PKA-Fortbildung 05-06/11

PRÄVENTIV AKTIV

Wie kann die Apotheke „Prävention“ anbieten? Wie schafft sie es, hierdurch nicht nur als Anlaufstelle für „Krankheit“, sondern für den „Erhalt der Gesundheit“ zu gelten? Und ganz wichtig: Lohnt sich das überhaupt?

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Fakt ist: Eine große Zahl von Apotheken in Deutschland bietet bereits Präventionsdienstleistungen an. Durch intensive Beratung und fundierte Screening-Maßnahmen, durch Patienten-Vorträge und innovative Kooperationen mit Netzwerkpartnern in der näheren Umgebung wird der Weg zur Apotheke als Gesundheitszentrum geebnet, Politik und Krankenkassen unterstützen diesen.

So wurde 2007 das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen gegründet, zum zweiten Mal wird 2011 der Präventionspreis „hauptsache prävention“ als bundesweit ausgeschriebener Wettbewerb für Apotheken vergeben – und selbst Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) betonte auf der 16. Handelsblatt Jahrestagung Health am 30.11.2010, dass bei der beabsichtigten Stärkung der Prävention die Apotheker eine wichtige Rolle spielen sollen. Schließlich hätten die Apotheken mit ihren vier Millionen Patientenkontakten täglich hierzu die notwendige Autorität. Grundlagenwissen über Prävention, stärker unter dem Marketinggesichtspunkt, bei dem sich organisatorisch auch die PKA einklinken kann, liefert dieser Beitrag.

Prävention – was ist das? Prävention (lat. praeventum = zuvorkommen) ist gezielte Vorsorge. Es handelt sich um die Verhinderung von Unerwünschtem, also Maßnahmen zur Verhütung oder Früherkennung von Krankheiten, indem schädliche Faktoren ausgeschaltet werden und eine mögliche Erkrankung möglichst frühzeitig behandelt wird. Praktisch kann sogar in Primär-, Sekundär- und teilweise Tertiärprävention unterschieden werden.

Die Primärprävention setzt möglichst früh an und will der Entstehung von Risikoverhalten bzw. Symptomen zuvorkommen. Aufklärung und Eindämmen von Risikofaktoren wie Fehlernährung, Bewegungsmangel, ungesunde Lebensweise, Suchtverhalten sowie Abwehrmaßnahmen wie Impfungen, Stärkung des Immunschutzes stehen hier im Vordergrund.

Sekundärprävention zielt hingegen auf eine möglichst frühe Erfassung von be - obachteten Risiken beziehungsweise Symptomen. Häufig sind die Patienten allerdings noch ohne Beschwerden, aber der Krankheitsprozess hat schon begonnen und kann durch individuelle Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen und Screenings erfasst werden, sodass durch Ausschalten der Risikofaktoren der Ausbruch der Erkrankung oder Spätkomplikationen verhindert werden können.

Der eher umstrittene Begriff Tertiärprävention bezieht sich auf die Linderung und Rehabilitation nach schon erfolgter Krankheit, was bedeutet den Krankheitsfortschritt aufzuhalten, Arbeitsfähigkeit und Wohlbefinden wieder herzustellen und chronisch Kranke hinsichtlich Lebensführung, Schutzmaßnahmen und medikamentöser Therapie eingehend zu beraten.

Prävention als Chance „In die Apotheke geht man, um Medizin zu holen, wenn man krank ist.“ Noch immer ist diese Meinung in weiten Bevölkerungskreisen verbreitet. Sinkende GKV-Umsätze verlangen jedoch eine Neuorientierung der Apotheke in Richtung „Apotheke als Haus der Gesundheit“. Tatsächlich sind Apotheken häufig erste Anlaufstelle bei Gesundheitsfragen und das gesamte pharmazeutische Personal genießt großes Vertrauen in der Bevölkerung. Ein Engagement im Bereich Prävention ist damit imagebildend.

Eine Apotheke, die Präventiv-Themen forciert aufgreift und nach Außen trägt, signalisiert, dass „gesund werden“ oder „gesund bleiben“ im Vordergrund steht, also die Gesundheit und nicht eine mögliche Krankheit ihrer Kunden ihr primär am Herzen liegt – Gesundheit statt Krankheit als neues Markenzeichen der Apotheke. Die Folge einer entsprechenden Außenkommunikation ist, dass die Apotheke vermehrt auch von gesunden Personen als Anlaufstelle gesucht wird. Sich herumsprechendes Präventions-Engagement wird neue Kunden ansprechen, welche die Apotheke bislang – da sie ja gesund sind oder sich zumindest fühlen – nicht aufgesucht haben.

Gut ein Drittel der Bevölkerung, so repräsentative Umfrageergebnisse, ist stark am Thema Gesundheit und Gesunderhaltung interessiert. Diese Personen sind auch bereit Engagement, Zeit und Geld hierfür zu investieren. Schließlich wollen die Menschen mit ihrer steigenden Lebenserwartung ja nicht nur alt werden, sondern dabei auch gesund bleiben. In Zeiten, in denen die Kosten im Gesundheitssystem stetig steigen und auch für den Verbraucher spürbar werden, wird ein gesundheitsbewusstes Verhalten zunehmend – auch aktiv seitens der Krankenkassen – eingefordert. Mit Zusatzempfehlungen und Zusatzverkäufen kann die Apotheke bei diesen neuen Kunden im wachsenden Präventivmarkt dann auch Umsatzzuwachs schaffen.

Eine auffallende Umgruppierung entsprechender Sortimente in der Freiwahl sowie gute Zweitplatzierungen sind Möglichkeiten, bei denen die PKA punkten kann. Zudem müssen die Kunden in die Sortimente auch bewusst eingeführt werden. Hinzu kommt: Zusätzliche Präventiv-Leistungen der Apotheke, die über das übliche Maß einer Beratung, wie sie in der Apothekenbetriebsordnung definiert ist, hinausgehen, werden nicht mit dem Honorierungsmodell der Arzneimittelpreisverordnung abgedeckt. Werden solche Leistungen unter strikter Einhaltung von Qualitätssicherungssystemen erbracht, darf der Apotheker den objektiven betriebswirtschaftlichen Aufwand ermitteln – und ein Honorar für diese Leistung verlangen.

Einfach anpacken!Der zum Deutschen Apothekertag 2010 erstmals präsentierte Leistungskatalog präventiver Dienstleistungen in der Apotheke („Leistungskatalog für Beratungs- und Serviceangebote in Apotheken“, LeiKa) bietet viele Anregungen. In einzelnen Monographien wird hier zu jeder Leistung unter strikter Beachtung von Qualitätssicherungssystemen sogar das durchschnittliche Zeitvolumen, die erforderliche Qualifikation des Personals, notwendige technische Voraussetzungen und die betriebswirtschaftliche Kalkulationsbasis beschrieben.

Aktiv anbieten kann die Apotheke beispielsweise Aufklärungs- und Beratungsleistung zur Minimierung von Risikofaktoren etwa in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Lebensführung, Stressprophylaxe, Rauchen, Alkohol und Umweltgifte, wobei zum Beispiel für eine individuelle Ernährungsberatung durchaus ein adäquater Obolus vom Kunden verlangt werden kann. Ebenso können Maßnahmen zur Stärkung des Immunsystems und die Notwendigkeit sowie Aufklärung zu Impfungen Thema sein.

Zum anderen sind Messungen wie Blutdruck, Blutzucker, Bestimmung von Blutfettwerten, Body-Mass-Index beziehungsweise Taillen/ Hüftumfang, Knochendichte- (Quantitative Ultraschallmessung) oder Venenmessung (Licht-Reflexions-Rheographie), verschiedenste Urin-Schnellteststreifen ein aktiver Part, mit dem potenzielle Risikopatienten erkannt werden können. Auch Risiko-Score-Auswertungen via Fragebogen sind hier zu nennen. Zusätzlich kann die Apotheke auch als Vermittler für Präventionsangebote agieren, die sie selbst nicht aktiv erbringen kann, wozu beispielsweise Hinweise auf von den Krankenkassen bezahlte Vorsorgeuntersuchungen zählen.

Patentlösungen für die individuelle Umsetzung von „Prävention in der Apotheke“ gibt es allerdings nicht. Von der individuellen Kundenansprache über groß angelegte Aktionen bis zum „Setting-Ansatz“ ist alles möglich. Dem „Setting- Ansatz“ liegt die Annahme zugrunde, dass Gesundheit durch die Schaffung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen positiv beeinflusst werden kann. Personen ohne Eigeninteresse oder solche, die aus benachteiligten Verhältnissen kommen, werden kaum aktiv in die Apotheke kommen. Also besucht der Apotheker oder jemand qualifiziertes vom Apothekenpersonal als „Präventionsberater“ oder gar „-manager“ diese sonst nicht erreichbaren Zielgruppen vor Ort, etwa in Kindergarten, Schule, Gemeinde, Betrieben.

TIPPS UND INTERNETADRESSEN:
+ www.wipig.de – das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen (WIPIG)
+ www.bvpraevention.de – die Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V.
+ „Prävention: Beratungskonzepte für die Apotheke“ von Claudia Peuke, herausgegeben vom Deutschen Apothekerverlag (DSV), nennt unter „Umsetzung im Apothekenalltag“ zu jedem Kapitel Aktions- und Kooperationsideen, Handzettel, Fragebögen sowie Internetadressen.

Auffallen ist Pflicht! Bei den Krankheits- und Todesursachen stehen heute nicht mehr wie früher klassische Infektionskrankheiten im Vordergrund, sondern es sind mehr und mehr Leiden auf dem Vormarsch, die vom Lebensstil des einzelnen deutlich beeinflusst werden können, wie chronische Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, psychisch stressbedingte Erkrankungen, Osteoporose, auch Krebs.

Erfolgreiche Aktionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Interesse und Nachdenken beim Kunden wecken. Wichtig ist es, potenziellen Präventionskunden klarzumachen: Prävention ist kein notwendiges Übel, sondern steigert die Lebensqualität. Vorsorge kann und soll Spaß machen. Dafür sind viele bereit, Geld auszugeben. Gerade für die Umsetzung von Aktionen im Apothekenalltag, die Aktionsdurchführungsplanung, die Planung der Zusammenarbeit mit möglichen Kooperationspartnern, wie umliegenden Ärzten, Fitnessstudien, Sportvereinen, Gaststätten, Selbsthilfegruppen, Mütterberatungsstellen, Hebammen, Reisebüros, Schulen oder anderen geeigneten Netzwerkpartnern vor Ort, das Erstellung von Anzeigen für die Lokalpresse, bei Kunden-Mailings, Handzetteln, sowie bei der Ankündigung und Präsentation in Aufstellern, im Schaufenster und in der Offizin via Flip-Chart samt zugehörigem Sortimentsangebot kann die PKA wertvolle Entlastungsarbeit für den Apotheker leisten. Aktionen, die auffallen, sind schließlich selten Schnellschüsse, sondern müssen groß angelegt und geplant werden.

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/11 ab Seite 96.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin, Journalistin

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