Frau mit Asthmainhalator. © AntonioGuillem / iStock / Getty Images Plus
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Darreichungsformen

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Dosieraerosole, Vernebler und Pulverinhalatoren sind die drei Möglichkeiten der inhalativen Therapie. Doch um die Compliance hier zu perfektionieren, wird nicht nur ein langer Atem benötigt.

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Die Lunge arbeitet unbemerkt rund um die Uhr. Sie muss den lebenswichtigen Sauerstoff aus einem Luftgemisch filtern, das immer mehr mit Abgasen durchmischt ist. Schon kleine Lungenfunktionsverluste werden sofort bemerkt und gehen unweigerlich mit schwerwiegenden Einbußen der Lebensqualität einher. Trotz eines wachsenden Verständnisses der Grundlagen können noch nicht alle Lungenerkrankungen geheilt werden. Gleichwohl ist es sehr gut möglich mit der richtigen Therapie das Fortschreiten zu verlangsamen und ein großes Stück Lebensqualität wiederherzustellen. Die Voraussetzung ist, abgesehen von der Wahl des geeigneten Wirkstoffs, die richtige Anwendung der jeweiligen Applikationshilfe. Wie bei kaum einer anderen Therapie spielt ein Hilfsmittel so eine große Rolle, wie bei der inhalativen Akutversorgung und Langzeitanwendung.

Wo muss der Wirkstoff hin? Abhängig von der jeweiligen Grunderkrankung werden verschiedene Partikelgrößen benötigt. Aufgrund von Einflussfaktoren wie unter anderem der Partikelgeschwindigkeit, der Inhalationstechnik und der Geometrie der Atemwege ist es in der Regel nicht möglich ausschließlich die benötigte Partikelgröße zu erreichen. Durch den Einsatz verschiedener Applikatoren kann aber eine bestimmte Größe priorisiert werden. Sprays, die vorwiegend eine Teilchengröße von über dreißig Mikrometer erzeugen, wirken in Nasen-, Mund- oder Rachenraum. Die Wirkstoffe von abschwellenden Nasensprays, desinfizierenden Rachensprays oder neutralisierenden Mundsprays sollen genau dort wirken, die Partikelgröße darf also nicht kleiner sein.

Je tiefer sie in die Lunge eindringen, desto höher ist das Risiko eines Asthmaanfalls oder anderer unerwünschter Reaktionen. Diese Teilchengröße unterliegt dem Ablagerungsmechanismus der Impaktion. Die großen Partikel sind sehr träge und können dem Luftstrom nicht folgen. Sie setzen sich auf den entsprechenden Schleimhäuten ab und entfalten dort ihren Effekt. Ist eine Wirkung in tieferen Gebieten der Lunge nötig, sollten die Teilchen eine Durchschnittsgröße zwischen einem und fünf Mikrometer aufweisen. So wandern sie mit dem Luftstrom in die Bronchiolen, die Alveolargänge und schließlich in die Alveolen, wo sie sich dann durch die Sedimentation absetzen.

Dieser Mechanismus ist im Regelfall der gewünschte, wenn Therapien von Asthma oder chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen eingeleitet werden. Ist die Partikelgröße unter 0,5 Mikrometer, wandern die Teilchen zwar bis in die Alveolen, allerdings kommt es hier durch die Diffusion auch zum Übergang ins Blut. Außerdem benötigt diese Größenkategorie länger, um sich abzusetzen. Falls der Patient zu schnell ausatmet, befinden sich die Teilchen noch in der Schwebe und verlassen die Lunge direkt wieder. Auch wenn sich die Teilchen mit der gewünschten Partikelgröße schneller absetzen, sollte bei den meisten Applikatoren nach der Inhalation ein paar Sekunden gewartet werden, bis der Patient wieder ausatmen kann.

Beratungshinweise

+ Zu allen gängigen Inhalatoren stehen Anwendungsvideos kostenlos auf der Internetseite der Atemwegliga zur Verfügung.
+ Druckgas-Dosierinhalatoren müssen vor der Anwendung geschüttelt werden.
+ Beim Austausch von Dosieraerosol, Autohalern und Pulverinhalatoren können pharmazeutische Bedenken geltend gemacht werden.
+ Bedenke Sie: Die inhalative Therapie ist auch ohne Austausch der Präparate eine der Therapien mit dem höchsten Risiko für Non-Compliance. Eine ausführliche Beratung ist hier besonders wichtig.

Wie kommt der Wirkstoff zum Zielort?Für diese inhalative Anwendung stehen grundsätzlich drei Inhalatorarten zur Auswahl. Die Arzneistoffe zur Inhalation liegen in den jeweiligen Inhalatoren in flüssiger oder fester Form vor. Die spätere Applikation kann als Dampf, Aerosol oder Pulver erfolgen. Eine Möglichkeit stellen Druckgas-Dosierinhalatoren dar. Der Wirkstoff befindet sich in einem verflüssigten Treibgas, dessen Siedepunkt unterhalb der Raumtemperatur liegt. Norfluran ist ein Beispiel für ein verträgliches Treibmittel. Bei Ventilöffnung wird die Lösung durch Druck herausgepresst und verdampft direkt. Der Wirkstoff ist dann sehr fein verteilt in den winzigen Gaströpfchen verteilt.

Probleme bestehen hauptsächlich in der Synchronisation von Sprühstoß und Einatmung. Das trifft auch für Autohaler zu. Zwar kann sich hier der Anwender auf die Einatmung konzentrieren, da der Sprühstoß automatisch ausgelöst wird, trotzdem muss er auf die richtige Inhalation achtgeben. Bei vielen Autohalern besteht auch der Nachteil, dass entsprechende Zählwerke fehlen. Die Führung von Listen über die Häufigkeit der Anwendung ist bisher die einzige Möglichkeit, um einen genauen Überblick für die zukünftigen Einsätze zu behalten. Für Kleinkinder und ältere Problempatienten stehen zur Hilfe sogenannte Spacer zur Verfügung.

Diese werden zwischen das Dosieraerosol und den Patienten installiert. Der Wirkstoff kann so in mehreren Atemzügen inhaliert werden und die Synchronisation ist hinfällig. Auf diese Weise verbleibt auch weniger Wirkstoff im Mund- und Rachenraum. Das Nebenwirkungspotenzial sinkt. Auch der Kältereiz der durch das verdampfende Treibmittel entsteht, kann so umgangen werden. Wer trotz des Spacers Probleme mit den Druckgas-Dosierinhalatoren hat, kann auf Pulverinhalatoren ausweichen. In einer großen Auswahl an verschiedenen Inhalatormodellen liegt der Wirkstoff in mikronisierter Form vor. Teilweise benötigen die Wirkstoffe Trägerstoffe, die dann im Rachenraum vom Wirkstoff getrennt werden.

Bei Austausch der Inhalatoren aufgrund von Rabattverträgen sollte streng abgewogen werden, ob der Therapieerfolg weiterhin gewährleistet ist. Insbesondere bei Langzeitanwendern erhöht sich das Risiko, die Therapie zu gefährden, wenn diese die neuen Applikatoren falsch anwenden. Pharmazeutische Bedenken müssen geltend gemacht werden, wenn der Verdacht besteht, dass der Patient zu Hause nicht mit dem Gerät umgehen kann. Bei den Pulverinhalatoren gibt es sowohl Einmalsysteme als auch wiederverwendbare Systeme. Gegenüber den Druckgas-Dosierinhalatoren haben Pulverinhalatoren den Vorteil, dass diese keine Synchronisation der Einatmung und des Sprühstoßes benötigen und keinen Kältereiz auslösen.

Zu beachten ist allerdings der benötigte inspiratorische Fluss, also die Atemkraft, die der Patient aufbringen muss. Die hohen technologischen Anforderungen an die eingesetzten Pulver führen dazu, dass nicht alle Wirkstoffe in dieser Art Inhalator eingesetzt werden können. Die bisherigen beiden Inhalatorarten haben aber einen großen Vorteil. Sie können ohne große Umstände in den Alltag integriert werden. Die dritte Gruppe der Inhalatorarten bilden die Vernebler. Ihre Größe und lange Inhalationsdauer aufgrund der geringen Wirkstoffkonzentration führen leider nicht zu einer großen Beliebtheit.

Demgegenüber steht aber das resultierende Partikelspektrum, das dem der ersten beiden Inhalatorarten überlegen ist. Auch bei Kleinkindern und anderen Problempatienten (zum Beispiel Tieren) bieten Vernebler gute Alternativen, da sie ihre Atmung nicht speziell verändern müssen. Hier ist besonders die Hygiene zu beachten: Das Mundstück und der Verneblerkopf sollten nach jeder Anwendung kurz gereinigt werden, um einer potenziellen mikrobiologischen Verunreinigung vorzubeugen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 ab Seite 130.

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde

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