© Die PTA in der Apotheke
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Tatort Apotheke

THROMBOZYTENAGGREGATIONSHEMMUNG

ASS und Ibuprofen – oder A vor I: Die gleichzeitige Einnahme von Acetylsalicylsäure und Ibuprofen kann zu einer verminderten thrombozytenaggregationshemmenden Wirkung von niedrig dosiertem ASS führen.

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Herr Brandner betritt die Apotheke und verlangt zwei Mal 20 Tabletten Ibuprofen 400. Die PTA erkundigt sich nach dem Anwendungsgrund des Schmerzmittels. Er berichtet von seinen Rückenproblemen, die sich nach mehrfachen Arbeitseinsätzen auf der Baustelle seines Bruders deutlich verstärkt hätten. Einen Termin beim Orthopäden habe er erst in drei Wochen bekommen können.

Bei der Durchsicht der Kundenkartei fällt der Blick der PTA auf ASS 100, die Herr Brandner regelmäßig vom Hausarzt verordnet werden. Sie spricht den Patienten auf die Medikation von niedrig dosiertem ASS an. Herr Brandner erzählt, dass der Arzt ihm nach seiner Bypassoperation vor einigen Jahren diese Tabletten zur Herzinfarktprävention verschrieben habe.

Pharmakologischer Hintergrund Bei der gemeinsamen Einnahme von ASS und Ibuprofen können potenziell zwei Interaktionen auftreten: Einerseits ist das Risiko für gastrointestinale Blutungen erhöht, andererseits kann Ibuprofen zu einer Reduktion der thrombozytenaggregationshemmenden Wirkung von Acetylsalicylsäure führen. Diese zweite Interaktion ist vermutlich eine pharmakodynamische Interaktion, bei der Ibuprofen die Bindungsstelle für ASS an dem Enzym Cyclooxygenase abschirmt.

Dadurch wird ein geringerer Anteil der COX-1 in den Thrombozyten gehemmt – ein anderer Teil kann immer noch aktiv Thromboxan bilden. Diese Wirkung des Ibuprofens hält etwa acht Stunden an. Der blutverdünnende Effekt von Acetylsalicylsäure wird somit reduziert. Bei Patienten, die niedrig dosiertes ASS zur Herzinfarkt oder Schlaganfallprophylaxe erhalten, könnte das Risiko für diese Ereignisse wieder erhöht sein. Im Gegensatz zu Ibuprofen haben nicht-steroidale Antirheumatika wie Diclofenac oder Coxibe dagegen diese abschirmende Wirkung auf die Bindungsstelle in der Cyclooxygenase nicht.

Zurück zu unserem Fall Die PTA erklärt Herrn Brandner, dass es besser sei, mit den Rückenschmerzen zumindest zum Hausarzt zu gehen. Dieser könne abgestimmt auf die sonstige Dauermedikation ein entzündungshemmendes, schmerzlinderndes Mittel verordnen. Sie erläutert dem Patienten, dass eine längerfristige Einnahme von ASS und Ibuprofen zu Wechselwirkungen führen könne. Herr Brandner lehnt den sofortigen Gang zum Arzt aus Zeitmangel ab und fragt, ob er nicht doch die Ibuprofentabletten nehmen kön-ne, die ihm ganz gut helfen. Außerdem hoffe er ja, dass die Beschwerden schnell wieder verschwinden.

Daraufhin rät ihm die PTA, ASS 100 immer mindestens eine halbe Stunde vor den Ibuprofentabletten einzunehmen – und frühestens acht Stunden nach der letzten Ibuprofentablette. „Wenn Sie diesen Einnahmeabstand einhalten, dazu viel trinken und auf Ihren Magen achten, können Sie es erst einmal mit Ibuprofen versuchen. – Merken Sie sich einfach: A vor I – wie im Alphabet! Und zögern Sie nicht, bei anhaltenden Beschwerden Ihren Arzt aufzusuchen. Nehmen Sie sich die Zeit für Ihren Körper, er wird es Ihnen danken!“ 

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 auf Seite 24.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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