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Politik

RÜCK- UND AUSBLICK – TEIL 3

Der letzte Teil der Serie endet mit einer Vorschau. Überfällig war die Erhöhung des Apothekenfestzuschlags zum 1. Januar – aber Handlungsbedarf gibt es auch in anderen Bereichen.

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Es dauerte neun lange Jahre und dann fiel die Erhöhung mager aus: Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung wurde zum Jahreswechsel eine Erhöhung des Apothekenfestzuschlages um 25 Cent auf 8,35 Euro vorgenommen. Schon vor Inkrafttreten der Änderungsverordnung war klar, dass der Gesetzgeber bald nachbessern muss, will er die Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln auf dem Land nachhaltig gewährleisten. Gedacht ist an die Einführung einer Nacht- und Notdienstpauschale, die auf unerwartete Schwierigkeiten bei der Ressortabstimmung stieß.

AMG Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat Mitte 2012 einen Entwurf eines 16. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vorgelegt (16. AMG-Novelle). Der Gesetzentwurf enthält Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, den Einsatz von Antibiotika bei der Haltung von Tieren zu reduzieren, um das Risiko der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu begrenzen. Der zweite Durchgang im Bundesrat könnte dann im ersten Quartal 2013 erfolgen.

Medizinprodukterecht Zudem hat die Europäische Union Ende September 2012 eine lang erwartete Medizinprodukteverordnung veröffentlicht, die das Medizinprodukterecht voraussichtlich grundlegend ändern wird. So soll der europäische Rechtsrahmen zukünftig nicht mehr durch national umzusetzende Richtlinien, sondern durch unmittelbar geltende Verordnungen bestimmt werden. Medizinprodukte, die Nanomaterialien enthalten oder aus solchen bestehen, sollen per se in die höchste Risikoklasse, Klasse III, eingestuft werden.

Ebenfalls in die Klasse mit höchstem Gefahrenpotenzial sollen Medizinprodukte hochgestuft werden, die dazu bestimmt sind, verschluckt, inhaliert, rektal oder vaginal angewendet werden. In den so genannten grundlegenden Anforderungen, also den Voraussetzungen, die ein Medizinprodukt für das Inverkehrbringen erfüllen muss, sollen für diese arzneimittelnahen Medizinprodukte Kriterien analog der arzneimittelrechtlichen Zulassung festgelegt werden.

Auch die Anforderungen an sonstige Klasse-III-Produkte sollen verschärft werden; so soll eine so genannte Medical Device Coordination Group aus Mitgliedern der Mitgliedsstaaten etabliert werden, welche die Arbeit der benannten Stellen in speziellen Fällen überprüfen soll. Bereits heute ist es Vorschrift, dass staatlich benannte Stellen Produkte der Klassen IIa und höher zusätzlich zur Bewertung des Herstellers zertifizieren. Ein Inkrafttreten der neuen Medizinprodukterechtsverordnung ist Mitte 2014 zu erwarten. Zurzeit wird der Vorschlag im Europaparlament und dem Ministerrat beraten.

GCP-Verordnung Die Europäische Kommission plant zudem, die Bestimmungen für Arzneimittelstudien an Menschen mit dem Ziel neu zu regeln, die Aktivität im Bereich der klinischen Forschung in der EU anzukurbeln. Eine neue, unmittelbar in den Mitgliedsstaaten geltende Verordnung soll die bisherige Richtlinie 2001/20/EG über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln ablösen, wodurch der nationale Umsetzungsspielraum begrenzt würde.

Die wesentlichen Inhalte und Neuerungen des Entwurfes sind ein geändertes Genehmigungsverfahren mit erheblich verkürzten Fristen, eine vereinfachte Antragstellung bei multinationalen Prüfungen und eine Nutzen-Risiko-Bewertung für Studien nur noch durch den federführenden Mitgliedstaat. Der Verordnungsentwurf verzichtet zudem auf die Pflicht, klinische Arzneimittelstudien einer Ethikkommission vorzulegen.

Die Kritik der Bundesärztekammer ließ nicht lange auf sich warten. Sie sieht zentrale ethische Prinzipien verletzt und Einspruchsrechte verletzt. Die forschende Pharmaindustrie hingegen begrüßt die erleichterten und beschleunigten Genehmigungsund Berichterstattungsverfahren. Bis zum Inkrafttreten der Verordnung, voraussichtlich im Jahr 2016, bleibt noch genügend Zeit für Nachbesserungen und Kompromisse.

Pharmapaket Im Jahr 2008 präsentierte der damalige EU-Binnenmarktkommissar Günter Verheugen sein „Pharmapaket” aus mehreren Richtlinien- und Verordnungsvorschlägen. Während zwei Teile des Pakets zu Arzneimittelfälschungen und Pharmakovigilanz längst beschlossen und in Deutschland mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzeimittelrechtlicher und anderer Vorschriften umgesetzt wurden, steht der Teil zur Arzneimittelinformation vor dem endgültigen Aus.

Vorgesehen war, der pharmazeutischen Industrie deutlich erweiterte Möglichkeiten einzuräumen, über verschreibungspflichtige Arzneimittel zu informieren. Dieser Teil des Pakets war von Beginn an heftig umstritten, da der Übergang von Information zu (versteckter) Werbung fließend ist und es nicht an Informationsangeboten mangelt. Schließlich erhält man nicht nur zu Risiken und Nebenwirkungen von Arzneimitteln in jeder Apotheke kompetente Information und Beratung.

Teil 1 finden Sie hier, Teil 2 hier und den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/13 auf Seite 64.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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