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Schwangerschaft und Stillzeit

SCHUTZ FÜR ZARTE SÄUGLINGSHAUT

Säuglingshaut benötigt eine ganz besondere Pflege. Die Körperhülle der ganz Kleinen ist noch nicht ausgereift und unterscheidet sich deutlich von der Haut Erwachsener.

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Verglichen mit der Erwachsenenhaut zeigt die Haut von Säuglingen signifikante Unterschiede in Struktur, Zusammensetzung und Funktion. In den ersten Lebensjahren fehlt es der Haut an Stabilität und die natürliche Hautschutzbarriere ist noch nicht voll entwickelt. Ober- und Lederhaut sind anfangs nicht vollständig miteinander verzahnt und die Haut ist bis zu fünfmal dünner. Auch sind die Zellen der Hornschicht nur locker aufgeschichtet und der Anteil natürlicher Feuchtigkeitsfaktoren (NMF/Natural Moisturizing Factor) ist deutlich geringer. Die Haut weist daher einen erhöhten transepidermalen Wasserverlust (TEWL) auf, verliert also schnell Feuchtigkeit und neigt zum Austrocknen.

Da die Talg- und Schweißdrüsen noch nicht komplett ihre Funktion aufgenommen haben, ist zudem der Lipidgehalt der Haut gering, wodurch der auf der Hornschicht liegende Hydrolipidfilm (Säureschutzmantel) nur schwach ausgeprägt und noch sehr labil ist. Der pH-Wert liegt zwar bereits vier Wochen nach der Geburt im sauren Bereich, doch verfügt die Säuglingshaut nur über ein geringes Neutralisationsvermögen gegenüber alkalischen Substanzen. Überdies ist die Haut der Kleinsten empfindlich gegenüber Sonnenstrahlen und Kälte. Zarte Babyhaut verträgt keine Sonne, da körpereigene Schutzmechanismen vor UV-Licht, wie Pigmentierung und die Entwicklung einer Lichtschwiele, noch nicht optimal ausgebildet sind. Das Unterhautfettgewebe ist noch lückenhaft und die Vasokonstriktion und -dilatation der Kapillargefäße verlangsamt, sodass die Thermoregulation eingeschränkt ist.

Durchlässige Körperhülle Die Säuglingshaut reagiert daher auf Umwelteinflüsse aller Art noch nicht ausreichend widerstandsfähig und auf hautreizende Stoffe sehr sensibel. Fremdstoffe wie Allergene oder Keime, aber auch Wirk- und Hilfsstoffe aus Arzneimitteln und Pflegeprodukten können im Vergleich zum erwachsenen Organismus leichter in die Haut eindringen. Aufgrund der verhältnismäßig großen Körperoberfläche der Kleinen (mehr als doppelt so groß wie bei Erwachsenen) besteht zudem die Gefahr, dass topisch applizierte Stoffe zu relevanten Blutspiegeln mit systemischen Wirkungen (z. B. bei PVP-Jod) oder lebensgefährlichen Vergiftungen (z. B. Salicylate) führen können.

Weniger ist mehr Prinzipiell sollte zarte Säuglingshaut daher nur wenigen Substanzen ausgesetzt werden. Um sie nicht zu reizen oder gar Allergien auszulösen, sind Reinigungs- und Pflegemittel mit einer möglichst geringen Anzahl an Inhaltsstoffen zu bevorzugen. Vor allem sollte auf Farb-, Duft- und Konservierungsstoffe verzichtet wer- den. Rezepturen, die im schwach sauren hautphysiologischen pH-Wert eingestellt sind, unterstützen die Barrierefunktion des Hydrolipidmantels und damit die noch unausgereifte Schutzfunktion der Haut. Waschlotionen oder Syndets mit saurem pH-Wert sind daher alkalischen Babyseifen vorzuziehen, zumal letztere die Haut zusätzlich austrocknen.

Sanfte Reinigung Gleich nach der Geburt sollten Neugeborene noch nicht mit Wasser gewaschen werden. Es genügt, sie vorsichtig mit einem Handtuch abzutupfen. So wird die Käseschmiere, mit der die Kinder auf die Welt kommen, nicht abgewaschen, sondern sanft einmassiert. Die wachsartige weiße Substanz, die aus Wasser, Proteinen und Lipiden besteht, schützt die Haut der Neugeborenen nicht nur vor Austrocknung und Infektionen, sondern verringert zudem den Wärmeverlust. Sobald sich die Körpertemperatur stabilisiert hat, kann der Säugling mit Wasser gereinigt werden. Dabei ziehen die heutigen Empfehlungen das Baden dem Waschen ausdrücklich vor.

Studien haben gezeigt, dass sich zweimal wöchentliches Baden günstiger auf die Funktion der Hautschutzbarriere auswirkt als ausschließliches Waschen mit dem Waschlappen. Die Verwendung eines milden Badezusatzes mit einem neutralen bis leicht sauren pH-Wert kann zudem die physiologische Funktion der Hautschutzbarriere verbessern. So können fettlösliche Substanzen wie Stuhl- oder Cremereste von der Haut entfernt werden, was mit Wasser allein nicht immer gelingt. Die optimale Raumtemperatur beträgt beim Baden 21 bis 24 Grad Celsius (°C) und die Wassertemperatur 37 bis 37,5 °C. Die Badezeit sollte fünf bis zehn Minuten nicht überschreiten.

Pflege der Windelregion Der Po wird nach jedem Windelwechseln gesäubert. Dabei können neben klarem Wasser ein Babyöl oder Feuchttücher zur vollständigen Entfernung der Stuhlreste notwendig sein. Damit sich keine Windeldermatitis entwickelt, muss vor dem Anlegen einer neuen Windel die Windelregion immer trocken sein. Reicht das Abtupfen mit einem weichen Tuch oder Wattebausch und anschließendes Trocknen an der Luft nicht aus, kann der Windelbereich auch vorsichtig trocken geföhnt werden. Hat sich die Haut trotz aller Vorsichtsmaßnahmen entzündet, kommen spezielle Wundschutzcremes zur Anwendung.

Sie schützen durch ihren hohen Lipidgehalt die Haut vor Kontakt mit aggressiven Substanzen aus Urin oder Stuhl und helfen, den geröteten und mazerierten Bereich wieder trocken und reizfrei zu bekommen. Mittel der Wahl sind W/O-​Emulsionen oder Pasten mit Zinkoxid, die zudem Lebertran enthalten können. Geschätzt werden auch Präparate mit Ringelblumenextrakt aufgrund ihrer entzündungshemmenden und wundheilfördernden Wirkung. Sollte es im feucht-warmen Klima der Windelregion dennoch zu einem Pilzbefall gekommen sein, sind lokale Antimykotika aufzutragen, die einen Windelsoor zuverlässig bekämpfen.

Eincremen Aber nicht nur der Windelbereich, auch Hautfalten bedürfen nach der Reinigung besonderer Aufmerksamkeit, damit Pilzinfektionen und Ekzeme keine Chance haben. Ideal ist ein vorgewärmtes Handtuch, mit dem der Säugling nach dem Baden am ganzen Körper vorsichtig abgetupft wird. Nach der Reinigung applizierte Pflegecremes helfen, die physiologische Barrierefunktion der Haut zu verbessern. Studien zeigen, dass Säuglingshaut nach dem Eincremen einen höheren Feuchtigkeitsgehalt und einen geringeren transepidermalen Wasserverlust aufweist als die Haut von nicht eingecremten Kindern. Daher ist ein mindestens zweimal wöchentliches Eincremen besonders bei Kindern mit atopischer Dermatitis oder einem hohen Risiko für diese Hauterkrankung empfehlenswert.

Es kommen W/O- und O/W-​Emulsionen zum Einsatz, deren Lipidgehalt je nach Jahreszeit stark variiert. Bei kühleren Tem- peraturen benötigt die Säuglingshaut eine reichhaltigere Pflege als im Sommer. Als Lipidkomponente werden in der Säuglingspflege neben pflanzlichen Ölen (z. B. Mandelöl) auch Paraffinöle eingesetzt. Als pflegende Zusätze finden sich Feuchthaltesubstanzen (z. B. Sorbitol), wundheilungsfördernde Stoffe (z. B. Panthenol), entzündungshemmende Pflanzenextrakte (z. B. Kamillenextrakt) und Substanzen mit Radikalfängereigenschaften (z. B. Vitamin E). Das Gesicht sollte bei Kälte mit einer Fettcreme ohne beziehungsweise nur mit einem geringen Wasseranteil (sogenannte „Coldcreme“) geschützt werden. Milchschorf auf der Säuglingskopfhaut wird nicht abgekratzt, sondern mit Babyöl eingerieben. Die gelbe Schuppenschicht löst sich dann beim Waschen allmählich von alleine ab.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/19 ab Seite 130.

Gode Chlond, Apothekerin

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