© Die PTA in der Apotheke
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Galenik

PLAUSIBILITÄTSKONTROLLE – TEIL 2

Rezepturarzneimittel dürfen nur hergestellt werden, nachdem alle Unklarheiten bezüglich der Verordnung geklärt worden sind und die Abgabe der Zubereitung nicht verboten ist.

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Zu beachten ist, dass die Apotheke generell nicht berechtigt ist, in die ärztliche Therapie einzugreifen beziehungsweise die ärztliche Therapiefreiheit einzuschränken. Deshalb darf die Verordnung nicht ohne Zustimmung des Arztes verändert werden.

Das gilt aber entsprechend § 7 Apothekenbetriebsordnung „nicht für Ausgangsstoffe, die keine eigene arzneiliche Wirkung haben und die arzneiliche Wirkung nicht nachteilig beeinflussen können. …“. Folgende Aspekte sind zudem im Rahmen der Plausibilitätsprüfung nach § 7 ApBetrO zu beurteilen:

  • Dosierung,
  • Applikationsart,
  • Art, Menge und Kompatibilität der Ausgangsstoffe untereinander sowie Stabilität der Zubereitung,
  • Haltbarkeit des Rezepturarzneimittels.

Dosierung und Applikationsart Für häufig in der Rezeptur verwendete Wirkstoffe sind therapeutische Normdosen beziehungsweise obere Richtkonzentrationen – teilweise abhängig von der Applikationsart – publiziert. Ergibt die Prüfung der Rezepturanforderung, dass die Wirkstoffe nicht in therapeutisch üblichen Konzentrationen verordnet sind, muss diese Unklarheit durch Rücksprache mit dem Arzt beseitigt werden.

Voraussetzung für die Prüfung der Dosierung ist eine eindeutige Mengenangabe inklusive Einheit. Rezepturbestandteile werden üblicherweise in Gramm beziehungsweise Milligramm oder Milliliter verordnet. Wenn eine Verordnung Mengenangaben ohne Einheiten enthält und keine Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt möglich ist, muss im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob die Verwendung von Masseteilen – wie im DAB – gerechtfertigt ist.

Die Kenntnis der Applikationsart ist des Weiteren notwendig für die Erstellung der nach § 14 ApBetrO geforderten Gebrauchsanweisung und für die Beratung. Bei der Rezepturanforderung durch Kunden ist diese Information entsprechend zu erfragen.

Kompatibilität, Stabilität und Haltbarkeit Inkompatibilitäten entstehen durch chemisch-physikalische Wechselwirkungen zwischen zwei oder mehreren Bestandteilen in einer Rezeptur und führen dazu, dass das Arzneimittel nicht in der geforderten Qualität hergestellt werden kann. Rezepturen mit unverträglichen Bestandteilen dürfen deshalb nicht hergestellt und abgegeben werden – Abgabeverbot! – auch wenn die Inkompatibilität nicht immer äußerlich sichtbar ist.

Im Gegensatz dazu ist die Stabilität der Zubereitung der wesentliche Aspekt für die Anwendungsdauer – und damit für die Angaben zur Haltbarkeit eines Arzneimittels. Die Haltbarkeit muss „angemessen“ sein, um die rationale Arzneimitteltherapie zu ermöglichen. Das bedeutet nicht, dass das Arzneimittel zwingend über die Therapiedauer stabil sein muss. Gegebenenfalls muss die Zubereitung in (regelmäßigen) Abständen wiederholt (frisch) zubereitet werden.

»Die Eignung der Rezeptur für den Patienten bezüglich Dosierung und Applikationsart ist auch bei Herstellung nach standardisierten Vorschriften zu prüfen!«

Während Unverträglichkeiten zwischen Bestandteilen der Zubereitung die Herstellung eines qualitativ einwandfreien Arzneimittels in der Regel unmöglich machen, kann die Herstellung von wenig stabilen Rezepturen – für die Anwendung über einen begrenzten Zeitraum – vertretbar sein. Die Übergänge zwischen Inkompatibilität und der Beeinträchtigung der Stabilität sind jedoch meist fließend. Es muss im Rahmen der Plausibilitätsprüfung bewertet werden, ob das Arzneimittel hergestellt und abgegeben werden darf – und welche Angaben zur Haltbarkeit vertretbar sind.

Generell setzt die Beurteilung von Kompatibilität und Stabilität im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ein solides naturwissenschaftliches Grundlagenwissen voraus. Wesentliche Informationen über physikalisch-chemische Eigenschaften von Rezepturbestandteilen sind in der einschlägigen Fachliteratur, in den Monografien der Arzneibücher, in den DAC/NRF-Rezepturhinweisen oder auch in den Wirkstoffdossiers der Gesellschaft für Dermopharmazie e. V. zu finden.

Standardisierte Vorschriften Teilweise sind verlässliche Aussagen zu Inkompatibilität, Stabilität beziehungsweise Haltbarkeit ohne entsprechende experimentelle Nachweise kaum möglich. Die Verwendung standardisierter Vorschriften ist deshalb generell empfehlenswert. Die Plausibilitätsprüfung wird durch die Arzneimittelherstellung nach DAC/NRF oder DAB erleichtert. Der Aufwand dafür reduziert sich wesentlich, da Kompatibilität und Stabilität als gegeben betrachtet werden können.

Dies gilt, sofern das empfohlene Primärpackmittel eingesetzt wird. Die Eignung der Rezeptur für den Patienten bezüglich Dosierung und Applikationsart ist auch bei Herstellung nach standardisierten Vorschriften zu prüfen!

Die Formelsammlung Standardrezepturen 1990 (SR 90) wurde zuletzt 1990 überarbeitet. Sie hat vor allem in den neuen Bundesländern bis heute Bedeutung, da insbesondere ältere Ärzte und Kunden gezielt Rezepturen mit der Kennzeichnung „SR“ verordnen beziehungsweise nachfragen.

Die SR-Vorschriften sind als veraltet anzusehen und entsprechende Rezepturen dürfen nicht ohne vollständige Plausibilitätsprüfung hergestellt werden. Einige für die Praxis relevante Rezepturen wurden geprüft, wenn notwendig modifiziert und in den DAC/NRF-Vorschriftenteil aufgenommen.

Bei Verordnung von SR-Vorschriften sollte geprüft werden, ob eine geeignete NRF-Vorschrift existiert. Beispielsweise wurde Unguentum Metronidazoli 1% SR als Hydrophile Metronidazol-Creme 1% (NRF 11.91.) unter anderem unter Änderung des Konservierungsmittels übernommen. Die Zubereitung ist bevorzugt nach dieser geprüften Vorschrift herzustellen und unterliegt dann der beschriebenen „erleichterten“ Plausibilitätsprüfung.

Dokumentation Die Plausibilitätsprüfung erfolgt in Verantwortung des Apothekers und ist von ihm oder im Vertretungsfall von der zur Vertretung berechtigten Person zu dokumentieren. 

ZUSATZINFORMATIONEN
Vorlagen dazu sind zum Beispiel vom GOVI-Verlag und vom Deutschen Apothekerverlag erhältlich.
Nach Apothekenbetriebsordnung ist zur Dokumentation jedoch kein eigenständiges Protokoll vorgeschrieben. Sofern alle nach ApBetrO vorgeschriebenen Prüfpunkte enthalten sind, kommt auch die Dokumentation zum Beispiel auf dem Herstellprotokoll in Frage.

Die PTA ist in der Praxis häufig mit zahlreichen Aufgaben bezüglich Arzneimittelherstellung betraut. Sie kann dem Apotheker wertvolle Hilfestellung geben und die Plausibilitätsprüfung inklusive Dokumentation vorbereiten. Wichtig ist die Nachvollziehbarkeit der Prüfung, damit der Apotheker seiner gesetzlichen Verantwortung gerecht werden kann.

Tipp: Im Online-Angebot zum Fachbuch „Rezeptur – Qualität in 7 Schritten (Fischer/Schüler, 2012) ist eine Checkliste zu finden, die zur Plausibilitätsprüfung genutzt werden kann.

Den ersten Teil der Artikelreihe "Plausibilitätskontrolle" finden Siehier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/13 ab Seite 54.

Dr. Ulrike Fischer / Dipl.-Med.-Paed. Katrin Schüler

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