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Säure am falschen Ort

SCHWANGERSCHAFT

Viele Schwangere leiden neben Übelkeit auch an Sodbrennen. Die gute Nachricht: Man kann einiges dagegen tun.

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Brennende Schmerzen hinter dem Brustbein sowie Aufstoßen oder auch ein saurer oder bitterer Geschmack im Mund – etwa jede zweite Schwangere ist davon betroffen. Auch wenn die säurebedingten Magenbeschwerden extrem unangenehm sein können: Bei der überwiegenden Mehrzahl der Frauen sind sie kein Grund zur Beunruhigung. Nur in ein bis zwei Prozent der Fälle weist die Schleimhaut der Speiseröhre durch den Kontakt mit dem ätzenden Magensaft entzündliche Veränderungen auf (Refluxösophagitis). Meist legt sich die Symptomatik nach der Entbindung von selbst.

Hormonelle Umstellungen Zugrunde liegen Veränderungen der Hormonproduktion während der Schwangerschaft: Das vermehrt produzierte Progesteron wirkt relaxierend auf die Muskulatur der Gebärmutter, wodurch Kontraktionen reduziert und so Fehlgeburten verhindert werden. Das Hormon senkt aber auch den Tonus, also den Spannungszustand der Muskeln an anderer Stelle, wie beispielsweise im unteren Bereich der Speiseröhre. Damit wird der Mechanismus, der die Speiseröhre vor dem aggressiven Magensaft schützen soll, geschwächt. Es kann zum Zurückfließen (Reflux) von Magensäure kommen (GERD = gastroesophageal reflux disease), vor allem nach Mahlzeiten, im Liegen oder beim Bücken, wodurch die Beschwerden ausgelöst werden. Hinzu kommt mit zunehmendem Wachstum der Gebärmutter ein höherer Druck im Bauchraum, der das Aufsteigen von Magensaft in die Speiseröhre begünstigt.

Was man raten kann Oft hilft die Umstellung von Gewohnheiten: Die Aufteilung der Nahrungszufuhr auf vier bis sechs über den Tag verteilte kleinere Mahlzeiten verhindert einerseits zu hohe Drücke von der Magenseite sowie andererseits eine Ankurbelung der Säuresekretion als Antwort auf die starke Füllung des Magens. Wichtig ist auch, den Magen ein paar Stunden vor dem Zu-Bett- Gehen nicht mehr zu belasten, denn der Rückfluss findet häufig besonders im Liegen statt.

Helfen kann auch, mit leicht erhöhtem Oberkörper zu schlafen und jede weitere Druckerhöhung durch lockere Kleidung zu vermeiden. Raten Sie Schwangeren zu Zurückhaltung mit säurehaltigen Früchten sowie scharfen Gewürzen. Diese reizen die irritierte Ösophagusschleimhaut noch zusätzlich. Auch kohlensäurehaltige Getränke fördern die Refluxbeschwerden. Erklären Sie Ihrer Kundin auch, weshalb der sonst oft geschätzte Pfefferminztee nicht günstig ist: Er kann, ähnlich wie süße und fette Speisen oder Alkohol, dazu beitragen, dass der Tonus des unteren Ösophagussphinkters gesenkt wird.

Neben Milch, Bananen und Kartoffelbrei soll langsames, gründliches Kauen von Nüssen, Haferflocken oder Weißbrot geeignet sein, überschüssige Säure zu binden. Und Kaugummi kauen regt die Bildung von Speichel an, der als körpereigener Säurepuffer fungiert.

Die Säure neutralisieren Wenn diese Allgemeinmaßnahmen nicht helfen, kann eine Reihe von Arzneimitteln eingenommen werden. Antazida gelten als Mittel der ersten Wahl – vorausgesetzt, es liegt keine Nierenfunktionsstörung vor. Die Medikation sollte aber nicht längerfristig ohne Rücksprache mit dem Arzt genommen werden. Von alten Präparaten auf der Basis von Natrium-Bicarbonat wird abgeraten, da es hierunter im ungünstigen Fall zu einer gefährlichen Entgleisung des Säure-Basen-Haushalts kommen kann.

Magnesiumtrisilikat soll nicht hochdosiert und auch nicht über längere Zeit angewandt werden, um mögliche unerwünschte Folgen für das Kind auszuschließen. Verschiedentlich wird davor gewarnt, Aluminium-haltige Präparate in der Schwangerschaft längerfristig zu verwenden. Eine kurzfristige Therapie damit ist aber wegen der sehr niedrigen Resorptionsrate laut dem unabhängigen Berliner Beratungszentrum für Arzneimittelsicherheit in Schwangerschaft und Stillzeit unbedenklich. Sollte die Schwangere immer wieder säurebindende Medikamente benötigen, empfehlen die Experten Kombinationsprodukte mit Aluminium- und Magnesiumsalzen wie zum Beispiel die Schichtgitterpräparate Hydrotalcit oder Magaldrat.

Mukosaprotektiva und Säurehemmer Das verschreibungspflichtige Sucralfat, das lokal einen Schleimhautschutz aufbaut, wird ebenfalls als sicher angesehen, da es kaum resorbiert wird. Auch ein Versuch mit pflanzlichen Mitteln ist möglich. Weisen Sie Ihre Kundin aber darauf hin, dass auch Phytopharmaka keineswegs per se harmlos sind. Von der Anwendung des Gerb- und Bitterstoffe enthaltenden Kalmuswurzelstocks beispielsweise rät man Schwangeren besser ab, wegen eines möglichen embryotoxischen oder teratogenen (fruchtschädigenden) Risikos.

ANTAZIDA
Sie sollten etwa eine Stunde nach dem Essen oder später genommen werden. Erklären Sie Ihrer Kundin, dass die Medikamente nichts helfen, wenn sie vorbeugend vor einer Mahlzeit genommen werden: Den leeren Magen verlassen sie binnen circa 30 Minuten und können somit die gewünschte
Wirkung zum Zeitpunkt der Säuresekretion nicht mehr entfalten. Zur Einnahme anderer Arzneimittel sollte ein zeitlicher Abstand von circa zwei Stunden eingehalten werden. So wird die Resorption
verschiedener Medikamente durch Komplexbildung beziehungsweise – wie etwa bei Eisenpräparaten
– durch den erhöhten pH-Wert vermindert.

Sollten die Beschwerden trotz allem nicht ausreichend kontrolliert werden, können auch Säurehemmer, die die Säureproduktion des Magens unterdrücken, gegeben werden. Sicherheitshalber ist dann aber in jedem Fall ein Arzt hinzuzuziehen. Bei den H2-Rezeptorantagonisten sollte wegen der größten Erfahrung (und damit höchsten Sicherheit) Ranitidin bevorzugt werden.

In der Stillzeit ist besondere Vorsicht angezeigt: H2-Blocker können in der Muttermilch akkumulieren; bisher ist allerdings noch nichts über negative Folgen für den Säugling bekannt. Bei sonst nicht kontrollierbaren Beschwerden beziehungsweise wenn eine Refluxösophagitis vorliegt, können Protonenpumpenhemmer (PPI) verordnet werden. Nach einer neueren großen Datenauswertung sind darunter keine Schäden für das Kind zu erwarten. Omeprazol ist hier der am besten untersuchte Vertreter.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/12 ab Seite 58.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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