wasser.

Hamamelis

Für anhaltende Beschwerden und leichtere Symptome eignen sich Hamamelisblätter-Extrakte. Der Extrakt aus der Zaubernuss (Hamamelis virginiana) enthält Gerbstoffe, die adstringierend wirken, und darüber hinaus Flavonoide und ätherische Öle. Auch Entzündungen werden gehemmt und somit Juckreiz gelindert. Der Extrakt reduziert das Nässen im Analbereich, stillt kleine Blutungen und fördert die Wundheilung. Die Salbengrundlagen haben außerdem eine weiche und pflegende Konsistenz.

Für die Nacht können Sie auch Zäpfchen empfehlen, da sich der Inhalt beim Liegen im Analkanal verteilt. Beim morgendlichen Stuhlgang wirken sie obendrein als Gleitmittel.

Weitere Wirkstoffe

Auch basisches Bismutgallat, Titandioxid und Zinksalbe werden in Proktologika gegen Nässen, Brennen und Juckreiz eingesetzt. Sie wirken austrocknend und adstringierend und haben damit einen antientzündlichen und wundheilenden Effekt. Dexpanthenol-haltige Salben verbessern ebenfalls die Wundheilung. Wohltuend sind auch Sitzbäder mit klarem Wasser oder pflanzlichen Zusätzen wie Kamille, Eichenrinde oder Hamamelis.

Glucocorticoide

Bei sehr starker Symptomatik mit Juckreiz können Glucocorticoide angewendet werden. Sie werden als Hämorrhoidenmittel meist in Kombination mit Lokalanästhetika angeboten, wirken antiallergisch und antiphlogistisch und sind verschreibungspflichtig.

Pflege beugt Rezidiven vor

Wirkstofffreie Salbe mit reichhaltigen Salbengrundlagen, beispielsweise mit gelbem Bienenwachs oder Jojobawachs (auch Jojobaöl genannt), sollten in der Zeit ohne akute Symptome angewandt werden, da sie das erneute Auftreten von Beschwerden signifikant reduzieren. Die Salbengrundlage legt sich wie ein Schutzmantel über die Analregion und schützt vor Reizung durch Stuhl oder Schleim. Auch bilden sie einen Gleitfilm, der den Stuhlgang erleichtert.

Richtig reinigen

Wer unter vergrößerten Hämorrhoiden leidet, kann nach jedem Stuhlgang die Analregion mit sehr weichem Toilettenpapier vorsichtig abzutupfen. Anschließend sollte eine schonende Reinigung mit Wasser erfolgen, zum Beispiel in einem Bidet oder mit durchfeuchtetem Toilettenpapier. Anschließend mit etwas Toilettenpapier vorsichtig trockentupfen.

Zum Reinigen sollten Betroffene keine herkömmlichen Feuchttücher oder feuchtes Toilettenpapier verwenden. Diese enthalten Substanzen, die die Haut reizen und so ein Brennen verursachen. In der Apotheke gibt es nichtreizende Feuchttücher, die unterwegs benutzt werden können.

Wenn konservative Methoden nicht helfen

Können diese Therapieempfehlungen die Beschwerden nicht ausreichend bessern, gibt es verschiedene Optionen.

  • Der Proktologe Karsten machte in seiner Praxis gute Erfahrungen mit der Gummibandligatur, bei der das überschüssige Gewebe mit einem Gummiring abgeschnürt wird (es fällt dann nach dem Absterben ab)
  • und neueren Methoden, wie der Rafaelo-Methode. Bei diesem Verfahren erfolgt unter Lokalanästhesie mittels Radiofrequenzenergie eine Verkochung der Hämorrhoidalpolster.

Die Sklerotherapie, wie man sie auch von Krampfaderleiden als Verödung kennt, führt nach Erfahrung des Proktologen nicht dauerhaft zu einem zufriedenstellenden Ergebnis und müsse immer wieder nachbehandelt werden. Werden durch diese Verfahren die Beschwerden nicht ausreichend gelindert, sind operative Therapien des Hämorrhoidalleidens indiziert.

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