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Tiergesundheit

TIERISCH KOMPLIZIERT!

Herrchen und Frauchen werden selber in der Apotheke rund um ihre Gesundheit gut versorgt. Da liegt es nahe, dass sie sich dort auch für ihre Haustiere Rat holen. Apotheker und PTA sollten entscheiden können, wann das Tier zum Veterinärarzt sollte.

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Heim- und Haustiere zu halten ist „in“. Oftmals sind Hund oder Katze liebgewonnener Familienersatz. Die Zahl der in Haushalten gehaltenen Heimtiere ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Parallel dazu hat sich in unserer Gesellschaft die Einstellung zum Tier verändert. Noch vor einigen Jahrzehnten standen weder der Hofhund auf dem Bauernhof noch in der Nachbarschaft streunende Katzen im Fokus der Pharmaindustrie. Prävention vor Parasitenbefall oder kurative Behandlungen durch den Tierarzt waren eine Seltenheit.

Mittlerweile hat sich ein riesiger Gesundheitsmarkt rund um das Haustier entwickelt, an dem auch die Apotheken beteiligt sind. So leben einer Umfrage zufolge in deutschen Haushalten etwa zwölf Millionen Katzen und sieben Millionen Hunde. Der Umsatz an Antiparasitika in Deutschland lag 2012 bei 140 Millionen Euro mit einem Wachstum von circa 5,3 Prozent.

Abgabe Tierarzneimittel Ebenso wie Medikamente für den Menschen werden Tierarzneimittel in die freiverkäuflichen, apothekenpflichtigen und verschreibungspflichtigen unterschieden. Dabei können die freiverkäuflichen Präparate zur Anwendung an Hunden, Katzen und Kaninchen abgegeben werden, wenn der Verkäufer eine sogenannte Sachkenntnis nachweisen kann. Als sachkundige Personen gelten Apotheker, Ärzte, Tierärzte, Chemiker, Biologen, Drogisten, PTA und Apothekenhelfer.

FRAGEN ZUR ABKLÄRUNG EINES WURMBEFALLS
+ Hat Ihr Tier Auslauf, kontrolliert oder unbeobachtet?
+ Hat Ihr Tier Kontakt zu anderen Tieren?
+ Hatte Ihr Tier Flöhe?
+ Frisst Ihr Tier Mäuse/Ratten/Vögel?
+ Füttern Sie rohes Fleisch oder Innereien?
+ Setzen Sie Ihren Hund zur Jagd ein?
+ Konnten Sie in den letzten Wochen eine Gewichtsabnahme oder Veränderungen des Allgemeinzustands feststellen?

So werden zum Beispiel Sprays oder Shampoos für Hunde und Katzen auch in Tierfachmärkten oder Drogeriemärkten verkauft. Apothekenpflichtige Arzneimittel sind solche, die nur durch eine Apotheke oder den Tierarzt aus der tierärztlichen Hausapotheke an den Verbraucher abgegeben werden dürfen. Diese Präparate unterliegen der Kontrolle und bedürfen einer Beratung durch den Tierarzt oder pharmazeutische Mitarbeiter. Sie sind im Gegensatz zu rezeptpflichtigen Arzneimitteln ohne tierärztliches Rezept erhältlich.

Nach etwa fünf Jahren verlassen viele Präparate die Verschreibungspflicht, gehen über in die Apothekenpflicht und unterliegen dann der kompetenten Beratung durch PTA und Apotheker. Übrigens müssen bei Tieren eingesetzte Arzneimittel grundsätzlich für die Tierart und die zu behandelnde Erkrankung zugelassen sein. In Einzelfällen werden Tiere auch mit Humanarzneimitteln behandelt, wenn es kein gleichwertiges Tierpräparat für diese Indikation gibt – per Gesetz wird diese Situation als „Therapienotstand“ bezeichnet.

Arzneimittel zur Entwurmung, zur Behandlung oder Vorbeugung des Floh- und Zeckenbefalls kommen besonders häufig als Wunsch des Tierbesitzers in der Apotheke vor. Außerdem tritt immer mal wieder die Frage nach Mitteln gegen Pilzbefall oder zur Behandlung von Hautekzemen auf.

Endoparasiten Unter der Sammelbezeichnung „Helminthen“ verstehen Experten mehrzellige endoparasitäre Organismen – laiengerecht gesprochen „Würmer“. Sie werden in Nematoden (Faden- oder Rundwürmer), Cestoden (Bandwürmer) und Trematoden (Saugwürmer) unterschieden. Sie befallen den Wirtsorganismus, leben dort auf Kosten ihres Wirts und bleiben zunächst unbemerkt. Einige Wurmerkrankungen sind als harmlos einzuordnen.

Infizieren sich adulte Hunde oder Katzen zum Beispiel mit Spul- oder Hakenwürmern (aus der Gruppe der Nematoden), gibt es zunächst kaum klinische Symptome, während Welpen schwer erkranken können. Deshalb sorgen Züchter normalerweise immer für die Entwurmung der Welpen, bevor sie sie an einen potenziellen Besitzer abgeben.

Wurmeier im Fell Von großer Bedeutung bei humanem Wurmbefall ist der Bandwurm, der den Menschen vorzugsweise als Zwischenwirt nutzt. Tiere scheiden reiskornartige Wurmglieder mit tausenden von Wurmeiern aus. Diese befinden sich nicht nur in den Exkrementen und in der Afterregion. Katzen putzen sich ausführlich und lecken dabei den Analbereich und anschließend das Fell. So werden Wurmeier für den Menschen nicht sichtbar in das Fell übertragen.

Wird das Tier gestreichelt, ist die Gefahr der oralen Infektion sehr hoch, wenn anschließend nicht die Hände gewaschen werden. Ist ein Bandwurmbefall bekannt, sollte das Tier medikamentös entwurmt, aber auch mit einem entsprechenden Shampoo gebadet werden. Bandwurminfektionen beim Menschen bergen das Risiko für schwere Schädigungen von Leber und Gehirn, bis hin zu tödlichen Verläufen.

Unter den Bandwürmern sind besonders der Fuchs- und Hundebandwurm stark verbreitet. Sie lassen sich mittels einer Kotuntersuchung morphologisch jedoch nicht unterscheiden. So rechnen Experten etwa mit Infektionsraten des Fuchsbandwurms bei 30 Prozent der Füchse in Nordrhein-Westfalen. Personen mit einem besonderen Ansteckungsrisiko sind Jäger, Tierärzte und Landwirte. Auch Jagdhunde, die freies Wild fressen, sind gefährdet.

ACHTUNG SPIELPLATZ!
Nehmen Menschen infektiöse Spulwurmeier oral auf, besteht die Gefahr, dass die Larven Organe befallen und dort ernste gesundheitliche Folgen an den Nervenbahnen, an den Augen und im Gehirn verursachen. Infektionsort ist zum Beispiel auch der Sandkasten auf dem Spielplatz, wenn dort Hunde oder Katzen ihren Kot abgesetzt haben. Bestimmte Hakenwürmer produzieren extrem widerstandsfähige Eier, die auch nach Wochen noch zu Infektionen führen können. Eltern sollten auf die Infektionsgefahr hingewiesen werden und dafür sorgen, dass ihre Kinder anschließend sorgfältig die Hände waschen.

Die Infektion von Hunden und Katzen findet häufig über die Fütterung von Innereien und Schlachtabfällen statt, kann aber auch durch das Fressen eines anderen Zwischenwirtes, zum Beispiel Nagetiere, stattfinden. Auch Beeren, Pilze oder Fallobst aus Regionen, in denen Füchse vorkommen, können kontaminiert sein. Übrigens lassen sich die Wurmeier erst bei Temperaturen über 80 °C abtöten.

Regelmäßig entwurmen Erstes Anzeichen eines starken Wurmbefalls ist eine Veränderung des Allgemeinzustands: Die Tiere nehmen ab, fressen weniger, werden schwächlich und sind weniger aktiv. Wenn Würmer auch Organe befallen und beeinträchtigen, können schwere Erkrankungen des Tieres auftreten. Der Tierarzt kann den Wurmbefall klar diagnostizieren, wenn eine Kotuntersuchung auf Wurmeier gemacht wird. Ein einfacher Test auf Wurmglieder ist der Tesafilmtest. Die Haare werden gescheitelt und ein Tesafilmstreifen mehrmals auf die Haut gedrückt. Anschließend wird der Streifen auf einen Objektträger gegeben und mikroskopiert.

Empfehlungen zur Entwurmung werden von der ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) gegeben. Adulte Tiere, die regelmäßig draußen Auslauf haben, sollten mindestens viermal jährlich entwurmt werden. Dies ist besonders wichtig, wenn Kinder mit dem Tier engen Kontakt haben. Hauskatzen oder Hunde, die kaum Auslauf außerhalb des Hauses haben, benötigen nur alle paar Monate eine Entwurmung.

Welpen können sich bereits im Mutterleib mit Rundwürmern infizieren und werden deshalb schon früh behandelt. Mittel gegen Rundwürmer genügen meistens, da Welpen generell keinen Bandwurmbefall haben. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Sind Welpen bereits von Flöhen, den Zwischenwirten des Kürbiskernbandwurmes befallen, sollten sie auch ab einem Alter von sechs bis acht Wochen ein Bandwurmmittel erhalten. Ansonsten gilt folgendes Schema: Hundewelpen werden zwei Wochen nach der Geburt und danach alle zwei Wochen bis zu zwei Wochen nach Beendigung der Muttermilch entwurmt.

»Halten sich Tiere viel draußen in der Nähe von Büschen und Sträuchern auf, ist die Gefahr von Zeckenangriffen sehr groß.«

Katzenwelpen werden erst drei Wochen nach der Geburt, dann aber ebenfalls zweiwöchentlich bis zwei Wochen nach dem Absetzen der Muttermilch behandelt. Das säugende Muttertier sollte parallel mit der ersten Behandlung der Welpen gegen Spulwürmer therapiert werden. Fenbendazol ist ein Breitbandspektrumanthelmintikum aus der Gruppe der Benzimidazole. Fenbendazol ist geruchs- und geschmackslos, sodass es leicht zu applizieren ist.

Für den Therapieerfolg ist ein ausreichend langer Kontakt mit dem Parasiten erforderlich. Deshalb sollte die Wurmkur an drei aufeinanderfolgenden Tagen erfolgen. Die Abtötung des Parasiten geschieht durch die Schädigung des Zytoskelettes. Der Parasit stirbt ab und wird mit dem Kot ausgeschieden. Febendazol darf allerdings nicht bei trächtigen Tieren angewendet werden!

Praziquantel ist der Wirkstoff der Wahl gegen alle wichtigen Bandwürmer, wirkt aber nicht gegen Rundwürmer. Bei manchen Bandwürmern reicht schon die einmalige Behandlung mit niedriger Dosis, bei starkem Befall sollte länger und höher behandelt werden.

Während Fenbendazol wie die meisten anderen Antihelminthika verschreibungspflichtig ist, können praziquantelhaltige Tabletten oder Spot-on-Präparate als apothekenpflichtige Mittel direkt an den Tierbesitzer abgegeben werden. Wichtig für die Beratung durch PTA und Apotheker ist, dass bei Verdacht auf einen unklaren Wurmbefall an den Tierarzt verwiesen wird.

Flöhe und Zecken Bei den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings denken viele Tierbesitzer wieder an Zecken, Flöhe und Co. Tatsächlich überleben viele Flöhe auch in warmen Wohnungen den ganzen Winter und Flohbefall ist kein Saisonthema mehr. Anders als bei der Behandlung von Endoparasiten ist eine Prävention vor Flöhen und Zecken möglich und eine kontinuierliche Vorbeugung sinnvoll.

Viele Tierbesitzer wissen nicht, dass sich Flöhe nur zu einem geringen Prozentsatz auf dem Wirtstier befinden. Etwa fünf Prozent der adulten Flöhe sitzen auf dem Tier – 95 Prozent der Flohstadien (Eier zu 50 Prozent, Larven zu 35 Prozent und Puppen zu 10 Prozent) befinden sich in der Umgebung. Daraus ergibt sich ganz automatisch die Notwendigkeit, nicht nur Hund und Katze zu behandeln, sondern bei nachweislichem Flohbefall auch eine Umgebungssanierung vorzunehmen.

TIPPS FÜR DIE ERFOLGREICHE FLOHBEKÄMPFUNG
+ 24 Stunden vor und nach dem Auftragen von Spot-on-Präparaten jeden Wasserkontakt (Regen, Baden etc.) meiden.
+ Alle Tiere des Haushalts behandeln.
+ Die komplette Umgebung des Tieres reinigen.
+ Kontakt zu Wildtieren vermeiden, wegen der Gefahr der Reinfektion

Die ersten Symptome beim Wirtstier sind Juckreiz, Unruhe, Fellveränderungen und allergische Hautreaktionen. Hervorgerufen werden die Beschwerden, wenn der Floh mit seinem Stechrüssel in die Haut des Wirtes eindringt und Blut saugt. Der dabei eindringende Flohspeichel löst bei vielen Tieren den unangenehmen Juckreiz aus. Über den Speichel werden außerdem Krankheiten übertragen.

Wenn ein Tierbesitzer in der Apotheke seinen Verdacht auf Flöhe äußert, können PTA und Apotheker einen einfachen Test empfehlen. Das Fell wird mit einem feinen Flohkamm ausgekämmt. Der Kamm wird anschließend auf einem Küchenpapier abgewischt. Flohkot enthält bräunliches Blut und ist so leicht zu identifizieren. Eine gute Prophylaxe gegen Flöhe ist mit Imidacloprid, Fipronil, Lufenuron oder Pyrethroiden möglich. Diese Wirkstoffe werden beim Blutsaugen aufgenommen und wirken neurotoxisch bei ausgewachsenen Flöhen und Larvenstadien.

Ovozid sind die apothekenpflichtigen Mittel gegen Flöhe allerdings nicht. Beim Tierarzt kann der Tierbesitzer Spot-on-Mittel, die auch gegen Larven und Eier wirksam sind, mit den verschreibungspflichtigen Wirkstoffen Selamectin, Indoxacarb oder einer Kombination von Fipronil und Methopren kaufen.

Die Sanierung der Umgebung ist sehr wichtig, deshalb sollten Textilien gewaschen und abgesaugt werden, insbesondere der Schlafplatz. Als Spray können permethrinhaltige Mittel erfolgreich eingesetzt werden. Doch Vorsicht gilt bei Kontakt mit Katzen! Katzen können Permethrin nicht wie Hunde abbauen. Bei Kontakt oder gar der Anwendung eines permethrinhaltigen Mittels für Hunde können Katzen daran versterben.

Vorsicht Zecken Halten sich Tiere viel draußen in der Nähe von Büschen und Sträuchern auf, ist die Gefahr von Zeckenangriffen sehr groß. Zecken gehören zu den Spinnentieren und lieben waldige oder dicht bewachsene Gebiete. Besonders verbreitet sind sie im Frühling, Frühsommer und Herbst. Sie sind nicht nur lästige Blutsauger, sondern auch Überträger von Tierkrankheiten wie Babesiose, Ehrlichose und Anaplasmose. Die Borreliose ist beim Tier weniger als beim Menschen von Bedeutung.

Ähnlich wie auf die Flohbisse, reagieren auch viele Tiere auf Zeckenbisse mit einer allergischen Reaktion. Manch ein Tierbesitzer hat es schon erlebt, dass sein Liebling nach jedem Spaziergang in der Natur voller Zecken ist. Um die Tiere davor zu schützen, sollten Repellents verwendet werden. Chemische Repellents für Menschen sind auch für Tiere geeignet. Ätherische Öle zur Zeckenabwehr sind gut verträglich – zeigen aber nicht immer den gewünschten Effekt. Bevorzugt empfohlen werden Zeckenhalsbänder, Tabletten und Spot-on-Präparate. Letztere sind bei den Besitzern sehr beliebt. Sie enthalten zum Beispiel Fipronil und Methopren oder Permethrin und sind wirksam gegen Zecken und Flöhe.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 14.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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