Wer zuviel tippt, dem kann eine Sehnenscheidenentzündung blühen. © Ralf Geithe / iStock / Getty Images Plus

Tendovaginitis | Prävention

SCHON MAL ÜBER EINE ERGONOMISCHE TASTATUR NACHGEDACHT?

Wer zu viel auf dem Smartphone oder dem Laptop tippt, riskiert unter Umständen eine Sehnenscheidenentzündung. Die Therapie ist für Vielnutzer hart: Sie besteht aus Ruhe und der Abstinenz am Gerät.

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Plötzlich geht nichts mehr. Wenn die Belastungsgrenze erreicht ist, streikt die feine Hülle, die unsere Sehnen vor der Reibung an Knochen und Bändern schützen soll. In diesen Schutzhüllen, den Sehnenscheiden, gleiten die Sehnen bei Belastung mühelos hin und her.

Jedenfalls im Idealfall. Werden sie durch zu häufige Punktbelastung strapaziert, reiben sie innen an der Sehnenscheide, wodurch diese anschwellen und sich letztlich entzünden. Medizinisch wird das als Tendovaginitis oder Peritendinitis bezeichnet. Besonders häufig tritt eine Tendovaginitis am Handgelenk auf, aber auch der Ellbogen, das Knie oder das Sprunggelenk können betroffen sein. Die häufigsten Ursachen sind eben mechanische Überlastungen durch repetitive, meist einseitige Bewegungen am Arbeitsplatz oder beim Sport. „Am Computer-Arbeitsplatz sind die Finger und das Handgelenk beim Schreiben an der Tastatur meist für längere Zeit in Streckstellung gehalten. Beim Arbeiten an der Computermaus leiden hingegen vor allem der Zeige- und Ringfinger“, sagt Dr. Mehmet F. Gülecyüz, Funktionsoberarzt und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation am Klinikum der Universität München. Nicht unproblematisch sei auch die Smartphone-Nutzung. „Aktuell bei Jugendlichen anzutreffen sind Sehnenscheidenentzündungen am Daumen bedingt durch exzessive Handynutzung“, weiß der Arzt. Neben der beruflichen Tätigkeit oder Mediennutzung können auch Sportarten wie Fuß- und Basketball, Hockey, Ballett, Klettern, Rudern, Hanteltraining oder Turnen die Entzündung auslösen. Musiker sind ebenfalls gefährdet. Eine Tendovaginitis kann aber auch bei entzündlichen Gelenkerkrankungen wie Morbus Bechterew oder rheumatoider Arthritis entstehen oder bei bestimmten Infektionserkrankungen.

Meist beginnt die Entzündung schleichend und die Symptome werden so gut es geht ignoriert. Doch dann nehmen die Schmerzen immer mehr zu und die Patienten verspüren zusätzlich eine erhöhte Druckempfindlichkeit über der betroffenen Sehnenscheide: Die Haut darüber rötet sich und ist erwärmt. Hinzu kommen weitere Entzündungszeichen wie Schwellung und eingeschränkte Funktionalität. Typisch sind auch Morgensteifigkeit und Schmerzen in Ruhe.

Je früher ein Patient mit beginnenden Schmerzen den Arzt aufsucht, umso besser, denn dann sind die Betroffenen auch schneller wieder einsatz- und arbeitsfähig. Denn für die Therapie einer Tendovaginitis sind Ruhe und Entlastung essenziell. Patienten sollten, auch wenn es ihnen schwerfällt, für die vom Arzt empfohlene Zeit das betroffene Körperglied schonen und die auslösende Tätigkeit vermeiden. Das heißt, auf den entsprechenden Sport, Hausarbeit oder Tätigkeiten auf der Arbeit muss verzichtet werden. „Fakultativ kann auch eine temporäre Ruhigstellung in einer Gipsschiene oder Orthese Abhilfe verschaffen. „Kühlen und Kompression hilft im Akutfall auch sehr gut“, rät Gülecyüz.

Medikamentös können entzündungshemmende Schmerzmittel wie das nicht-steroidale Antirheumatikum Ibuprofen oral oder topisch zum Einsatz kommen. Der Wirkstoff lindert nicht nur die Schmerzen, sondern sorgt auch dafür, dass die Entzündung schneller abheilt. Injektionen von Cortisonpräparaten oder Lokalanästhetika sind eher selten erforderlich. Reichen Medikamente nicht aus, kann Physiotherapie verordnet werden. Die Patienten lernen dabei Übungen, die Muskeln und Sehnen kräftigen und entlasten. Auch eine Ultraschall- oder Elektrotherapie kann einen Versuch wert sein.

Wenn die Sehnenscheidenentzündung gravierend oder chronisch ist, kommt der Patient manchmal um eine OP nicht herum. Bei dem Eingriff, der ambulant vorgenommen werden kann, spaltet der Arzt das die Sehne bedeckende Band sowie das Dach des Sehnenkanals.

Doch auch danach ist Vorsicht geboten. Eine erneute Fehl- oder Überbelastung kann dazu führen, dass die Beschwerden wieder häufiger auftreten. Mediziner empfehlen, regelmäßig Pausen einzulegen, übermäßige Belastungen zu vermeiden und auslösende Arbeitsabläufe anzupassen. „Am Computer-Arbeitsplatz können außerdem ergonomische Hilfsmittel wie Handgelenkspolster, ergonomische Tastaturen oder eine speziell geformte Computermaus für Erleichterung sorgen“, zählt Gülecyüz auf. Vor dem Sport sollten sich Patienten zudem gut aufwärmen und die Gelenke durch Dehn- und Streckübungen lockern.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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