Innere Unruhe, Nervosität & Schlafstörungen
PTA-Fortbildung

Wider Willen wach: Über Schlafstörungen und Stress

Na, entspannt und ausgeschlafen? Die einen finden schlecht in den Schlaf, andere haben Probleme durchzuschlafen. Oft ist nervöse Unruhe der Auslöser für die Schlafstörungen. Klären Sie mit Ihren Kunden die Umstände, die sie nicht schlafen lassen, und verhelfen Sie ihnen zu erholsamen Nächten.

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Synthetische Schlafmittel

Sehr häufig verlangen Kunden Antihistaminika wie Diphenhydramin oder Doxylamin. Sie sollten aber in der Selbstmedikation bei Ein- und Durchschlafstörungen nur kurzfristig (maximal vier Wochen) oder als Bedarfstherapie an ein bis zwei Nächten pro Woche eingesetzt werden. Ihre Nachteile sind vielfältig und ihr Einsatz daher nicht so bedenkenlos wie ihr rezeptfreier Status vermuten lässt.

Sie sorgen über eine Blockierung des Botenstoffs Histamin für schnelleres Ein- und Durchschlafen, verursachen zugleich aber anticholinerge Nebenwirkungen wie

  • Mundtrockenheit,
  • Verstopfung,
  • Harnverhalten,
  • Akkommodationsbeschwerden sowie
  • Gedächtnisstörungen,

die sich vor allem bei älteren Menschen bemerkbar machen. Kontraindikationen (Engwinkelglaukom, akuter Asthma-Anfall, Nebennierentumor, Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, Epilepsie oder eine gleichzeitige Behandlung mit Monaminoxidase-Hemmern) sind ebenfalls vorhanden. Oftmals eignen sie sich daher nicht bei Personen über 65 Jahre.

Darüber hinaus wirken sie erst zeitverzögert nach ein (bis zwei) Stunden, sodass Sie Ihre Kunden bitte auf eine rechtzeitige Einnahme (etwa 60 Minuten vor dem Schlafengehen) hinweisen. Weiterer Nachteil ist ihre lange Eliminationszeit von bis zu zehn Stunden. Das birgt bei Applikation am späteren Abend die Gefahr eines Hangovers mit verzögerter Reaktionsbereitschaft am nächsten Morgen. Sie kann sich bis in die Vormittagsstunden ziehen und geht mit einer erhöhten Sturzneigung einher.

Als Einschlafhilfe

Früher war Melatonin in Dosierungen von zwei Milligramm als verschreibungspflichtiges Arzneimittel bekannt, das Jetlag-Gefühle lindern und den Schlaf-Wach-Rhythmus regulieren kann. Heute steht das körpereigne Hormon als Nahrungsergänzungsmittel mit einer Dosierung von einem Milligramm rezeptfrei zur Verfügung. Auch wenn die Werbung suggeriert, dass Melatonin-Präparate für alle Altersgruppen geeignet sind, empfehlen sie sich in der Regel erst für Personen in der zweiten Lebenshälfte.

Da der menschliche Organismus mit zunehmendem Alter immer weniger von dem Schlafhormon produziert, steigt ab etwa 55 Jahren die Wahrscheinlichkeit für die abendliche Abnahme des Melatonin-Spiegels und für die darauf beruhenden Schlafstörungen. Jüngere Menschen profitieren von Melatonin, wenn ihre Schlafprobleme in einem Jetlag begründet sind, also durch eine Verschiebung der Einschlafzeiten, beispielsweise durch Schichtarbeit oder Fernreisen. Prinzipiell wirken verschreibungsfreie Melatonin-Präparate nur kurz.

Sie sind daher eine Einschlafhilfe und weniger durchschlaffördernd. Ein verbessertes Durchschlafen lässt sich nur mit Melatonin als rezeptpflichtigem Arzneimittel ermöglichen. Darin ist Melatonin in einer Retardformulierung enthalten, die das Schlafhormon peu à peu zeitversetzt freigibt. Zudem sollen Melatonin-Präparate mit Pflanzenzusätzen, die als 2-Phasen-Depot formuliert sind, das Durchschlafen unterstützen. 

Denken Sie bei der Abgabe an den Hinweis, Melatonin immer zum gleichen Zeitpunkt einzunehmen, damit sich der Schlaf-Wach-Rhythmus nicht verschiebt.

Auf den Schlaf einstimmen

Zweifellos lassen bestimmte allgemeine Verhaltensweisen leichter in den Schlaf finden. Feste Rituale sind dabei ebenso wichtig wie ausgewiesene Schlafräuber zu vermeiden. Alle Maßnahmen, die das Einschlafen fördern und die Schlafqualität verbessern, werden mit dem Begriff Schlafhygiene zusammengefasst. Diese beginnt nicht erst beim Zubettgehen, sondern erstreckt sich bereits über den ganzen Tag.

  • Positiv wirkt sich aus, einen regelmäßigen individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus einzuhalten, also immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen, selbst im Urlaub, an Feiertagen oder am Wochenende.
  • Erinnern Sie Ihre Kunden daran, auf den Mittagsschlaf zu verzichten, damit sie abends ausreichend müde sind. Höchstens 30 Minuten (Powernapp) sind erlaubt.
  • Auch sollte man seinem Chronotyp folgen, das heißt sich nicht zu spät, aber auch nicht zu früh schlafen zu legen.
  • Spätestens zwei Stunden vor dem Zubettgehen sollte man Körper und Geist zur Ruhe kommen lassen. Jegliche Arbeit sollte ruhen, ebenso ist Sport zu unterlassen.
  • Ein entspannendes, regelmäßiges Einschlafritual kann hingegen hilfreich sein, die nötige Ruhe zu finden (z. B. Abendspaziergang, Entspannungsübung, Musik hören, Buch lesen, Bad nehmen).
  • Ebenso fördern die richtige Atmosphäre im Schlafzimmer wie die Zufuhr frischer Luft, kühle Temperaturen (17 bis 20 °C) und ausreichende Dunkelheit die Schlafqualität. Nervenaufreibende Fernsehsendungen, klingelnde Telefone oder ein laufender Computer stören hingegen einen ruhigen Schlaf. Am besten sind alle elektronischen Geräte aus dem Schlafzimmer zu verbannen oder zumindest konsequent auszuschalten, da bereits ihr Licht die Konzentration an Cortisol im Blut erhöhen und damit das Einschlafen behindern kann.
  • Das Abendessen sollte aus leichter Kost bestehen und spätestens zwei Stunden vor dem Schlafengehen beendet sein. Ein kleiner Snack ist zur Not erlaubt, da Hunger das Einschlafen erschwert. Auf den Genuss von Alkohol sollte verzichtet werden.
  • Schlaffördernd sind vielmehr eine Tasse beruhigender Tee (z. B. mit Melisse, Baldrian und Hopfen) oder ein Glas warme Milch.
  • Wer nicht einschlafen kann oder mitten in der Nacht von langen Wachphasen am Schlafen gehindert wird, sollte nicht zu lange nachts wach im Bett liegen, sondern lieber aufstehen und sich mit etwas Monotonem beschäftigen. Zudem sollte der Wecker außerhalb des Gesichtsfelds stehen, da der Blick auf die Uhr bei quälender Schlaflosigkeit zusätzlich stresst.

Übrigens …

Viele wachen zwischen zwei und drei Uhr nachts auf, wenn die Schlaftiefe nachgelassen hat. Das ist eine Uhrzeit, in der sich der Organismus in einem physiologischen Stimmungstief befindet, was ein Einschlafen oft schwer macht. In diesen Stunden kreisen die Gedanken besonders intensiv, da Sorgen zu dieser Zeit noch belastender als tagsüber erscheinen.

Das hat viele Gründe: Im Dunkeln ist der Mensch besonders allein mit seinen Gedanken, sodass die Probleme stärker in den Fokus rücken. Zudem sind chronobiologische Rhythmen ursächlich verantwortlich, die durch ein komplexes Hormonsystem gesteuert werden. Mit Beginn der Dunkelheit beginnt die Zirbeldrüse das Schlafhormon Melatonin auszuschütten.

In der Nacht ist daher der Melatonin-Spiegel hoch, gleichzeitig sind die Cortisol- und Serotonin-Spiegel niedrig. Damit schaltet der Körper im Schlaf in einen Ruhemodus, der mit einem Leistungstief einhergeht, das durch sinkende Körpertemperatur und erniedrigten Blutdruck sichtbar wird.

Wacht jemand mitten in der Nacht auf, ist seine Stimmung gedrückt, da die aktivierenden und stimmungsaufhellenden Hormone fehlen, sich dafür aber das antriebslähmende Schlafhormon auf einem hohen Niveau befindet. In dieser Hormonsituation erscheint ein Problem deutlich gravierender als am Tag. Der Betroffene verfällt vorrübergehend in eine Art „Mini-Depression“, die nach dem Aufstehen üblicherweise wieder vergeht.


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

Hier finden Sie die PTA-Fortbildung der Ausgabe 02/2024 als PDF-Download.

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