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Sehnenerkrankungen

WICHTIGE KRAFTÜBERTRÄGER

Die Sehnen sind ein wichtiger Teil des Stütz- und Bewegungsapparates, denn sie verbinden die Muskeln mit den Knochen. Sie bestehen hauptsächlich aus Kollagen, sind reißfest, aber nicht sehr dehnbar.

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Damit der Körper stabil und gleichzeitig beweglich ist, ist ein fein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von Muskulatur, Knochen und Gelenken erforderlich. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Sehnen und Bänder. Sehnen stellen die Verbindungen zwischen Muskeln und Knochen dar und übertragen die Kraft auf das Skelettsystem. Sie sind an einem Ende am Muskel befestigt, am anderen Ende mit der Knochenhaut oder den Knochen direkt verankert und daher mineralisiert. Lediglich die Zwischensehnen, die in den Muskelfasern liegen, haben keinen Kontakt zu den Knochen und sind daher nicht mineralisiert. Die Muskeln selbst sind nicht an den Knochen angewachsen, sondern benötigen die Sehnen zur Bewegungssteuerung und Kraftübertragung. Die Bänder hingegen verbinden Knochen mit Knochen und geben dem Körper Halt.

Starker AufbauDas Sehnengewebe ist sehr stabil und kann hohe Zugkräfte aushalten, eine Achillessehne bewältigt beispielsweise das Zehnfache des Körpergewichts. Die Festigkeit ist auf die Bindegewebsfasern aus Kollagen zurückzuführen, die einzelnen Fasern sind in Bündeln zusammengefasst und von einer Sehnenhaut umgeben. Man differenziert zwischen Zugsehnen wie der Achillessehne, die in die Bewegungsrichtung des Muskels zieht, und den Gleit- oder Drucksehnen, die um einen Knochen herum führen und auf Druck reagieren – ihre Wirkrichtung ist nicht mit der des Muskels identisch.

An einigen Körperstellen ist der Druck extrem hoch, daher unterstützen die Sehnenscheiden die Sehnen an diesen Stellen. Bei den Sehnenscheiden handelt es sich um Hüllen aus Bindegewebe, welche beispielsweise dort lokalisiert sind, wo die Sehnen durch enge Tunnel aus Knochen oder Bändern verlaufen oder über Knochenvorsprünge gespannt sind. Im Inneren der Sehnenscheiden befindet sich Flüssigkeit, damit die Sehnen leicht hindurchgleiten und sich besser bewegen können. Außerdem bewahren die Schleimbeutel die Sehnen vor einer zu hohen Reibung

Geduld erforderlich Insbesondere bei Über- oder Fehlbelastungen kann es zu Verschleißerscheinungen kommen, sie haben oft kleinste Verletzungen im Gewebe zur Folge, die im schlimmsten Falle dazu führen, dass die Sehne reißt. Die Sehnenscheiden sind häufig von schmerzhaften Entzündungen betroffen. Grundsätzlich gilt: Der Regenerations- und Heilungsprozess einer verletzten Sehne ist stets langwierig, unter anderem aufgrund der geringen Durchblutung der Sehnen. An den knöchernen Muskelansätzen treten mitunter Sehnenansatzentzündungen (Insertionstendopathien) durch übermäßige Belastungen auf. Sie entstehen oft durch sich wiederholende Bewegungen beim Sport oder bei der Arbeit. Im Sehnenansatz bilden sich Risse, die bei einer andauernden Belastung nicht ausheilen und in welche sich im Verlauf Kalk einlagert.

Die Sehne verdickt sich und verliert an Elastizität, weitere Reizungen und damit verbundene Schmerzen sind die Folgen. Zu den typischen Sehnenansatzbeschwerden gehört das Patellaspitzensyndrom: Es entwickelt sich durch Fehlbelastungen beim Sport (riskante Sportarten: Laufsport, Hoch- und Weitsprung) an der Patellasehne, die den Oberschenkelmuskel über die Kniescheibe mit dem Schienbein verbindet. Die Entzündungen können auch die Sehnenansätze an der Schulter (Supraspinatussehnensyndrom), an der Hüfte (Trochantertendinose), an den Ellbogen (Tennisarm) oder am Fuß (Plantaraponeurose, Fersensporn) betreffen. Die Diagnostik der Erkrankungen ist mittels bildgebender Verfahren möglich, therapiert wird mit entzündungshemmenden Medikamenten oder Methoden wie der Stoßwellenbehandlung, selten ist eine Operation notwendig. Haben sich die Beschwerden verbessert, vermeiden Betroffene am besten die Belastungen, die zu der Problematik geführt haben.

Schmerzhaft und druckempfindlich Sehnenscheidenentzündungen sind äußerst schmerzhaft, schränken die Beweglichkeit stark ein und sind auf Überbelastungen beim Sport oder im Alltag (mechanische Tendovaginitis) zurückzuführen. Gelegentlich sind Schwellungen sichtbar und der betroffene Bereich reagiert empfindlich auf Druck. Seltener sind Entzündungen aufgrund von Erkrankungen (wie der Rheumatoiden Arthritis) oder aufgrund des Eindringens von Erregern in die schützende Umhüllung. Die Diagnostik ist ebenfalls per Bildgebung möglich, im Anschluss empfiehlt der Arzt in der Regel eine konservative Behandlung (stabilisierende Schienen, schmerz- und entzündungshemmende Arzneimittel, Kühlung).

Bei chronischen Verläufen ist gegebenenfalls ein operativer Eingriff indiziert, bei dem der Chirurg entweder Teile der Sehnenscheide entnimmt oder die Engstelle durch Spaltung beseitigt. Die Schwellungen der Sehnenscheiden können zu einem Karpaltunnelsyndrom führen. Dabei hat der Nerv im Bereich des Handgelenkes nicht genügend Platz und wird eingeklemmt, typische Symptome sind Kribbeln, Taubheitsgefühle und Schmerzen. Besondere Formen der Tendovaginitis sind die Tendovaginitis stenosans de Quervain sowie der Digitus saltans (Schnappfinger), beide Typen beziehen sich auf die Fingersehnen.

Der Heilungsprozess einer Sehnenerkrankung dauert meist drei Monate oder länger und fordert viel Geduld.

In Bewegung bleiben Unter einer Tendinopathie versteht man eine nicht-entzündliche Erkrankung der Sehne oder deren Ansatz. Ist der Sehnenansatz betroffen, spricht man von einer Enthesiopathie. Über- und Fehlbelastungen, Übergewicht, Verschleißerscheinungen oder Leistungssport (vor allem Ballsportarten mit schnellen Richtungswechseln) zählen zu den häufigsten Auslösern der schmerzhaften Veränderungen der unteren Extremitäten. Die Beschwerden machen sich zunächst während der Belastung bemerkbar, später auch im Ruhezustand. Oft sind die Sehnen geschädigt, die mit starken Muskeln verbunden sind – etwa die Patella- oder Quadrizepssehne. Kunden mit Tendinopathien sollten sich aufgrund ihrer Schmerzen nicht in vollständige Ruhe begeben, sondern die Belastung der Sehne zunächst verringern.

Ansonsten drohen eine Versteifung der Sehne, ein Funktionsverlust sowie die Abnahme der Muskelkraft. Die körperliche Ertüchtigung sollte langsam und kontrolliert (am besten im Rahmen einer Physiotherapie) stattfinden, von Sprints, Sprüngen oder schnellen Richtungswechseln ist abzusehen. Auch die Dehnung der Sehne ist nicht sinnvoll, da sie zu einer Druckbelastung des Übergangs zwischen Sehne und Knochen führt, die wiederum der Sehne schadet. Lassen die Schmerzen allmählich nach, darf die Belastung vorsichtig gesteigert werden.

Der Heilungsprozess dauert meist drei Monate oder länger, bis die Sehne ihre Stabilität und Funktionsfähigkeit wiedererlangt hat – somit ist viel Geduld von Seiten Betroffener gefragt. Die Stoßwellentherapie kann die Regeneration der Sehne unterstützen, eine Operation ist in sehr wenigen Fällen erforderlich. Tendinopathien, die nicht behandelt werden, bergen das Risiko, dass die Sehne schließlich ein-, ab- oder durchreißt. Gesunde Sehnen rupturieren in der Regel nicht so schnell, hierfür bedarf es einer enormen Krafteinwirkung, die beispielsweise bei Unfällen zustande kommt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2020 ab Seite 56.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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