Kartoffeln © npantos / iStock / Getty Images
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Kulturpflanzen

TRADITIONELLER KOHLENHYDRATLIEFERANT

Die Kartoffel ist ein beliebter und gesunder Sattmacher. Heute spielt aber weniger die Frischkartoffel eine Rolle. Vor allem kommen industriell verarbeitete Produkte wie Chips oder Pommes frites auf den Tisch.

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Die Kartoffel (Solanum tuberosum) ist eine krautige Pflanze, die zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) zählt und Wuchshöhen von über einem Meter erreichen kann. Von Juni bis August erscheinen je nach Sorte weiße, rot- oder blauviolette Blüten (Wickel) mit auffallend gelben Staubbeuteln. Als Frucht bildet die Pflanze gelblich-grüne zweikammerige Beeren mit bis zu 150 Samen. Die grünen Blätter der Kartoffel sind unpaarig gefiedert, kleine und große Fiederblättchen wechseln sich ab.

Wichtiges Grundnahrungsmittel Die Kartoffel stammt ursprünglich aus dem südamerikanischen Andenhochland, wo sie den Inkas bereits vor 6000 Jahren als Ernährungsbasis diente. Heute werden Kartoffeln weltweit von den gemäßigten Klimaregionen bis in die Subtropen angebaut. Anfang des 16. Jahrhunderts brachten die Spanier und Engländer die Kartoffel nach Europa, wo sie allerdings zunächst nur als Zier- und Heilpflanze angepflanzt wurde. Erst 200 Jahre später konnte sie sich bei uns als Nahrungspflanze etablieren. Da sie auf fast allen Böden bis in große Höhen gedeiht, hat sich der Kartoffelanbau schnell verbreitet und das Nachtschattengewächs war lange Zeit eine gute und billige Ernährungsgrundlage für breite Bevölkerungsschichten.

Hochwertige Kartoffelknolle Verzehrt werden nicht die Früchte, sondern die unterirdisch wachsenden Knollen. Sie bilden das Speicherorgan der Pflanze und haben der Kartoffel die volkstümlichen Namen Erdapfel oder Erdbirne eingebracht. Dabei handelt es sich nicht um Wurzeln, sondern um Ausläufer aus einer Mutterknolle, die botanisch gesehen Sprosse sind. Diese verdicken sich und bilden die Kartoffelknolle. Darauf nimmt der Artname tuberosum = knolliger (von lat. tuber = die Knolle) Bezug, der in der älteren Version noch den Zusatz esculentum = essbar trägt. Die Kartoffelknolle ist ernährungsphysiologisch sehr wertvoll. Sie enthält nur wenige Kalorien, dafür aber Stärke, Ballaststoffe, hochwertiges Eiweiß, die essenzielle Aminosäure Lysin, so gut wie kein Fett (0,1 Prozent), Vitamine (Vitamin C, B-Vitamine), Mineralstoffe (Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphor, Eisen, Zink) sowie sekundäre Pflanzenstoffe.

Nachlassender Kartoffelkonsum In den letzten Jahrzehnten ist der Kartoffelverzehr in Deutschland kontinuierlich gesunken und die Anbauflächen sind rückläufig. Steigender Wohlstand und ein immer größer gewordenes Angebot an Alternativen (z. B. Nudeln) hat inzwischen dazu geführt, dass die Bedeutung der Kartoffel bei uns wieder gesunken ist. Global betrachtet hat die Kartoffel aber weiterhin einen hohen Stellenwert in der Welternährung, zumal sie nicht wie andere Kohlenhydratlieferanten (z. B. Mais, Reis) zu einer Mangelernährung führt. Während in Südamerika noch heute mehrere Tausend Sorten kultiviert werden, die in Form, Größe, Schalen- und Fleischfarbe variieren, existiert bei uns eine weitaus eingeschränktere Vielfalt. In Deutschland wachsen etwa 200 verschiedene Kartoffelsorten, wobei hiesige Sorten vor allem anhand ihrer Reifezeit in Früh- bis Spätkartoffeln sowie nach ihrem Kochverhalten von mehlig bis festkochend unterschieden werden.

Vorsichtig! Giftig! Alle oberirdischen Teile der Kartoffel enthalten Glykoalkaloide zum Schutz der Pflanze vor Fraßfeinden und Schädlingen, die in hohen Dosen beim Menschen Vergiftungserscheinungen auslösen. Dabei macht Solanin etwa 95 Prozent des Alkaloidgehaltes aus, welches der Pflanze ihren Gattungsnamen Solanum gegeben hat. Aber auch in der essbaren Knolle steckt das giftige Solanin. 30 bis 80 Prozent des Alkaloids befinden sich in beziehungsweise direkt unterhalb der Schale. Die meisten der heutigen Kultursorten weisen jedoch normalerweise einen unschädlichen Solaningehalt (zwischen 1,8 und 9,4 mg Solanin/100 g Knolle) auf.

Erst unter ungünstigen Bedingungen entstehen gesundheitlich bedenkliche Mengen des Alkaloids (35 mg/100g). Vor allem erhöht sich seine Konzentration durch zu lange oder unsachgemäße Lagerung. So lässt eine Aufbewahrung bei Licht oder zu hohen Temperaturen die Knollen sowohl keimen als auch ergrünen und damit giftig werden. Daher sollten immer frische und gut geschälte Kartoffeln ohne grüne Stellen oder Keimanlagen (Augen) gekocht und verzehrt werden. Das Kochwasser eignet sich nicht für eine weitere Verwertung. Vorhandenes Solanin löst sich zwar aus den Kartoffeln, geht aber ins Kochwasser über und bleibt dort erhalten, da es relativ hitzebeständig ist.

Vergiftungserscheinungen Solanin wirkt schleimhautreizend und äußert sich mit Brennen und Kratzen im Hals, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen oder Nierenentzündungen mit blutigem Harn. Bei schweren Verlaufsformen können zusätzlich Bewusstseinsstörungen bis hin zu Störungen der Hirnfunktion, der Atmung oder des Kreislaufs auftreten. Da die Kartoffelalkaloide bei höherer Konzentration gewöhnlich als geschmacklich unangenehm empfunden werden, wird selten von Vergiftungen durch Verzehr ergrünter und dadurch giftiger Knollen berichtet. Vielmehr kommt es zu Intoxikationen durch die Aufnahme der Beeren, wobei diese nur vereinzelt zu schweren Vergiftungen führen, da die Giftstoffe meist spontan erbrochen werden.

Pommes, Chips & Co. Neben der Verwendung der Knolle als Speisekartoffel werden heute vor allem Pommes frites, Chips, Tiefkühlgratin oder andere Kartoffelprodukte verzehrt. Zudem nutzt die Lebensmittelindustrie die enthaltene Stärke zur Herstellung von Ernährungserzeugnissen wie Back-, Teig- und Süßwaren oder Puddings und Saucen. Die Kartoffel ist aber nicht nur in der unterschiedlichsten Form ein Nahrungsmittel. Ein Großteil wird in der Stärkeindustrie zu Papier, Pappe, Kleister, Biokunststoffen oder Baustoffen verarbeitet. Ebenso bedient sich die pharmazeutische Industrie der Stärke und verwendet sie als Pudergrundlage, Füll-, Binde- und Sprengmittel bei der Tabletten- und Kapselherstellung sowie zur Bereitung von Hydrogelen und Pasten.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/18 ab Seite 72.

Gode Chlond, Apothekerin

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