Arzt begutachtet Leberfleck mit Lupe. © Wavebreakmedia Ltd / Wavebreak Media / Getty Images Plus
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Krebserkrankungen

STEIGENDE ZAHLEN, ABER BESSERE PROGNOSE

2016 erkrankten hierzulande bereits über 23 000 Menschen an einem malignen Melanom. Doch zum Glück kann diese aggressive Krebsform heute besser bekämpft werden als je zuvor.

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Schwarzer Hautkrebs ist bei Männern heute die fünfthäufigste, bei Frauen die vierthäufigste Tumorerkrankung. Dabei steigen die Zahlen weiterhin stetig an, in den vergangenen zehn Jahren um über 80 Prozent. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die 2008 erfolgte Einführung des Hautkrebsscreenings, die zugleich auch die Heilungschancen massiv verbesserte. Denn hierdurch werden heute zwei Drittel aller Melanome so rechtzeitig entdeckt, dass der Krebs noch nicht gestreut hat und die Betroffenen durch eine Operation vollständig geheilt werden können. Trotzdem rechnen Experten mit einer weiteren Verdopplung der Erkrankungsrate in den nächsten Jahrzehnten, da es durch den Klimawandel zu längeren und heißeren Sommern mit höherer UV-Belastung kommen könnte.

Gefährliche Strahlung Ein Melanom entwickelt sich aus den pigmentbildenden Zellen der Haut oder der Schleimhaut, den Melanozyten. Sie können durch wiederholte, übermäßige UV-Strahlung entarten, sei es durch das Sonnenlicht oder die Nutzung von Solarien. Besonders gefährlich sind dabei Hautschäden in der Kindheit und Jugend, selbst wenn sie sich nicht als Sonnenbrand zeigten. Vom Zeitpunkt der Schädigung bis zum Entstehen eines Tumors können Jahrzehnte vergehen. So beträgt das Durchschnittalter für die Diagnose bei Frauen 67 und bei Männern 60 Jahre.

Vom Pigmentfleck zum Tumor Knapp zwei Drittel der Melanome entwickeln sich aus gesunder Haut, der Rest aus noch gutartigen Leberflecken (Nävi). Ein besonders hohes Risiko für die Erkrankung besteht daher bei Personen mit vielen solcher Muttermale, aber auch bei einer genetischen Vorbelastung wie heller Haut, roten Haaren oder einem Verwandten, der an einem Melanom erkrankt ist. Ob sich ein Pigmentfleck zu einem Melanom entwickeln kann, zeigen bestimmte Auffälligkeiten, die nach der ABCDE-Regel definiert sind:

  • A (Asymmetrie): Leberflecken, die nicht gleichmäßig rund oder oval geformt sind
  • B (Begrenzung): Nicht scharf begrenzter Lebefleck, der an den Rändern ausfranst
  • C (Colour): Das Muttermal weist in sich bereits unterschiedliche Farben auf
  • D (Durchmesser): Der Pigmentfleck ist größer als drei bis fünf Millimeter
  • E (Erhabenheit): Das Muttermal ragt deutlich über das Hautniveau heraus.

Gefährliche Hautveränderungen weisen meist mehrere dieser Symptome auf, außerdem können sie jucken, bluten oder nässen. Und: Sie verändern sich meist recht schnell beziehungsweise treten recht plötzlich auf. Auch wenn ein Muttermal dadurch auffällt, dass es völlig anders aussieht als die anderen, sollte man es auf jeden Fall untersuchen lassen. Ein Hautarzt hat dann die Möglichkeit, mit einem Auflichtmikroskop genauer hinzuschauen und verdächtige, aber noch gutartige Muttermale, direkt zu entfernen.

Im Unterschied zum weißen Hautkrebs kann der schwarze überall entstehen, nicht nur an sonnenbeschienenen Körperstellen.

Viele Erscheinungsformen Ein Melanom ist keineswegs immer schwarz, sondern kann auch bräunlich, rötlich, grau, grünlich oder bläulich sein. Häufigste Form mit etwa 60 Prozent der Fälle ist das superfiziell spreitende Melanom, das sich über lange Zeit flächig ausbreitet, dann aber sehr schnell in die unteren Hautschichten vordringt, wodurch es rasch metastasieren kann. Noch aggressiver ist das knotige noduläre Melanom, das noch rascher und sofort in die Tiefe wächst.

Ein typischer Tumor im höheren Lebensalter ist das Lentigo-maligna-Melanom, das häufig am Kopf an lichtexponierten Stellen, zum Beispiel einer Glatze, auftritt. Das seltene akral-lentiginöse Melanom findet man hingegen an den Extremitäten wie Fingern, Zehen, Nagelbetten, Handflächen oder Fußsohlen. Selten betroffen sind auch die Schleimhäute, wie zum Beispiel im Mund-Rachenraum oder am Auge. Auffällige Veränderungen, die nicht nach kurzer Zeit wieder verschwinden und ulzerieren, stark jucken oder bluten, sollte man untersuchen lassen.

Gute Prognose im Frühstadium Besteht der Verdacht auf ein malignes Melanom, wird der Tumor komplett chirurgisch entfernt. Hierbei wird ein Sicherheitsabstand von ein bis zwei Zentimetern im gesunden Gewebe eingehalten, um das Risiko eines Rückfalls durch möglicherweise noch verbliebene Krebszellen zu minimieren. Liegt die Eindringtiefe des Tumors über einem Millimeter, oder ist er aufgebrochen, werden gleichzeitig die Wächterlymphknoten entfernt und untersucht. Sind sie befallen, hat der Krebs bereits gestreut. Dann ist eine Untersuchung auf Fernmetastasen unumgänglich. Diese können sich rasch überall im Körper ausbreiten, was das Melanom so gefährlich macht. Ein Melanom mit Organmetastasen kann gegenwärtig noch nicht geheilt werden.

Zielgerichtete Therapien verbessern Prognose Neben der Operation kommen je nach Tumorstadium und Rückfallrisiko noch weitere Behandlungen zum Einsatz. Adjuvante Therapien, die ein erneutes Auftreten der Erkrankung verhindern sollen, werden bereits ab Stadium II empfohlen, das heißt, wenn der Tumor mehr als zwei Millimeter dick oder aber dünner ist und keine intakte Oberfläche hat. Eine adjuvante Therapie kann eine Strahlen- oder Medikamentenbehandlung beinhalten, was jeweils individuell entschieden wird. Am häufigsten wird eine Strahlentherapie eingesetzt, um einen Rückfall zu verhindern.

Ab dem Stadium IIA kann, ab Stadium IIB sollte hingegen eine Interferontherapie durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um einen Botenstoff, der die Immunabwehr unterstützt. Sind bereits Metastasen in den Lymphknoten nachweisbar (Stadium III), führt man nach deren Entfernung ebenfalls eine adjuvante Therapie durch. Dabei haben in den vergangenen Jahren zielgerichtete Therapien gute Erfolge gezeigt, wie die monoklonalen Antikörper Nivolumab und Pembrolizumab. Diese Checkpoint-Inhibitoren binden an spezielle Rezeptoren von T-Zellen und regen sie so zum Kampf gegen den Tumor an, eine Abwehrreaktion, die von den Krebszellen normalerweise blockiert wird.

Etwa 50 Prozent der Melanome weisen zudem eine bestimmte Mutation auf, die das Wachstum des Tumors vorantreibt, in dem sie einen Signalweg der Krebszellen dauerhaft aktiviert. Hier kommen ebenfalls zielgerichtete Therapien mit Kinaseinhibitoren wie Dabrafenib und Trametinib zum Einsatz, die bewirken, dass dieser Signalweg wieder blockiert wird. Checkpoint- und Kinaseinhibitoren kommen auch im Stadium IV zum Einsatz, wenn Fernmetastasen vorliegen und keine Heilung mehr möglich ist. Sprechen Patienten auf diese Behandlung an, kann die Krankheit in vielen Fällen über Jahre zurückgedrängt werden. Ist eine zielgerichtete Therapie nicht möglich, kann als weitere Option auch eine Chemotherapie erfolgen.

Nachsorge wichtig Das Rückfallrisiko beim Melanom ist innerhalb der ersten fünf Jahre besonders hoch. Daher ist nach Abschluss der Therapie eine engmaschige Kontrolle von großer Bedeutung. Das Hautscreening sollte in den ersten drei Jahren für Tumoren des Stadiums IA alle sechs Monate, für alle anderen Stadien sogar alle drei Monate durchgeführt werden. Danach wird bis zum zehnten Jahr einmal pro Jahr ein Screening empfohlen. In fortgeschritteneren Stadien kommen zudem regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der lokalen Lymphknoten, Messungen des Tumormarkers Protein S sowie bildgebende Untersuchungen von Kopf, Bauch und Knochen hinzu.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 11/2020 ab Seite 70.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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