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Endometriose

EINE VON ZEHN

Am 29. September war der bundesweite Tag der Endometriose. Betroffene setzen sich jedoch nicht nur dann dafür ein, die wenig bekannte, aber sehr schmerzhafte Erkrankung ins Blickfeld zu rücken.

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Das Endometrium, also die Gebärmutterschleimhaut, sitzt im Innern der Gebärmutter – sollte man meinen. Wenn sich das Gewebe auch außerhalb seines angestammten Platzes ansiedelt, spricht man von Endometriose. Meist finden sich die gutartigen Wucherungen im unteren Bauchraum, vor allem zwischen den Eierstöcken, der Blase und dem Darm. Die Verklebungen und Verwachsungen, die damit einhergehen, können den Frauen starke Beschwerden bereiten und müssen in manchen Fällen operativ entfernt werden – gegebenenfalls gemeinsam mit Teilen der betroffenen Organe. Endometrioseherde müssen jedoch nicht auf den Bauch beschränkt sein, sie können sich im ganzen Körper versprengt ansiedeln. Das Schleimhautgewebe wächst entsprechend dem Monatszyklus mit und beginnt bei Einsetzen der Periode zu bluten. Kann das Blut nicht abfließen, bilden sich Zysten.

Retrograde Menstruation? Die Ursachen sind bislang nicht bekannt. Einige vermuten, dass der Sog der Eileiter um den Eisprung herum, der eigentlich Spermien die Reise zur Eizelle erleichtern soll, auch Endometrium-Zellen mit sich zieht, die sich dann anheften und vermehren. Andere sehen einen Zusammenhang mit der höheren Anzahl an Menstruationstagen bei Frauen: Durch die früher einsetzenden Monatsblutungen und die geringere Anzahl an Schwangerschaften erleben Frauen heute mehr Zyklen. Statistisch sind Frauen mit kurzen Zyklen häufiger von Endometriose betroffen als Frauen mit langen Zyklen; ein kürzerer Monatszyklus bedeutet ebenfalls über das Jahr gesehen mehr Blutungstage. Auch autoimmune Prozesse könnten hinter der Erkrankung stecken.

In Deutschland leidet etwa eine von zehn Frauen an Endometriose. Allerdings wird die Dunkelziffer wesentlich höher geschätzt, denn bis zur Diagnosestellung vergehen durchschnittlich über zehn Jahre. Das liegt zum einen daran, dass die Beschwerden oft bagatellisiert werden: „Das sind doch nur Regelschmerzen“. Zum anderen ist die Erkrankung vielen unbekannt, selbst Frauenärzte denken bei Dysmenorrhoe nicht zwangsläufig an Endometriose. Oft wird sie erst entdeckt, wenn ein Kinderwunsch unerfüllt bleibt, denn 40 bis 60 Prozent aller Fälle von Unfruchtbarkeit gehen auf Endometriose zurück. Wenn eine Betroffene ihre Beschwerden also verharmlost und selbst Ärzte die mögliche Ursache nicht vor Augen haben – wie soll die Krankheit dann diagnostiziert werden?

Können auch Männer Endometriose haben?

Trans-Personen, die mit einer Gebärmutter geboren wurden, können an den Schleimhautversprengungen leiden, auch nach einer Geschlechtsangleichung. Mehr zum Thema sexuelle Identität erfahren Sie im Beitrag „Sie ist nicht wie Er“ auf Seite 54.

Endo-Awareness Betroffene setzen sich in den sozialen Medien dafür ein, ein Bewusstsein für ihr Leiden zu schaffen. Unter den Hashtags #1von10, #wirsindendo und #endoawareness berichten sie aus ihrem Alltag und machen so auf Endometriose aufmerksam. Eine junge Frau schreibt auf Instagram: „Ja, ich bin stark, versuche es Tag für Tag zu sein. Doch die Schmerzen sind immer da. Unter meiner Bauchdecke fühlt es sich an, als würde sich Lava ihren Weg bahnen, meine Organe, als wenn Stacheldraht herumgeschnürt wurde und man mit einem Brenneisen hineinsticht, mein unterer Rücken, als wäre ein Axtmörder mit Anlauf hineingerannt. (…) Ich werde wegen der Krankheit keine Kinder bekommen können und meine Blase ist auch beeinträchtigt, da sie befallen war.“

Eine andere berichtet: „Mindestens einmal am Tag ist da ein stechender, ziehender Schmerz. Gegen Mitte des Zyklus – happy Eisprung time – schaffe ich es für ein paar Stunden nicht, mich zu bewegen. (…) Aber ich will hier weder jammern noch Mitleid bekommen, sondern etwas verändern. Als ich meine Diagnose bekam, hatte ich bereits einige Jahre Schmerzen.“ Eine weitere junge Frau erzählt davon, wie sie ihrem Mann freudestrahlend mit einem Ultraschallbild vor der Nase herumwedelte. Nicht von ihrem ungeborenen Kind, schwanger werden kann sie nicht, sondern von ihrem Darm. Ein Endometrioseherd ist nicht gewachsen, sie braucht vorerst kein Stoma. Gute Nachrichten!

Den fremden Feind erkennenMit diesen bewegenden Berichten erreichen die Aktivistinnen viele Frauen und junge Mädchen, die von dem Thema zuvor noch nie gehört hatten. Je bekannter die Krankheit wird, umso kürzer wird der Weg der Betroffenen bis zur Diagnose und damit zu einer adäquaten Therapie mit zyklusregulierenden Hormonpräparaten und Schmerzmitteln. Wie ist es in Ihrem Beratungsalltag: Haben Sie eine Frau mit starken, wiederkehrenden Unterleibsschmerzen schon einmal auf Endometriose angesprochen?

Kannten Sie die Krankheit? Für undiagnostizierte Betroffene ist die Aufklärungsarbeit der Endo-Sisters, wie die Social Media-Kämpferinnen sich auch nennen, jedenfalls wertvoll: Einige haben hier erstmals von Endometriose gehört, sie anschließend gezielt bei ihren FrauenärztInnen angesprochen und erst dadurch erfahren, was ihre Schmerzen verursacht.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Frauengesundheit der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 68.

Gesa Van Hecke, PTA/Redaktionsvolontärin

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