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Mikronährstoffe in der Schwangerschaft

AN ALLES GEDACHT?

Während der Schwangerschaft muss nicht nur das Kinderzimmer eingerichtet werden, es müssen auch ausreichend Mikronährstoffe für die Gesundheit von Mutter und Kind vorhanden sein. Alkohol ist in dieser Zeit absolut tabu.

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Schwangere müssen an eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen denken. Mikronährstoffe sind für eine komplikationslose Schwangerschaft sowie für ein normales Wachstum und eine gesunde Entwicklung des ungeborenen Kindes essenziell. Auch während der Stillzeit ist eine gute Versorgung mit Mikronährstoffen wichtig. Es muss nicht nur der Nährstoffbedarf des Säuglings über die Muttermilch gedeckt werden, es sind auch die mütterlichen Speicher teilweise wieder aufzufüllen. Daher ist auch der Bedarf einiger Nährstoffe bei nichtstillenden Müttern im Wochenbett erhöht.

Situation Die meisten Nährstoffe werden bei ausgewogener und abwechslungsreicher Ernährung ausreichend aufgenommen. Schwierig ist allerdings, die erforderliche Menge an Folat und Jod zuzuführen. Ihr Bedarf lässt sich in der Regel weder in der Schwangerschaft noch in der Stillzeit allein über die Nahrung decken, weshalb ihre Supplementierung generell empfohlen wird. Ebenso ist der Eisenbedarf in diesen Zeiten erhöht, Supplemente sind aber nicht immer erforderlich. Erfahrungsgemäß sind Schwangere und Stillende auch nicht immer ausreichend mit Decosahexaensäure (DHA) versorgt, sodass Supplemente mit dieser Omega-3-Fettsäure empfohlen werden können.

Folsäure rechtzeitig supplementieren Sowohl Schwangere als auch Stillende haben einen erhöhten Bedarf an Folat (natürliche Folsäureverbindungen aus der Nahrung). Das wasserlösliche B-Vitamin wird vor allem beim Zellwachstum, der Zellteilung, der Blutzellbildung im Knochenmark und für den Aufbau der Erbsubstanz benötigt. Damit steigt auch der Bedarf in der Schwangerschaft infolge der Vergrößerung des Uterus, der Anlage der Plazenta, der Zunahme der mütterlichen Erythrozytenzahl und des embryonalen Wachstums. Eine adäquate Zufuhr ist bereits vom ersten Tag der Schwangerschaft an wichtig, um gravierende Schäden beim ungeborenen Kind zu vermeiden.

Zu geringe Folatspiegel erhöhen beim Ungeborenen das Risiko für bestimmte Fehlentwicklungen wie Neuralrohrdefekte, die mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen sowie Herzfehlern oder Lippen-Kiefer-Gaumenspalten einhergehen können. Auch werden ein verringertes Geburtsgewicht sowie Spontanaborte und Frühgeburten damit in Verbindung gebracht. Viele wissen in den ersten Wochen der Schwangerschaft allerdings gar nicht, dass eine Befruchtung stattgefunden hat. Daher wird Frauen mit Kinderwunsch geraten, frühzeitig auf die erforderliche Zufuhr an Nahrungsfolat zu achten und bereits präkonzeptionell zusätzlich Supplemente mit Folsäure (synthetische Substanz, die im Organismus zur vitaminwirksamen Folatverbindungen überführt wird) einzunehmen.

Inzwischen ist es üblich, mit einer Dosierung von 800 Mikrogramm (μg) Folsäure zu beginnen und diese in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen fortzuführen. Ab der 13. Woche bis zum Ende der Stillzeit wird auf eine Dosis von 400 μg reduziert. Frauen, die bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt geboren haben, benötigen präventiv vier bis fünf Milligramm (mg)! Folsäure über den gleichen Zeitraum hinweg. Da einige Frauen aufgrund einer Enzymvariante nicht ausreichend biologisch aktives Folat aus synthetischer Folsäure bilden können, sind auch Präparate auf dem Markt, die neben Folsäure bereits die körpereigene Vitaminform 5-MTHF enthalten.

Jod generell einnehmen Ebenso ist der Jodbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit deutlich erhöht. Nicht nur die Mutter benötigt Jod zur Aufrechterhaltung der eigenen Stoffwechseltätigkeit und zur Sicherstellung einer ausreichenden Jodversorgung des Säuglings über die Muttermilch. Auch der Fetus braucht es im Mutterleib, da er bereits ab der 10. bis 12. Woche selbstständig Schilddrüsenhormone bildet. Eine Unterversorgung mit dem Spurenelement kann die geistige und körperliche Entwicklung des Kindes beeinträchtigen und ein Neugeborenen-Struma (Kropf) verursachen.

Zudem erhöht sich die Gefahr von Fehlgeburten. Meist lässt sich der Bedarf (Schwangere 230 μg, Stillende 260 μg pro Tag) nicht alimentär, also über die Nahrung decken, sodass neben der jodreichen Ernährung eine tägliche Supplementierung von 100 bis 150 μg Jod empfohlen wird. Die Einnahme sollte möglichst schon vor der Schwangerschaft begonnen und bis zum Ende der Stillzeit beibehalten werden. Frauen mit einer Schilddrüsenerkrankung müssen sich individuell von ihrem Arzt beraten lassen.

Auch Nikotin geht über die Plazenta und die Muttermilch auf das Kind über und schädigt es.

Eisen nicht immer erforderlich In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Eisen bis aufs Doppelte aufgrund der Zunahme des mütterlichen Blutvolumens, der Bildung der Plazenta und des Mehrbedarfs des Fetus. Oftmals wird die empfohlene Zufuhr von 30 mg pro Tag alimentär nicht erreicht, was das Wachstum des Kindes behindern und das Risiko für Frühgeburten erhöhen kann. Um einen Eisenmangel zu erkennen, wird im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen der Eisenstatus regelmäßig überprüft. Fällt der Hämoglobinwert unter 11 Gramm pro Deziliter Blut, wird von einer Eisenmangelanämie ausgegangen und der Arzt verordnet gut resorbierbare Eisen-II-Präparate.

Eine eigenständige Einnahme ohne vorherige Laborkontrolle sollte unterbleiben, da zu viel Eisen die Bildung freier Radikale fördert. Sie können einer schwangeren Kundin aber raten, eisenreiche Lebensmittel mit einem Glas Vitamin-C-haltigem Fruchtsaft zu verzehren, um die alimentäre Eisenaufnahme im Körper zu steigern. Auch nach der Geburt bleibt der Bedarf an dem Spurenelement erhöht. Die empfohlene Zufuhr beträgt 20 mg Eisen pro Tag. Diese Empfehlung richtet sich auch an nichtstillende Mütter, um Eisenverluste, die während der vorherigen neun Monate und durch den Blutverlust bei der Geburt entstanden sind, auszugleichen.

DHA bei fehlendem FischkonsumIn den letzten Jahren ist auch die essenzielle Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) in den Fokus der Diskussion gerückt. DHA ist wichtig für die fetale Hirnentwicklung, die spätere Sehfunktion sowie motorische und kognitive Funktionen des Kindes. Zudem geht man davon aus, dass eine ausreichende Versorgung das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen (z. B. Präeklampsie, Frühgeburt) senken kann und einen positiven Beitrag zur Allergieprävention leistet. Daher wird Schwangeren und Stillenden, die nicht regelmäßig wöchentlich zwei Portionen fetten Fisch verzehren, empfohlen, täglich 200 mg DHA zu supplementieren.

Alkohol die ganze Zeit meidenSowohl Frauen, die eine Schwangerschaft planen, als auch Schwangere sollten auf Alkohol unbedingt verzichten. Alkohol wirkt zellschädigend und kann in der Schwangerschaft unter anderem zu Fehlbildungen, Wachstumshemmung, Schädigung von Gewebe und Nervenzellen sowie einer irreversiblen Intelligenzminderung des Kindes führen. Diese vielfältigen Störungen werden als fetales Alkoholsyndrom zusammengefasst. Es ist die häufigste vermeidbare Behinderung bei Neugeborenen. Da weder für das Ungeborene eine „sichere“ Alkoholzufuhrmenge, noch ein Zeitfenster in der Schwangerschaft, in dem Alkoholkonsum kein Risiko birgt, definiert werden kann, ist Alkohol während der neun Monate absolut tabu. Ebenso existiert keine Schwellendosis in der Stillzeit, weshalb auch stillende Frauen Alkohol meiden müssen.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Frauengesundheit der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 58.

Gode Chlond, Apothekerin

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