Frau in Yogaposition. © fcscafeine / iStock / Getty Images Plus
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Yoga als Medizin

WIE IM ZOO

Hinab- und hinaufschauender Hund, Kobra, Katze, Taube oder Krokodil… Nein, wir sind nicht im Tierpark, sondern beim Yoga. Es erweist sich immer mehr als ein umfassend wirksames Arzneimittel.

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Die Beliebtheit der altindischen Bewegungs- und Geisteslehre ist seit Jahrzehnten ungebrochen hoch. Derzeit praktizieren knapp 16 Millionen Bundesbürger regelmäßig Yoga, Tendenz steigend. Dabei handelt es sich keineswegs um einen Modetrend. Denn was den Geist auf Reisen schickt und die Seele zur Ruhe bringt, regeneriert und heilt den Körper nachhaltig auf allen Ebenen. Das erkennen immer mehr Menschen und wollen auf ihre regelmäßigen Yoga-Übungen nicht mehr verzichten.

Enormes therapeutisches PotenzialRegelmäßig betrieben, werden durch Yoga-Übungen – den so genannten Asanas – Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke beweglicher und geschmeidiger. Zudem wird der gesamte Körper besser durchblutet, Muskelverspannungen gelöst, Rücken, Beine und Bauch gekräftigt. Die Übungen schulen das Körperbewusstsein und die Konzentration auf die Bewegungsabläufe bewirkt obendrein eine tiefgehende Entspannung. Zugleich mit dem Körper profitiert also auch die Psyche. Angesichts all dieser Vorzüge verwundert es nicht, dass die Tradition des Yoga bis heute lebendig geblieben und international gepflegt wird.

Medizinische Bestnoten für Yoga Daran, dass die einzelnen Yoga-Stellungen jeweils tiefgehende Wirkung haben und nachweislich Reaktionen im Organismus auslösen, lassen zahlreiche Studien keine Zweifel mehr: Sie wirken direkt auf Organe, Nervensystem, Knochen, Muskeln und Gelenke sowie auch auf das fein abgestimmte Zusammenspiel der Hormone. Fasst man die wissenschaftliche Datenlage zusammen, zeigt sich, dass die altindischen Übungen so effektiv wie Medizin bei ganz unterschiedlichen Beschwerden sind. Nachfolgend gleich ein paar Beispiele dafür.

Angesichts der Bestnoten auf dem wissenschaftlichen Prüfstand stufen inzwischen so einige Krankenkassen Yoga als wirksamen Therapie- und Präventionsansatz ein. Was zum Üben benötigt wird, sind eine Yoga-Matte, bequeme Kleidung und etwa zwanzig Minuten Zeit. Bitte darauf achten, dass seit der letzten Mahlzeit zwei Stunden vergangen sind. Denn ein voller Magen steht belastend im Weg …

Uralte Tradition

Was Vitalität und Wohlbefinden rundum steigert und wirksam bei diversen Erkrankungen ist, hat eine lange Geschichte. Der Begriff Yoga und entsprechende Übungen tauchen bereits in alten indischen Schriften aus der Zeit von zweihundert vor bis vierhundert nach Christus auf. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich dann die verschiedenen heute bekannten Yoga-Techniken. Sie haben alle das gleiche Ziel: das Erlangen einer höheren Bewusstseinsstufe durch „Zügeln des ewig unruhigen Geistes“. Dies besagt das alte Sanskrit-Wort „yui“, von dem der Begriff Yoga abstammt und der übersetzt soviel wie zügeln und anjochen bedeutet.

Bauch-Yoga Yoga-Übungen helfen bei Verdauungsproblemen und Magen-Darm-Beschwerden? Logisch, schließlich sorgen sie dafür, dass sich der gesamte Bauchraum entkrampfen und entspannen kann. Davon profitieren Magen und Darm enorm. Hier vier bewährte Übungen aus dem Bauch-Yoga

Fersensitz

  • Auf der Matte mit dem Po auf die Fersen setzen.
  • Beim Einatmen den Oberkörper vom Po aufrichten, die Arme nach oben und hinten strecken und dabei den Kopf in den Nacken legen. Der Po wird angespannt.
  • Jetzt die Arme wieder zurückholen, über Kreuz vor der Brust herabsenken (Selbstumarmung) und beim Ausatmen mit dem Po zurück auf die Fersen sinken.
  • Fünfmal wiederholen.

Gefaltetes Blatt 

  • Auf die Matte knien und dann mit dem Oberkörper auf die Oberschenkel sinken. Die Knie dabei zusammenhalten und die Stirn sanft auf dem Boden ablegen.
  • Die Arme über dem Kopf ausgestreckt ablegen, mit den Handrücken auf dem Boden.
  • Einige Minuten tief ein- und ausatmen, dann wieder langsam aufrichten.
  • Viermal wiederholen.

Schulterbrücke

  • Mit dem Rücken auf die Matte legen, beide Beine anziehen und die Handflächen nach unten legen.
  • Beim Einatmen den Rücken und das Becken langsam vom Boden abheben – Wirbel für Wirbel von unten nach oben bis zu den Schultern.
  • Beim Ausatmen Becken und Rücken wieder Wirbel für Wirbel zurück auf den Boden legen.
  • Dreimal wiederholen.

Rückenschaukel

  • Rücklings auf die Matte legen und beide Beine zum Oberkörper ziehen.
  • Die Beine mit beiden Armen umfassen und so langsam nach links und rechts schaukeln. Einmal zum Abschluss der Übungen sowie zwischendurch zur Lockerung.

Schädliches Bauchfett schmelzen Die Rettungsringe am Bauch haben sich als besonders gefährlich entpuppt. Denn Bauchfett ist aktiv: Es schüttet Hormone aus, die sich ungünstig auf den Stoffwechsel auswirken. Deshalb sollten vor allem Fettpolster am Bauch verschwinden. Eine überaus wirksame Maßnahme dafür ist Yoga. Das belegt unter anderem eine Studie aus Indien, dem Ursprungsland der Übungen: Die Körperzusammensetzung wird umfassend verbessert. Das betrifft den Body Mass Index (BMI), den Taillenumfang, das Verhältnis von Taillen- und Hüftumfang sowie den sogenannten Bauchvolumenindex, ein Maß zur Bestimmung der Körperrundungen. Die besonders gut zur Bekämpfung von Bauchfett geeigneten Übungen sind die eben zum Bauch-Yoga vorgestellten.

Wider das Metabolische Syndrom Immer mehr Menschen weltweit sind von dieser gefährlichen Stoffwechselkonstellation betroffen. Auch dagegen hat Yoga einiges im Köcher. Denn es senkt einen zu hohen Blutdruck und lässt überflüssige Kilos purzeln. Das gilt vor allem für Übungen, bei denen die Atmung aktiviert wird. Zudem reduziert Yoga wie eben dargestellt den Taillenumfang und reguliert das Gleichgewicht der sogenannten Adipokine. Diese Substanzen entstammen den Fettzellen und spielen eine entscheidende Rolle beim metabolischen Syndrom. Durch regelmäßiges Yoga kommen sie auf ihren richtigen Level zurück.

Statt Schmerzmittel Yoga kann Schmerzen nachhaltig lindern – das haben mehrere Studien unabhängig voneinander gezeigt. Die Wirkung ist unter anderem bei Kniearthrose, rheumatoider Arthritis, Nackenschmerzen und Fibromyalgie der von gängigen Schmerzmitteln ebenbürtig. Neben der Schmerzlinderung erhöht Yoga die Schlafqualität und die körperliche wie psychische Belastungsfähigkeit. Besonders hilfreich für Schmerzpatienten sind sogenannte Haltungsübungen. Dabei werden bestimmte Muskelgruppen angespannt, aber nicht in ihrer Position verändert. Das erfordert Konzentration auf Körperstellung und Muskeltonus, was eingefahrene Bewegungsmuster auflöst und so Schmerzen reduziert.

Hormon-Yoga Bestimmte Yoga-Positionen sollen die Hormonbildung anregen, indem sie gezielt jene Organe und Drüsen stimulieren, welche die Botenstoffe des Körpers produzieren – Nebennieren, Schild- und Hirnanhangsdrüse, sowie bei Frauen die Eierstöcke und bei Männern die Hoden. Basierend darauf wurde Hormon-Yoga entwickelt. Es soll den Hormonhaushalt auf natürliche Weise wieder in sein Gleichgewicht bringen, indem es die Bildung mangelnder Hormone anregt und deren fein abgestimmtes Zusammenspiel reguliert. Entsprechend hat sich Hormon-Yoga inzwischen als sanfte Alternative zu den üblichen Hormonpräparaten und der Hormonersatztherapie in den Wechseljahren etabliert.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 ab Seite 134.

Birgit Frohn, Biologin und Medizinjournalistin

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