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Hörsturz

URSACHE UNBEKANNT

Von leichtem Hörverlust bis zu fast völliger Taubheit – der Behinderungsgrad beim Ohrinfarkt kann individuell stark variieren. Bei dem nach neueren Daten gar nicht so seltenen Problem besteht noch großer Forschungsbedarf.

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Viele mögliche Ursachen können zu einer akuten Innenohrschwerhörigkeit führen; definitionsgemäß handelt es sich um einen Hörsturz, wenn dieses auch Schallempfindungsstörung genannte Phänomen plötzlich und ohne erkennbare Ursache auftritt. Werden beispielsweise die Sinneszellen durch ein extremes Lärmereignis, wie einen Knall, geschädigt , ist dies kein Hörsturz. Die Hörverschlechterung kann auf bestimmte Schallfrequenzen beschränkt sein – oder aber alle Tonhöhen gleichzeitig betreffen; außerdem kommen verschiedene Schweregrade vor.

Lokale Durchblutungsstörungen im Innenohr sowie Entzündungsprozesse sind vermutete Ursachen. Auch eine Autoimmungenese wird als möglicher Mechanismus diskutiert. Als Risikofaktor gilt Stress; gelegentlich werden auch Diabetes und Fettstoffwechselstörungen genannt.

In der Regel ist nur ein Ohr betroffen. Begleitet wird der Hörverlust oft von Ohrgeräuschen (Tinnitus) und/oder Schwindel. Auch ein Druckgefühl im Ohr oder eine gesteigerte Lärmwahrnehmung (Hyperakusis) erleben manche Betroffene. Mögliche Folgen sind Ängste und eine reduzierte Lebensqualität.

HNO-ärztliche Untersuchung wichtig Hinter einer plötzlichen Hörbeeinträchtigung können sich unzählige verschiedene Krankheiten verbergen – vom Fremdkörper im Gehörgang oder einem Ohrenschmalzpfropf bis zum Mittelohrerguss oder Entzündung des äußeren Gehörgangs.

Möglich ist auch eine Entzündung im Nasen-Rachen-Bereich, die eine Tubenbelüftungsstörung (Tubenkatarrh) auslöst. Und verschiedenste Infektionserkrankungen von Masern und Mumps bis zur Borreliose können auch das Innenohr in Mitleidenschaft ziehen. Der Hörsturz zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht mit Schmerzen verbunden ist.

Um Hirntumore (z. B. ein Akustikusneurinom) auszuschließen, die ebenfalls mit einer akuten Hörminderung einhergehen können, kann der Arzt eine Magnetresonanztomografie (MRT) veranlassen. Nach heutiger Auffassung ist der Hörsturz kein Notfall; dennoch sollte zeitnah ein Arztbesuch stattfinden.

Therapie: wenig belegt, manches hilfreich Da es in bis zu 70 Prozent der Fälle zu einer Spontanremission kommt, wird empfohlen, ein bis zwei Tage abzuwarten. Bei starker Schwerhörigkeit und zusätzlichen Missempfindungen wie Störungen des Gleichgewichtssinns sowie großem subjektivem Leidensdruck behandelt man aber lieber gleich.

Das Problem: Für keines der verschiedenen Verfahren, die traditionell angewandt werden, wurde bisher eine eindeutige Wirksamkeit nachgewiesen. Da die Hörstörung aber zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen kann, sollte zumindest ein Behandlungsversuch unternommen werden – schließlich gibt es Hinweise, wonach sich das Gehör unter bestimmten Maßnahmen erholt. Wie groß der Effekt der üblicherweise eingesetzten Methoden allerdings tatsächlich ist, lässt sich auch wegen der hohen Selbstheilungstendenz kaum feststellen.

Rheologika, Kortikoide, Sauerstoff … Meist versuchen Ärzte, mit Hilfe von Infusionen kolloidaler Lösungen (Plasmaersatzmittel) wie Hydroxyethylstärke (HES) oder niedermolekularen Dextranen beziehungsweise des vasodilatorisch wirkenden Pentoxifyllin die Fließeigenschaften des Blutes zu verbessern. Damit kann das Hörvermögen bei einem Teil der Patienten zu einem gewissen Grad zurückgewonnen werden. Im Fall von HES ist es wichtig, dass eine Gesamtdosis von 300 Gramm nicht überschritten wird sonst besteht die Gefahr, dass ein quälender, nicht behandelbarer Juckreiz ausgelöst wird.

Unter der Annahme, dass dem Krankheitsgeschehen Entzündungsvorgänge zugrunde liegen, sollten Glukokortikoide hilfreich sein; damit würden auch vorhandene Schwellungen im Hörorgan zum Abklingen gebracht. Auch hierzu ist die Datenlage widersprüchlich, die Erfolgsaussicht unklar. Um höhere Konzentrationen im Innenohr zu erreichen, spritzen inzwischen viele Ärzte das Steroid auch direkt in die Paukenhöhle (intratympanale Injektion).

Bei der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) verbringen die Patienten mehrere Sitzungen unter erhöhtem Umgebungsdruck in einer speziellen Druckkammer, in der sie reinen Sauerstoff atmen. Das Verfahren gilt als „Reservetherapie“, wenn andere Versuche fehlgeschlagen haben. Es ist teuer und wird von den gesetzlichen Kassen nicht erstattet.

Nach einer Übersicht der unabhängigen Cochrane Collaboration wurde damit in kleineren und nicht dem wissenschaftlichen Standard genügenden Studien das Gehör der Patienten verbessert, sofern die Maßnahme innerhalb von zwei Wochen nach Beginn der Störung eingesetzt wurde. Als unterstützende Maßnahme wird meist empfohlen, dass die Patienten sich in einer ruhigen Umgebung erholen; eine Krankschreibung wird für dringend nötig erachtet.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 128.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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