© Jozef Polc / 123rf.com

Ernährung als Medizin

POWER TANKEN?

Was sportlich aktive Menschen am besten essen, darüber kursieren verschiedenste Empfehlungen. Wer sich ausgewogen und abwechslungsreich ernährt, kann jedenfalls nicht allzu viel falsch machen.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Keine Bewegung ohne Muskelarbeit. Um sich mit der dafür nötigen energiereichen Phosphatverbindung Adenosintriphosphat zu versorgen, greift der Muskel in erster Linie auf die Speicherform des Traubenzuckers, das Glykogen, zu. Dieser Vielfachzucker aus Glukose-Molekülen befindet sich hauptsächlich in den Muskeln sowie zum geringeren Teil in der Leber.

Die Energiedepots in den Muskeln reichen für eine intensive körperliche Verausgabung bis zu etwa eineinhalb Stunden. Die Funktion des in der Leber gespeicherten Glykogens dagegen ist es, den Blutzuckerspiegel auf einem konstanten Niveau zu halten. Fett wird zur Energiegewinnung bei niedriger Belastungsintensität und langer Dauer der Aktivität herangezogen oder wenn die Glykogendepots, deren Energie rascher mobilisierbar ist, erschöpft sind. Dieser Weg der Energiebereitstellung ist allerdings langsamer und durch einen hohen Sauerstoffverbrauch limitiert.

Wichtigste Energiequelle für Sportler Günstig sind vor allem komplexe Kohlenhydrate, die meist auch viele Vitamine und Mineralstoffe enthalten: also Vollkornprodukte, Brot, Kartoffeln, Pasta, Hülsenfrüchte und Reis sowie Gemüse und Obst. Diese Lebensmittel sollten in etwa 60 Prozent der Gesamtenergiezufuhr stellen. Normaler Freizeitsport erhöht den Energieverbrauch nur geringfügig. Beim Hobbyläufer reicht es aus, nach dem Training die Flüssigkeits- und Energiereserven wieder aufzufüllen.

Wer dagegen lange, anspruchsvolle Radtouren unternimmt oder große Strecken läuft, benötigt entsprechend mehr „Treibstoff“ – allerdings nicht unmittelbar vor der Anstrengung: Es wird empfohlen, spätestens zwei Stunden vor dem Start die letzte Mahlzeit einzunehmen, damit der Verdauungsapparat während des Trainings nicht zu viel Blut aus der Zirkulation „abzieht“. Kurz vor und auch während eines Rennens können ein kleiner stärkehaltiger Snack etwa in Form einer Banane oder etwas Keks oder auch eine Saftschorle Nachschub liefern.

Geballte Ladung Energie Einfach in der Handhabung während längerer Anstrengungsphasen sind Energieriegel. Bei diesen Produkten gilt es darauf zu achten, dass sie möglichst wenig freie Zucker, also Mono- oder Disaccharide, etwa in Form von Honig, Glukose- oder Fruktosesirup enthalten. Denn solche Zuckerzufuhr löst relativ rasch die Ausschüttung von Insulin aus, welches wiederum den Blutzuckerspiegel schnell und stark absenkt, mit der Folge, dass man sich schlapp und schwach fühlt. Günstig ist eine Zusammensetzung aus 50 bis 70 Prozent Kohlenhydraten – etwa Trockenfrüchte oder Getreide, bis zu 20 Prozent Eiweiß und einem Fettanteil unter 20 Prozent.

Für eine gute Resorption und Verwertung der Nährstoffe ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig. Nach dem Training werden leicht verdauliche kohlenhydratreiche Speisen empfohlen wie Nudeln, Reis oder Kartoffeln, zum Beispiel mit Gemüse oder Quark. Auch Süßes ist zu diesem Zeitpunkt erlaubt: Zu Beginn der Regenerationsphase wird Zucker besonders rasch in Glykogen umgewandelt, die Reserven werden also wieder aufgefüllt.

„Eiweißbomben“ überflüssig Anders als es die Werbung für manche Nahrungsergänzungsmittel suggeriert, brauchen sporttreibende Menschen keine Extraportion Protein. Vielmehr liegt man mit den hierzulande im Durchschnitt zugeführten 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht deutlich über den von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen rund 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Daher ist auch der höhere Bedarf abgedeckt, der sich durch Ausgleichssport ergibt.

ERHÖHTER VITAMINBEDARF
Da sich der Organismus mit einer Steigerung bestimmter Stoffwechselprozesse an die Belastung anpasst, kann es im Leistungssport zu einem höheren Bedarf an Vitaminen kommen. Mit gesunder Mischkost kann man Experten zufolge diesen Mehrbedarf ausgleichen. Besonders auf ihre Vitaminversorgung achten müssen allerdings Athleten, die mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion Sport treiben und daher eine negative Energiebilanz haben (hypokalorische Diät). Vitamin B1 (Thiamin) zum Beispiel kommt eine Schlüsselrolle im Kohlenhydrat-Stoffwechsel und bei der Energiegewinnung zu. Kritisch könnte die Versorgung bei Personen sein, deren Kost in hohem Maße aus Einfach- und Zweifachzuckern besteht (hoher Konsum an Limonade, Marmelade und Honig).

Einen höheren Verbrauch haben allenfalls Marathonläufer oder Leistungssportler einiger Disziplinen in besonders intensiven Trainingsphasen. Auch deren Bedarf lässt sich aber gut durch die richtige Zusammenstellung des Speiseplans decken, neben magerem Fleisch beispielsweise mit Fisch, fettarmem Käse oder Hüttenkäse und Hülsenfrüchten. Eiweiß-Shakes oder ähnliche Präparate sind jedenfalls mit Sicherheit nicht nötig, wenn man Freizeit- beziehungsweise moderaten Ausdauersport betreibt.

Machen Sie Ihre Kunden darauf aufmerksam, dass jeder, der besonders viel Eiweiß zu sich nimmt, gut auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten sollte: Im Rahmen des Protein-Abbaus müssen die stickstoffhaltigen Aminogruppen der Aminosäuren als Harnstoff über die Niere ausgeschieden werden.

Fokus Flüssigkeitshaushalt Zum Ersatz verlorener Flüssigkeit eignet sich grundsätzlich Wasser, wobei kohlensäurehaltiges aufgrund des Dehnreizes auf den Verdauungstrakt nicht von jedem gut vertragen wird. Sofern die Anstrengung länger anhält, kann Wassertrinken jedoch gefährlich werden: Schließlich verliert der Körper mit dem Schweiß nicht nur Wasser, sondern auch Mineralstoffe. Unter Zufuhr von Wasser pur kann es dann zu einer weiteren Reduktion der Salzkonzentration kommen.

Vor allem durch den resultierenden Natriummangel drohen Muskelschwäche, im Extremfall sogar Hirnödem oder Herzversagen. Wer länger als zwei oder drei Stunden Sport in mittlerer oder höherer Intensität treibt, greift daher am besten zu isotonischen Getränken, also solchen, deren Anteil an osmotisch wirksamen Inhaltsstoffen dem von Blut entspricht. Eine günstige Mischung für den Einsatz im Breitensport ist beispielsweise ein Drittel Apfelsaft auf zwei Drittel natriumreiches Mineralwasser. „Auf Vorrat trinken“ geht beim Menschen nicht; zu große Mengen belasten den Organismus eher.

Besser ist es, während einer länger dauernden Leistungsphase regelmäßig kleine Portionen zu sich zu nehmen. Gänzlich ungeeignet bei körperlicher Verausgabung sind sogenannte Energydrinks, die ebenso wie Fruchtsäfte und Limonaden zu den hypertonischen Getränken zählen: Deren hohe Konzentration gelöster Teilchen bringt es mit sich, dass die Flüssigkeit verzögert aus dem Verdauungstrakt resorbiert wird. Vorübergehend kann dabei der Darmschleimhaut sogar noch Wasser entzogen werden, um die Aufnahme der Nährstoffe ins Blut überhaupt zu ermöglichen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/15 ab Seite 112.

Waldtraud Paukstadt, Dip. Biologin

×