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Homöopathie

SEPIA OFFICINALIS

Aufgrund seiner ausgezeichneten Wirkung auf die hormonelle Regulation wird die Arznei bei gynäkologischen Erkrankungen der Frau, aber auch während der Schwangerschaft und Menopause sehr häufig eingesetzt.

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Die Arznei wird aus dem Inhalt des Tintenbeutels von Sepia officinalis gewonnen, einem Vertreter aus der Klasse der Tintenfische. Neben Sepia gehören beispielsweise auch Kalamaren sowie Kraken in diese Gruppe. Sepia lebt vorwiegend in der Nähe des Meeresbodens, in den es sich bei Gefahr blitzschnell eingraben oder durch Farbwechsel nahezu unsichtbar anpassen kann. Das Skelett wurde zu einem flachen Kalkschulp umgebildet, den man häufig als Treibgut an mediterranen Stränden findet. Er dient Kanarienvögeln als Lieferant für Mineralstoffe und Kalk. Das homöopathische Arzneimittel verfügt über ein großes Wirkspektrum, im Mittelpunkt steht aber das hormonelle System der Frau.

Allgemeine Wirkrichtung Etlichen Störungen, die bevorzugt in Phasen hormoneller Veränderungen auftreten, wie während der Regelblutung, in der Schwangerschaft, während der Menopause oder nach einem Abort, sprechen gut auf Sepia an. Kennzeichnend ist ein zunehmender Verlust „vitaler Spannung“ oder von „dynamischen Tonus“, der sich auf verschiedenen Ebenen manifestiert.

Körperlich kann sich die Erschlaffung als Obstipation, Krampfaderleiden, Neigung zu Fehlgeburten, Gebärmutter- oder Rektumprolaps oder in dem für Sepia sehr charakteristischen Gefühl von „Herabdrängen“ der Genitalorgane zeigen. Emotional entwickeln sich Freudlosigkeit, Gleichgültigkeit und ein Gefühl der Überforderung. Mental können Leere, geistige Stumpfheit und Verwirrung bei den Betroffenen im Mittelpunkt stehen.

Gemüt/Stimmung Hinweisend auf Sepia ist die mitunter ausgeprägte Reizbarkeit, die mit der beschriebenen emotionalen Ablösung und Distanzierung einhergeht. Zorn, die Entwicklung eines Streits bei jeder nichtigen Gelegenheit, Schreien und auch Schlagen (der eigenen Kinder) kann die Folge sein.

Allgemeinsymptome Gemeinsam mit den beschriebenen Veränderungen kommt es meist zu Problemen im Zusammenhang mit der Regelblutung beziehungsweise der Sexualität: Allgemeine Verschlimmerung vor oder während der Menstruation, in der Schwangerschaft, durch Geschlechtsverkehr mit Abneigung gegenüber sexuellen Aktivitäten, Furcht schwanger zu werden. Besserung erfolgt durch Ruhe ohne Aufgaben, allein sein und durch körperliche Anstrengung (Sport, Tanzen).

Anwendung Wenn Frauen in Phasen hormoneller Veränderungen mit Erkrankungen reagieren, sollten wir unbedingt an Sepia denken. Eine typische Erkrankung in dieser Phase ist die Entzündung der Genitalorgane begleitet von Ausfluss, Brennen und Juckreiz. Fälschlicherweise werden die Beschwerden fast immer einer Pilzerkrankung zugeschrieben.

Sepia kommt infrage, wenn sich die Beschwerden vor oder nach der Regelblutung und insbesondere durch Geschlechtsverkehr verschlechtern sowie durch kräftige Bewegung oder körperliche Anstrengung verbessern. Charakteristisch ist das herabdrängende Gefühl, „als ob die Genitalorgane aus der Scheide herausfallen könnten“. Für diese Störung sind ebenfalls sehr häufig Kreosotum (sehr starke Wundheit im Genitalbereich mit Brennen wie Feuer, beißendem Schmerz und heftigem Juckreiz) oder Acidum nitricum (die Beschwerden sind überwiegend am Übergang von äußerer Haut zur Schleimhaut lokalisiert, es bilden sich tiefe Risse, aus denen es bluten kann, Absonderungen sind scharf und ätzend) angezeigt.

ZUSATZ-INFORMATIONEN
Bei Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft („Emesis gravidarum“) ist Sepia ebenfalls häufig angezeigt. Der Bauch fühlt sich leer an, Essen führt zu keiner Besserung der Beschwerden! Es kommt zu einer starken Abneigung gegenüber Speisen, schon der Geruch kann mitunter Ekel erregen. Überhaupt ist die Übersteigerung des Geruchssinns in der Schwangerschaft ein Hinweis auf diese Arznei. Im Zusammenhang mit dem oben beschriebenen Muster verwundert es kaum, dass manchmal schon der Geruch des eigenen Mannes nicht ertragen wird!

Bei dieser Indikation haben sich weitere Arzneimittel bewährt: Ipecacuanha ist charakterisiert durch das permanente Gefühl von Übelkeit, nichts scheint zu bessern. Auch Erbrechen bringt keine Linderung. Der Speichelfluss ist meist vermehrt und Schwäche begleitet die Beschwerden. Sehr häufig kommt Nux vomica zum Einsatz. Die Betroffenen haben meist das Gefühl, Erbrechen könnte die Beschwerden lindern - es können jedoch wiederholt nur kleine Portionen, ohne große Erleichterung, herausgewürgt werden. Die Beschwerden werden begleitet von einer Neigung zur Verstopfung mit häufigem, erfolglosen Stuhldrang, Kopfschmerzen sowie einem Gefühl, sich wie vergiftet zu fühlen. Der Morgen ist die schlimmste Tageszeit - im Verlauf des Tages kann es zur Linderung aller Beschwerden kommen. Meist kommt es auch zu einer Veränderung der Stimmung mit zunehmender Reizbarkeit und Ungeduld.

Kommt es Stunden nach einer Mahlzeit zum Erbrechen, begleitet von Übelkeit, bitterem Mundgeschmack und Unverträglichkeit von fetten, sahnigen Speisen spricht alles für den Einsatz von Pulsatilla. Beim Gedanken an die bevorstehende Mutterschaft fühlt sich die Frau schnell überfordert, sie bricht in Tränen aus und sucht Unterstützung und Trost. Sehr heftige Übelkeit und das Gefühl sich „sterbenselend “ zu fühlen, führte schließlich zum Arzneimittel Tabacum. Kalter Schweiß tritt auf die Stirn, das Gesicht wird totenblass, Schwäche und eine Neigung zum Kollaps sind charakteristisch. Frische Luft bringt etwas Linderung, beengende Kleidung und der Geruch von Zigaretten (!) verschlechtern. Tabacum ist gemeinsam mit Cocculus und Petroleum als Mittel gegen Reisekrankheit bekannt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/13 auf Seite 30.

Dr. med. M. Berger, Facharzt für Allgemeinmedizin/Homoöpathie

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