© SG- design / fotolia.com

Ostereier

ROT, GELB ODER BLAU?

Auf der Suche nach Naturfarben sind sie alle Jahre wieder gefragt: Ostereierfarben aus Pflanzenteilen. Sie versprechen Genuss ohne Reue, denn sie kommen ohne die bedenklichen Azo-Verbindungen aus.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Es dient der Kundenbindung, wenn die PTA sich auch in diesen Dingen auskennt: Welche Teile einer Pflanze färben besonders gut, wie stellt man einen Sud her und gibt es Tricks, die Färbewirkung zu intensivieren? Denn es gehört für viele Familien immer noch dazu, an Ostern Eier selbst zu färben und damit Nester zu dekorieren oder sie zu verstecken; mittels Kratz-, Batik- oder Ätztechnik werden gar kleine Kunstwerke gefertigt. Mancher möchte dabei nicht auf die zwar praktischen, aber chemisch hergestellten fertigen Farbpulver aus der Drogerie zurückgreifen.

Es muss nicht blass werden Generell gilt, dass Pflanzenfarben weniger intensiv sind als die chemisch hergestellten Pulver. Gibt man Alaun oder Pottasche mit jeweils einem Teelöffel pro Liter in den Sud, erhöht das die Farbwirkung teilweise gigantisch. Doch auch in den pastellfarbenen Naturtönen sehen die handgefärbten Eier schön aus; gerade gesprenkelte oder marmorierte Exemplare kommen dann besonders zur Geltung. Es gibt nur wenige Färbemittel, die das Ei für den Verzehr unbrauchbar machen, dazu gehören Blau, Rot- und Gelbholz sowie die Färberröte oder Krappwurzel (Farbton rot). Sie sind als Lebensmittelfarbe nicht zugelassen, hier sollten ausgeblasene Eier verwendet werden.

Für Kundenfragen gewappnet „Haben Sie schon was da?“ Es ist noch nichts bestellt, die PTA muss sich etwas einfallen lassen. Hier hilft der Blick ins Teeregal und ins Labor: Die Blätter von Birke, Brennnessel und Holunder sorgen für gelbgrün, Goldrute und Kamille für gelb, Ringelblumen für beige. Johanniskraut erzeugt mit sechs Esslöffeln Alaun pro halbem Liter Sud eine leuchtend grüngelbe Schale. Eichenrinde sorgt für dunkelbraune, Wermutkraut, Ysop und Mate für grüne Ostereier und für violett stehen getrocknete Heidelbeeren.

Generell gilt: Der Sud wird mit 30 bis 100 Gramm pro Liter aufgesetzt und bis zu einer Stunde gekocht. Dann abseihen. Die Eier müssen zuvor hartgekocht, die Schale mit Essigwasser abgerieben sein. Wenn sowohl die Eier als auch der Sud noch lauwarm sind, entsteht die beste Farbwirkung; Alaun oder Pottasche nicht vergessen.

Nicht die Hände färben Sieben bis vierzehn Tage alte Eier eignen sich am besten, dann ist die Qualität der Schale optimal. Bio-Eier haben die dickste Schale und weiße Eier nehmen natürlich die Farbe unverfälscht auf. Eichenrinde und andere Wurzelteile wie zum Beispiel Kurkumawurzel (leuchtend gelb) sollten vor Herstellung des Sudes über Nacht eingeweicht werden. Und gegen das Verfärben der Hände ist man mit Einmal-Handschuhen, die jede Apotheke in der Schublade hat, bestens gewappnet. Die Eier werden zum Trocknen auf einen selbstgebastelten Ständer gelegt. Dazu den Deckel eines Eierkartons entfernen, in die Unterseite jeweils Löcher schneiden. Dann den Karton umdrehen und die noch feuchten Ostereier hineinsetzen.

Farbe aus der Küche Zwei Hände voll Zwiebelschalen ergeben eine ganz wunderbare dunkelbraune Schalenfarbe. Wer so klug war und die Schalen der geknackten Weihnachts- Walnüsse aufgehoben hat, verfügt jetzt über ein großes Reservoir eines schwarz-braunen Färbemittels. Und wer sich erinnert, welche Flecken Rotkohl und rote Beete im Tischtuch hinterlassen haben, wird verstehen, dass sich beide Gemüsesorten hervorragend für blaurote Schalen eignen. Rotbuschtee ergibt orange Eier. Hier gilt besonders, dass die Schale vor dem Färbevorgang mit Essigwasser behandelt wird, dann haftet die Farbe besser.

„Ich suche ein tolles, sattes Rot“ Hier gibt’s nur eine Antwort: Cochenillepulver, gewonnen aus Dactylocius coccus, der südamerikanischen Schildlaus. Die spanischen Könige wussten, warum sie sich ihre Roben mit dem damals seltenen leuchtenden Karminrot einfärben ließen, nachdem ihre Seefahrer die (getrocknete) Laus nach Europa gebracht hatten. Der Maler Peter Paul Rubens stellte aus der pulverisierten Form ein besonderes Rot her.

WOHER STAMMT DER BRAUCH?
Es gibt verschiedene Erklärungsversuche:
+ In vorchristlicher Zeit brachte man der Fruchtbarkeitsgöttin „Ostara“ im Frühjahr Opfergaben dar. Eine der Kultgaben: rot gefärbte Eier. Sie sollten die Göttin sowohl für die Ernte auf dem Feld als auch für den menschlichen Kindersegen gnädig stimmen.
+ Katholiken war der Verzehr von Eiern während der vierzigtägigen Fastenzeit verboten. Hühnereier galten als „flüssiges Fleisch“. Also wurde sie gekocht, um sie haltbar zu machen. Um sie von den rohen Eiern zu unterscheiden, färbte man sie bunt.
+ Am Gründonnerstag war Zahltag für die Bauern: der „Zehnte“ wurde fällig. Manche bezahlten den Grundherrn in Naturalien (Zinsei) – die Hühner legten im Frühjahr wie verrückt, es gab einen Eierüberschuss. Als später die Naturaliengaben wegfielen, erhielt sich der Brauch, Eier zu verschenken. Diese wurden bunt gefärbt oder reich verziert.

Cochenille-Rot gilt als das oxidationsbeständigste aller natürlichen Farbstoffe und schlägt damit sogar seine synthetischen Geschwister; es ist als Lebensmittelfarbe offiziell zugelassen. Zwei Gramm Cochenille- Pulver auf einen halben Liter Wasser, 30 Minuten gekocht, reichen, um weißen Eiern ein leuchtendes Pink, braunen ein an Purpur grenzendes Rot zu verleihen. Wer sehr empfindlich ist, kann allerdings auf Cochenille allergisch reagieren.

Zwei Tipps zum Schluss Da Säuren für die Farben eine aufhellende Wirkung haben, kann man dies nutzen, indem man vor dem Färben Ornamente oder Schriftzüge mit einem Wattestäbchen, getränkt mit Zitronensaft oder Essig, auf die Schale anbringt. Wer Muster will, kann das Ei mit Zwiebelschalen umwickeln und es mit einem abgeschnittenen Nylonstrumpf fixieren. Im Farbbad entsteht dann die Zeichnung. Ist das Ei fertig gefärbt, kann man es mit einer Scheibe Speck oder mit Pflanzenöl abreiben, das gibt der Schale Schutz und leuchtende Farben.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/15 ab Seite 132.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

×