© Die PTA in der Apotheke
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Tatort Apotheke

POLYMEDIKATION

Anticholinerge Nebenwirkungen gefährden die Therapietreue. Bei Kunden mit einer Polymedikation sollte daher immer ein Interaktionscheck in der Apotheke vorgenommen werden.

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Herr Emil Meierhoff, 72 Jahre alt, löst in der Apotheke ein Rezept seines Hausarztes über Solifenacin 10 Milligramm ein. Herr Meierhoff kennt die Tabletten, die er seit einigen Monaten gegen eine Dranginkontinenz einnimmt und die die Symptomatik gut gebessert haben. Zusätzlich gibt er der PTA ein weiteres Rezept vom Dermatologen über Itraconazoltabletten zur Behandlung einer Nagelpilzerkrankung. Bereits bei der Eingabe der Medikamente in den Computer erscheint das Warnsymbol für Interaktionen.

Pharmakologischer Hintergrund Solifenacin zählt zur Gruppe der Anticholinergika und ist ein neuerer Arzneistoff zur Behandlung der Überaktivität des Harnblasenmuskels. Er wirkt an Muskarinrezeptoren in der Blasenwand und reduziert die übermäßigen Kontraktionen der glatten Muskulatur. So verbessert sich unter der Therapie die Blasenkapazität und die Entleerungsfrequenz reduziert sich.

Solifenacin ist ein kompetitiver muskarinerger Rezeptorantagonist mit geringer M3-Selektivität, der die Blut-Hirn-Schranke nur schlecht passiert – er hat daher ein günstigeres Nebenwirkungsspektrum als zum Beispiel der ältere Wirkstoff Oxybutynin. In der Kombination mit anderen Anticholinergika oder Mitteln, die die Metabolisierung von Solifenacin hemmen, zum Beispiel starke CYP3A4-Inhibitoren, können verstärkt Mundtrockenheit, zentralnervöse Störungen, Schwindel, Herzrhythmusstörungen, Sehstörungen und Blutdruckabfall auftreten.

Dabei zählt die Mundtrockenheit zu einer der häufigsten unerwünschten Wirkungen. Itraconazol ist ein systemisch wirkendes Antimykotikum, das zu den starken CYP3A4-Inhibitoren gehört. Um mögliche Nebenwirkungen auszuschließen, gibt die Fachinformation vor, die maximale Dosis von Solifenacin auf fünf Milligramm zu beschränken. Die gleichzeitige Behandlung mit Solifenacin und einem starken CYP3A4-Inhibitor ist bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung oder mit mittelschwerer Leberfunktionstörung außerdem kontraindiziert.

Zurück zum Fall Die PTA erkundigt sich bei Herrn Meierhoff, ob die beiden verordnenden Ärzte die Verordnung des jeweils anderen kennen und welche Dosis des Solifenacins er selber täglich einnehme. Er berichtet, dass er die Inkontinenztabletten im großen und ganzen gut vertrage – abgesehen von etwas Mundtrockenheit. In der Hautarztpraxis wollte er jedoch nicht über seine Inkontinenzprobleme sprechen und habe deshalb das Medikament nicht benannt. Bisher nehme er immer zehn Milligramm Solifenacin pro Tag.

Die PTA zeigt sich verständnisvoll und berichtet, dass sehr viele Menschen von Inkontinenzproblemen im Alter betroffen sind. Sie erklärt aber auch, dass Medikamente untereinander ihre Wirkung beeinflussen, verstärken oder abschwächen können. So ist es wichtig für die Verträglichkeit und Wirksamkeit, dass dem jeweiligen Arzt die Gesamtmedikation bekannt ist und er die optimale Dosis bestimmen könne.

Die PTA holt sich von Herrn Meierhoff das Einverständnis, den Hausarzt anzurufen und sich nach einer vom Computersystem vorgeschlagenen Dosisanpassung zu erkundigen. Dieser stimmt zu und empfiehlt bis zum nächsten Arztbesuch die ein Mal tägliche Gabe von fünf Milligramm.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/14 auf Seite 26.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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