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Tee zur Winterzeit

WÄRMT DIE SEELE, HÄLT GESUND

Der chinesische Kaiser Shen-nung kochte schon 2690 vor Christus sein Wasser ab, um es gleich darauf heiß zu trinken. Doch der Wind wehte ein Zweiglein aus dem Palastgarten in den Kessel. Das Wasser wurde zu Tee.

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Der Zweig vom Strauch Camellia sinensis schrieb damit Geschichte und bescherte den Chinesen ein neues Schriftzeichen: Übersetzt „tscha“ bildete er die Grundlage für ein kultiges Getränk, das einen Siegeszug rund um die Welt antrat, allerdings erst geraume Zeit nach dem Erlebnis des Kaisers, der sein Wasser übrigens aus hygienischen Gründen erhitzte. 4500 Jahre behielten die Chinesen ihr Wissen für sich, bis 1823 in der indischen Provinz Assam zufällig wild wachsende Teesträucher entdeckt wurden.

Heiß, feucht und kalt Dort fand die Pflanze das Klima, das sie so sehr liebt: Tropische Hitze, eine hohe Luftfeuchtigkeit und kalte Nächte in Verbindung mit den Monsunregen lassen sie wachsen wie nirgendwo sonst auf der Erde. Auch in Ceylon, dem heutigen Sri Lanka, fand sie ähnliche Bedingungen. Und so bilden die drei Anbaugebiete – Assam, das indische Darjeeling und Ceylon heute noch die Hauptertragsgegenden für die Teetrinker aus aller Welt. Vorerst sah es jedoch nicht danach aus.

Erst die „Kaffee-Katastrophe“ bescherte dem Tee den Durchbruch. Eine Rattenart, Kaffeeratte genannt, fraß um die vorletzte Jahrtausendwende mit Vorliebe Blätter, Zweige und sogar die Stämme der Kaffeebäumchen, die die englischen Pflanzer im für sie ungewohnten subtropischen Klima unter so viel Mühen angepflanzt hatten. Und dann kam auch noch der Rostpilz Hemileia vastarix – 7000 Sack Kaffeebohnen, das war die armselige Ernte des Jahres 1900 auf Ceylon.

Neue Wege Fast alle Pflanzer waren ruiniert und wanderten aus. Einer hielt durch: James Taylor, ein junger Schotte, versuchte es mit Tee. In jahrelanger Kleinarbeit experimentierte er mit Pflanzenhybriden und wurde schließlich belohnt. Neidisch erkannten die Ausgewanderten, dass der junge Mann es mit seiner Ausdauer dazu gebracht hatte, zum Pionier des Teeanbaus auf Ceylon zu werden, noch dazu eines sehr guten, vollmundigen und kräftigen Tees.

Und der war ein kostbares Gut. Als Prinzessin Katharina von Braganza aus Portugal zu ihrem künftigen Gemahl Charles II. nach England segelte, brachte sie ihm als Hochzeitsgabe vier Pfund Tee mit. Das war 1662 noch ein königliches Geschenk. Als später die Produktionsraten sich steigerten, starteten die berühmten englischen Tee-Clipper mit ihren riesigen Segeln und den schnittigen Aufbauten von den Anbaugebieten Asiens über die Weltmeere ins Heimatland.

Endlich Tee! Ihre Ankunft war jedes Mal ein Volksfest. Und die Engländer verliebten sich in den Tee, der bis heute ihr Nationalgetränk geblieben ist. Ausdruck dafür ist die „Mincing Lane“, eine schmale Straße in London, auf der 1834 die erste Tee-Auktion der Welt stattfand und die heute noch die Teebörse und die Lagerhäuser der großen Tee-Importeure beherbergt.

Ausgeklügelte Methoden Welken, Rollen, Trocknen – das sind die traditionellen Herstellungsschritte, um die Blättchen des Teestrauchs lagerfähig zu machen. Beim Rollen werden die Zellen des Blattes aufgebrochen, während der nachfolgenden Oxidation (früher: Fermentation) Feuchtigkeit zugeführt, danach trocknet ein Heißluftgebläse die nun braunschwarz gefärbten, gekrümmten Pflanzenteile.

Grüntee unterscheidet sich vom oben beschriebenen Schwarztee insofern, als dass keine Oxidation stattfindet. Der Oolong, eine zarte, nussig-blumig schmeckende Sorte, wird nur halb fermentiert.

Die feine, englische Art Um die Zubereitung entbrannten ganze Wissensschulen. Wir Europäer halten es meist mit der englischen Art, jedenfalls beim Schwarztee: Ein Teelöffel loser Tee pro Tasse wird mit eben noch kochendem Wasser (95 °C) begossen und drei Minuten ziehen gelassen. Wer es lieber nicht so anregend mag, lässt ihn auch länger ziehen. Als Teegeschirr verwendet man eine Kanne, in der nichts als Tee gebraut wird.

WER TRINKT DEN MEISTEN TEE?
In Deutschland sind das die Ostfriesen! Sie trinken 300 Liter im Jahr, zwölfmal soviel wie der Rest der Republik. Sie haben einen Tee, der ihren Namen trägt und aus kräftigen Assam-Sorten besteht. Dazu gibt es „Kluntjes“ (Kandis) und das „Wulkje“ (etwas Sahne). Weithin bekannt ist auch das Teeservice „Ostfriesische Rose“.

Puristen lassen niemals Spülmittel an sie, nur heißes Wasser, woraufhin sich mit der Zeit eine schwärzliche Kruste um das Kanneninnere legt. Nicht-Puristen stellen die Kanne von Zeit zu Zeit in die Geschirrspülmaschine. Grüntee mag kein kochend heißes Wasser. Wer seinen Wasserkocher nach dem Sprudeln ungefähr drei Minuten offen stehen lässt, kommt auf eine Wassertemperatur von 70 °C und das reicht den unfermentierten Blättern, die man dann zwei Minuten ziehen lässt.

Trinkbare Wunderwaffe Überhaupt, Grüntee. Das Deutsche Grüne Kreuz hat einmal gesammelt und belegt, warum der ganz besonders gesund ist. Regelmäßig getrunken, helfen die in ihm enthaltenen Antioxidanzien, das Krebsrisiko zu reduzieren. Deren Potenzial übersteigt sogar Vitamin C um das Hundertfache und Vitamin E immer noch um das 25-fache. Er schützt das Herz, indem er den Cholesterin- und Fettstoffwechsel günstig beeinflusst, er sorgt nämlich dafür, dass das LDL, das „schlechte“ Cholesterin, sinkt.

DIE GESCHICHTE DES TEEBEUTELS
Thomas Sullivan erfand 1904 den Teebeutel. Wie so manche bahnbrechende Erfindung geschah das eher unabsichtlich: Er hatte eine Riesenmenge Tee zu verkaufen und wollte dies seinen Kunden schmackhaft machen. Er verpackte daher kleine Portionen in Seidenpapier und gab diese Proben kostenlos ab. Die Engländer waren davon so begeistert, dass sie sich die Seidenbeutel einfach in die Tasse legten und aufgossen.

Manche nennen ihn ein „Wunder gegen Fettleibigkeit“; grüner Tee begrenzt nachgewiesenermaßen die Aufnahme von Glukose in die Fettzellen, verhindert einen zu steilen Anstieg des Blutzuckerspiegels und hält den Stoffwechsel im Gleichgewicht. Die trinkbare Wunderwaffe wirkt gegen Bluthochdruck, verzögert den Ausbruch von Alzheimer, schützt vor Parkinson und Arthritis, baut Stress ab.

EGCG knackt Eiweiß Catechine, Antioxidantien, Polyphenole, Flavonoide, das L-Theanin; all diese Wirkstoffe sind im Grünen Tee reichlich vorhanden. Besonderes Augenmerk richten Forscher dabei auf den Stoff Epigallocatechingallat, kurz EGCG genannt. „Erste Ergebnisse sind vielversprechend“ meldete der Spiegel schon 2012 und zeichnete den Fall eines Patienten nach, der an einer Amyloidose litt. Bei dieser Erkrankung lagern sich Eiweißklumpen zwischen den Zellen ab. Täglich zwei Liter Grüntee halfen dem betroffenen Schulmediziner sein Leiden zu überwinden.

Schneller Kick oder sanftes Anschieben Teein oder Koffein – ein wahrer Glaubenskrieg entbrannte im Lauf der Zeit um dieses pflanzliche Alkaloid. Die schlechte Nachricht: Teein gibt’s gar nicht, es ist, chemisch gesehen nichts anderes als Koffein. Die gute Nachricht: Das im Tee enthaltene Koffein wirkt eben doch anders. Und das liegt daran, dass die Gerbstoffe, die sich während der Fermentation der Teeblätter gebildet haben, das Koffein binden. Diese Bindung muss im Magen erst wieder aufgehoben werden. So kann der Organismus die Wirkstoffe langsamer resorbieren. Das Koffein im Tee wirkt also länger.

Eisen und Tee – nein danke Die Gerbstoffe sind übrigens auch in anderer Hinsicht wichtig: Jede PTA sollte wissen, dass Eisentabletten und der Morgenkaffee oder -tee nicht zusammen passen. Denn das Eisen heftet sich wie ein Magnet an die Gerbsäure und wird unverrichteter Dinge wieder ausgeschieden. Deshalb der Tipp an den Kunden: Eisentabletten lieber zum Mittagessen nehmen! Die Alternative wäre, auf den morgendlichen Koffein-Kick zu verzichten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/15 ab Seite 130.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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