Ölbäume © danymages / iStock / Getty Images
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Kulturpflanzen

URALTER BAUM MIT HOHER WERTSCHÄTZUNG

Der Ölbaum ist eine seit vielen Jahrtausenden kultivierte Pflanze. Während fast jeder seine schmackhaften Früchte, die Oliven, und das daraus gewonnen Öl kennt, sind Zubereitungen seiner Blätter eher eine Rarität.

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Weltweit werden etwa 300 verschiedene Ölbaum-Varietäten zur Gewinnung von Speiseoliven und Olivenöl angebaut. Hauptlieferant ist Spanien, ferner Italien und Griechenland sowie nordafrikanische Mittelmeerländer.

Hoher Symbolcharakter Schon in der Antike war der Ölbaum, oder auch Olivenbaum (Olea europae), aus der Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae) im Mittelmeerraum eine geschätzte Kulturpflanze. Das aus den Olivenfrüchten gewonnene Öl diente vor allem als Nahrungsmittel, Brennstoff und zur Körperpflege. Darüber hinaus lieferte der Baum wertvolles Holz und spendete Schatten. Gleichzeitig galt Olea europaea im antiken Griechenland als heiliger Baum, der der Göttin Athene geweiht war. Auch die Bibel sprach ihm eine besondere Symbolkraft zu. So kehrte die Taube mit einem Ölzweig im Schnabel als Symbol des Friedens nach der Sintflut zur Arche Noah zurück. Die Symbolik des Friedens ist bis heute erhalten geblieben, erkennbar beispielsweise an der Flagge der Vereinten Nationen, auf der ein Ölbaumzweig die Weltkugel umrankt.

Charakterpflanze Der immergrüne Ölbaum prägt als eines der wichtigsten Gewächse der Mittelmeerländer die Landschaft des Mittelmeerraums. Er kann etwa 20 Meter hoch werden und bildet eine weit ausladende, lichte Krone. Allerdings sind die in den Olivenhainen kultivierten Bäume in der Regel viel kleiner. Sie werden durch regelmäßigen Schnitt niedrig gehalten, damit sich die Oliven leichter ernten lassen.

Typisch für den Ölbaum sind sein knorriger Stamm, der im höheren Alter rissig wird und sich dreht, sowie seine schmalen, oberseits graugrünen, unterseits silbrig weiß schimmernden, gegenständig an den Zweigen sitzenden, ledrigen Blätter. Die Blütezeit des Ölbaums erstreckt sich von April bis Juni. Es bilden sich gelblich-weiße Blüten, die rispenartig an blattachselständigen Kurztrieben sitzen. Sie bringen nach Windbestäubung von Oktober bis Dezember zahlreiche einsamige Steinfrüchte, die Oliven, hervor. Die elliptisch bis kugelförmigen Früchte werden bis zu vier Zentimeter groß und sind zunächst grün (unreif) und später im voll ausgereiften Zustand schwarz.

Langlebig und widerstandsfähig Ölbäume sind optimal an ihre trockene Heimat angepasst. Die Sternhaare auf der Blattunterseite sind ein wichtiger Teil ihrer Überlebensstrategie. Sie vermindern die Wasserabgabe des Baumes, indem sie Kondenswasser auffangen, das vom Blatt nachts, wenn sich seine Spaltöffnungen öffnen, aufgenommen wird. Darüber hinaus tragen die bis zu sieben Meter langen Wurzeln zur ausreichenden Wasserversorgung bei, mit deren Hilfe der Baum sich Wasser aus der Tiefe der kargen Böden holt.

Seine langen Wurzeln sorgen zudem für Halt in den teilweise unwägbaren Anbaugebieten. Obwohl der Baum nur geringe Ansprüche an Boden und Klima stellt, ist er dabei äußerst vital. So kann ein Ölbaum mehrere hundert Jahre alt werden und während seiner gesamten Lebenszeit, selbst wenn sein Stamm im Laufe der Jahre aushöhlt, kontinuierlich neue Äste austreiben und Olivenfrüchte hervorbringen. Der älteste in Europa bekannte Ölbaum wächst auf Kreta und ist schätzungsweise 3000 bis 5000 Jahre alt.

Begehrte Früchte Ein Baum kann im Jahr einen Ernteertrag von 60 bis 65 Kilogramm Oliven liefern. Allerdings können sieben bis zwanzig Jahre vergehen, ehe ein Ölbaum Früchte trägt. Die Früchte enthalten neben Palmitin- und Linolsäure einen hohen Anteil an der einfach ungesättigten Ölsäure (56 bis 86 Prozent). Zudem finden sich die antioxidativ wirksamen Vitamine A und E sowie Folsäure, verschiedene Mineralien (z. B. Natrium, Kalium) und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Nur ein geringer Teil der Olivenernte (10 Prozent) wird als Speiseoliven vertrieben. Im Rohzustand sind die Früchte wegen ihrer Bitterstoffe allerdings kaum genießbar. Vor dem Verzehr müssen Oliven daher immer in einer Salzlake eingelegt werden, die ihnen die Bitterstoffe entzieht.

Flüssiges Gold Der Großteil (etwa 90 Prozent) der geernteten Oliven wird zu Olivenöl (Olivae oleum) gepresst, das je nach Verfahren in unterschiedliche Qualitätsstufen eingeteilt wird. Höherwertige Olivenöle werden ausschließlich durch schonendes Pressen bei niedrigen Temperaturen gewonnen (kalt gepresst). Sie sind unter der Bezeichnung „Naturreines Olivenöl“ oder „Natives Olivenöl“ im Handel. Nach dem Pressen werden die naturreinen Olivenöle nur noch gereinigt und gefiltert, eine Wärmebehandlung oder chemische Behandlung unterbleibt. Das „Native Olivenöl extra“ („extra virgin“), das aus der ersten kalten Pressung gewonnen wird, ist ernährungsphysiologisch betrachtet besonders wertvoll (oberste Güteklasse).

Durch die schonende Gewinnung bleiben Geschmackstoffe, Vitamine und die ungesättigten Fettsäuren erhalten. Mit seinem hohen Anteil an der einfach ungesättigten Ölsäure trägt es zur Regulierung der Blutfettwerte bei und schützt darüber hinaus vor der Entstehung von Herzinfarkt und Schlaganfall. Nachteil ist die geringe Hitzestabilität. Es ist damit ein sehr leichtes, hellgrünes Öl mit zartem Geschmack, das sich für die kalte Küche eignet. Natives Olivenöl ist aber nicht nur ein gesundes und köstliches Speiseöl.

Es dient zudem der Kosmetikindustrie als edler Rohstoff, der aufgrund seiner Fettsäurezusammensetzung und antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffe Haut und Haare vor Austrocknung und vorzeitiger Hautalterung schützen soll. Daneben gibt es Olivenöle, die bei der Extraktion einer Wärmebehandlung unterzogen und anschließend durch Raffination gereinigt werden. Dabei gehen jedoch viele wertvolle Inhaltsstoffe und das typische Aroma verloren. Diese geschmacksneutralen, raffinierten Olivenöle sind dafür besonders hitzebeständig und können zum Braten, Backen oder Frittieren verwendet werden.

Wirksame Ölbaumblätter Von medizinischem Interesse sind neben dem nativen Olivenöl auch die getrockneten Blätter (Oleae folium) des Ölbaums. Extrakte der Olivenblätter werden in der Volksheilkunde traditionell gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Arteriosklerose sowie bei Gicht und Rheuma eingesetzt. Als Wirkprinzip für die blutdrucksenkende Wirkung wird ein Secoiridoidglykosid, das Oleuropein, angenommen, das blutdrucksenkend, antiarrhythmisch und koronardilatierend wirken soll. Zudem sollen Olacein (das bei der Trocknung der Blätter entsteht) als ACE-Hemmer und 3,4-Dihydroxyphenylethanol als Calciumantagonist wirken.

Darüber hinaus soll Oleuropein eine signifikante Hemmung des mit der Gichtentstehung eng verbundenen Enzyms Xanthinoxidase bewirken. Des Weiteren scheinen auch enthaltene Kaffeesäure und Luteolin sowie Apigenin-7-o-beta-D-glucosid (als Prodrug) zur Wirkung der Ölbaumblätter bei Gicht beizutragen. Während der Kommission E damals ausreichendes wissenschaftliches Erkenntnismaterial zur Erstellung einer Positivmonographie fehlte, hat das HMPC Ölbaumblätter inzwischen als traditionelles Arzneimittel eingestuft. Demnach können Ölbaumblätter basierend auf langjähriger Erfahrung zur Förderung der renalen Wasserausscheidung (Diurese) verwendet werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/19 ab Seite 98.

Gode Chlond, Apothekerin

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