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SPORTVERLETZUNGEN

Beim Leistungssport genauso wie bei Freizeitaktivitäten besteht eine hohe Verletzungs- und Unfallgefahr. Wie wird akut therapiert? Welche Tipps können Sie Ihren sportlichen Kunden sonst noch geben?

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Für gesundheitsbewusste Menschen ist die sportliche Bewegung in der Freizeit ein wichtiger Teil der Lebensqualität. Etwa 25 Prozent der Deutschen gehen regelmäßig einer sportlichen Ertüchtigung nach. Zu den beliebtesten Sportarten gehören Fußball, Rad fahren, Turnen und Joggen. Dabei verletzen sich etwa zwei Millionen Sportler pro Jahr. Der größte Teil der Unfälle geschieht bei Wettkämpfen im direkten Duell mit dem Gegner, zum Beispiel bei Zusammenstößen oder Fouls.

Ein Blick in die Statistik der Sportverletzungen zeigt, dass Prellungen und Zerrungen vor Brüchen und Bänderverletzungen an erster Stelle stehen. Je nach Sportart sind unterschiedliche Körperteile verschieden stark betroffen. Fuß- und Kniegelenke sind besonders beim Fußball oder Skifahren gefährdet. Seit der Einführung von Helmen beim Skaten, Ski- und Radsport sind die Kopfverletzungen deutlich zurückgegangen. Neben den akuten Verletzungen treten bei Überbeanspruchung oder falschen Belastungen auch chronische Beschwerden wie der „Tennisarm“ auf.

Blau, schwarz, grüngelb Prellungen sind meistens harmlos, verursachen aber unschöne Hämatome, die erst nach zwei bis drei Wochen wieder verschwinden. Die Blutergüsse entstehen, wenn Blut nach einem Stoß oder stumpfen Schlag in das umgebende Gewebe übertritt. Akut sind die Körperstellen geschwollen und schmerzen. Um diese Reaktion des Körpers in Grenzen zu halten, ist die sofortige Kühlung die wichtigste Akutmaßnahme. Bei leichten Blutergüssen ist der Arztbesuch nicht unbedingt nötig. Bei schweren Verletzungen im Kopfbereich sollte immer der Arzt aufgesucht werden.

Muskel, Sehnen, Bänder Untrainierte und nicht aufgewärmte Muskeln sind besonders anfällig für Zerrungen oder Muskelfaserrisse. Sie können der Dehnung bei ruckartigen Bewegungen nicht ausreichend standhalten. Mikrorisse in den Fasern führen zu einem krampfartigen schmerzhaften Gefühl bei einer Zerrung. Ein echter Muskelfaserriss – typischerweise gekennzeichnet durch einen plötzlichen stechenden Schmerz – entsteht bei extremer Überdehnung, wie sie bei Sportarten mit beschleunigenden und abrupt stoppenden Bewegungen, beispielsweise dem Squash oder Tennis auftreten kann.

Kommt es zu innerer Blutung der abgerissenen Faser, entsteht ein Bluterguss mit einer Schwellung. Dabei ist trotz des Akutschmerzes in der Regel kein großer Schaden entstanden. Das Gewebe heilt schnell. Bei schweren Muskelfaserrissen ist manchmal ein operativer Eingriff notwendig. Für Stabilität und Bewegung der Gelenke sind die Bänder von großer Bedeutung. Je nach Intensität der Belastung treten Überdehnungen, Bänderrisse oder Distorsionen auf. Das verletzte Gelenk schwillt durch den Blutaustritt aus den geschädigten Gefäßen an. Bei einer Verstauchung ist dann noch eine eingeschränkte Belastung – allerdings unter Schmerzen – möglich.

Die Bänder in den Sprunggelenken und im Knie sind bei vielen Sportarten ganz besonders den Belastungen ausgesetzt. Wenn ein Band reißt, spürt es der Sportler an einem kurzen stechenden Schmerz. Häufig wird bei so einer Verletzung auch die Gelenkkapsel in Mitleidenschaft gezogen. Diese umhüllt das Gelenk und stabilisiert es zusammen mit den Bändern. Bei einem Kapselriss kann Gelenkflüssigkeit austreten und Schwellungen verursachen. Am Knie heilt so ein Schaden normalerweise nach einer Zeit der Schonung von alleine. Problematischer sind Kapselrisse im Schulterbereich. Dort sind häufig Operationen und langdauernde Physiotherapie für die Ausheilung notwendig.

SPORTLER-TIPPS
+ WARM UP
Vor Beginn der eigentlichen sportlichen Aktivität steht immer ein generelles Warm up. Zunächst werden mit langsamen großen Bewegungen die Muskeln aufgewärmt. Bei Vereinstrainings oder in der Schule wird das häufig mit Lauf- oder Bewegungsspielen gemacht. Die Aufwärmzeit beträgt für den Freizeitsportler je nach Trainingszustand etwa zehn bis fünfzehn Minuten. Je höher die geplante
Belastung, zum Beispiel vor einem Wettkampf, desto länger ist die Aufwärmphase. Die Muskeln
sollten jedoch höchstens bis zu Hälfte der maximalen Leistungsfähigkeit beansprucht werden.
+ COOL DOWN
Langsame und gleichmäßige Dehnungsübungen helfen, die Muskulatur zu entspannen und einem möglichen Muskelkater vorzubeugen. Ungeeignet sind kurze wippende Dehnbewegungen. Sie erhöhen die Muskelleistung, aber auch die Gefahr für Mikrorisse in den Muskelfasern.

Glatt durch Sportunfälle führen oft zu Frakturen der Extremitäten. Knochenbrüche sind am häufigsten an den Unterarmen, weil die meisten Menschen sich bei Stürzen instinktiv mit den Armen abfangen. Bei einem akuten Bruch wird immer auch das umliegende Gewebe geschädigt, sodass Frakturen mit Hämatomen, Schwellungen und starken Schmerzen einhergehen. Bei offenen Brüchen ist zusätzlich noch die Hautbarriere verletzt und es besteht Infektionsgefahr. Bei der Erstversorgung sollte niemals versucht werden, die Knochen wieder zu richten oder einen Knochen wieder einzurenken. Damit können bleibende Schäden erzeugt werden. Marathonläufer oder Extremsportler, die ihre Beine oder Arme dauerhaften unphysiologischen Belastungen aussetzen, können mit der Zeit Ermüdungsbrüche entwickeln. Mikroskopisch kleine Risse in den Knochen führen irgendwann zu einem Bruch.

Versorgung von Sportverletzungen Nach der Erstversorgung nach dem PECH-Schema sollte auf jeden Fall eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Der Arzt führt spezifische Funktionstests durch und leitet im Zweifelsfall weitere diagnostische Verfahren wie Röntgen- oder Kernspinuntersuchungen ein. Abhängig von der Schwere des Befundes wird therapiert. Bei Bänderüberdehnungen genügt in der Regel eine Stabilisierung des Gelenks mit Bandagen. Das Gelenk darf leicht belastet werden, aber sportliche Aktivitäten sollten einige Wochen ausgesetzt werden.

PECH-SCHEMA
Die Erstversorgung von Prellungen, Hämatomen und Verletzungen der Bänder bedeutet:
Pause Die sportliche Aktivität wird sofort beendet. Der verletzte Körperteil wird ruhig gestellt.
Eis Die Kühlung des verletzten Körperteils bremst die nachfolgende Entzündungsreaktion des Körpers. Gekühlt wird etwa 15 bis 20 Minuten mit Eisbeuteln, kalten Umschlägen oder Kühlkompressen. Dabei sollte das Eis niemals direkt auf die Haut gelegt werden. Eissprays werden nur auf intakte Haut gesprüht.
Compression Um Schwellungen zu vermeiden, wird ein leichter Kompressionsverband angelegt. Er sollte nicht zu straff gewickelt werden.
Hochlagern Der betroffene Körperteil wird möglichst höher als das Herz gelagert.

Ein Bänderriss wird abhängig von der körperlichen Aktivität und dem Alter des Patienten entweder operiert oder mit Bandagen oder Orthesen stabilisiert. Heute wird jedoch nicht mehr sofort operiert. Es ist erwiesen, dass die Ruhigstellung des Gelenks kombiniert mit konsequenter krankengymnastischer Behandlung etwa gleich gute Erfolge bringt wie eine Operation. Frakturen werden gegenwärtig mit Schrauben, Nägeln oder Platten fixiert, sodass der Patient so mobil wie möglich gehalten wird. Noch vor einigen Jahren wurden die betroffenen Körperteile eingegipst.

Wundversorgung Neben stumpfen Verletzungen gehen Sportunfälle häufig mit blutenden Wunden einher. Für die Behandlung gelten die drei wichtigen Schritte: Blutstillung, Desinfektion und Kontrolle des Tetanusschutzes. Kleine unkomplizierte Wunden werden gereinigt und mit einem Standardpflaster abgedeckt. Sprühpflaster eignen sich für unblutige Wunden an beweglichen Körperteilen, während Silberpflaster antibakteriell bei bereits leicht entzündeten Hautarealen wirken. Größere offene Verletzungen müssen mit einem Verband versorgt werden.

Die „Sportler-Apotheke“ zum Mitnehmen für unterwegs sollte neben Material zur Wundversorgung auch entzündungshemmende und schmerzlindernde Salben sowie schmerzstillende Präparate enthalten. Foto: © Gk/www.Shotshop.com

Hilfe aus der Apotheke Unkomplizierte Sportverletzungen werden am besten mit entzündungslindernden und abschwellenden Wirkstoffen behandelt. Häufig ist daneben noch eine analgetischen Wirkung erwünscht. Paracetamol und Acetylsalicylsäure können bei leichten Schmerzen angewendet werden. Doch Vorsicht bei ASS wegen des gerinnungshemmenden Effektes, wenn die Gefahr von inneren oder äußeren Blutungen besteht.

Von den klassischen nichtsteroidalen Antirheumatika sind Diclofenac und Ibuprofen die Mittel der Wahl bei mittelschweren Schmerzen. Sie können als topisch anzuwendende Gele oder Cremes, aber auch in Tablettenform eingesetzt werden. Besonders bei Prellungen und Zerrungen hat sich auch eine Kombination oraler und lokaler Therapie bewährt. Während Gele und Sprays einen eher kühlenden Effekt haben, eignen sich Salben besonders für Okklusivverbände und bei trockener Haut. Auch pflanzliche Extrakte aus Arnika und Beinwell zeigen gute abschwellende und schmerzstillende Wirkungen.

Heparinhaltige Gele und Salben unterstützen die Abbauprozesse bei der Abheilung von Hämatomen. Sie erfüllen ihren Zweck aber erst ein paar Tage nach der akuten Verletzung. Enzympräparate mit Bromelain, einem Enzymgemisch aus der Ananas, reduzieren posttraumatische Schwellungen. Bromelain spaltet das Gewebehormon Bradykinin und führt zu einer Abdichtung der feinen Kapillaren mit einem antiödematösen Effekt. Außerdem wirkt es antiphlogistisch. Homöopathische Komplexmittel, die Verdünnungen von Kamille, Beinwell, Ringelblume und Arnika enthalten, sind ebenfalls eine bewährte Empfehlung zur Abschwellung bei Prellungen und Stauchungen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/11 ab Seite 14.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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