PKA-Fortbildung 07-08/11

PFLANZEN SCHÜTZEN

Es gibt Apotheken, da gehen Ameisenköderdosen & Co. weg „wie warme Semmeln“. Aufgrund des vorhandenen Sachkundenachweises dürfen Pflanzen- und Schädlingsbekämpfungsmittel großteils durch PKA abgegeben werden.

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Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel zählen nach § 25 der Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren. Während Schädlingsbekämpfungsmittel gegen alle möglichen Schädlinge und Lästlinge in Haus und Hof eingesetzt werden, dienen Pflanzenschutzmittel speziell dem Schutz von Pflanzen und Vorräten.

Nur: Ist eine chemische oder eher biologische Schädlingsbekämpfung sinnvoll? Das wird jeder Kunde selbst entscheiden. Als sachkundige PKA können Sie bei der Wahl aber behilflich sein. Denn mit ihrem Zeugnis über die bestandene Abschlussprüfung als pharmazeutisch kaufmännische Angestellte (PKA) haben Sie einen „eingeschränkten Sachkundenachweis“ erworben und dürfen alle Pflanzenschutzmittel abgeben und über deren Anwendung beraten, die weder giftig (T) noch sehr giftig (T+) sind..

Was versteht man unter…?Pflanzenschutzmittel sind Wirkstoffe und Zubereitungen, die dazu bestimmt sind, Pflanzen und deren Erzeugnisse vor Schadorganismen, Krankheiten, Vorratsschädlingen zu schützen, die Lebensvorgänge der Pflanzen zu beeinflussen, ohne ihrer Ernährung zu dienen (Wachstumsregulatoren) oder unerwünschte Pflanzen oder Pflanzenteile zu vernichten beziehungsweise deren Wachstum zu hemmen oder einem solchen Wachstum vorzubeugen. Sie müssen vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zugelassen sein und auf der Verpackung den Schriftzug des Bundesamtes sowie darunter eine Zulassungsnummer tragen.

Pflanzenstärkungsmittel, die ebenfalls im Pflanzenschutzgesetz aufgeführt werden, sollen die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Schadorganismen erhöhen und gegen nichtparasitäre Beeinträchtigungen schützen. Allerdings sind sie, genauso wie Wasser oder Düngemittel, definitionsgemäß keine Pflanzenschutzmittel.

Zusatzstoffe werden Pflanzenschutzmitteln zugesetzt, um zum Beispiel die Benetzung der Blattflächen zu verbessern, damit etwa das Pflanzenschutzmittel nicht abperlt. Sowohl Pflanzenstärkungsmittel als auch Zusatzstoffe müssen nur in eine monatlich aktualisierte Liste des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aufgenommen werden. Ein Nachweis ihrer Wirksamkeit ist nicht erforderlich.

Schädlingsbekämpfungsmittel dienen der Bekämpfung und Abwehr von Schadorganismen und Lästlingen, wie Mäusen, Ratten und anderen Nagetieren, Schnecken, Insekten, Spinnen- und Schalentieren, Würmern, aber auch Flöhen, Läusen und Insekten. Sie werden bislang in Deutschland großteils noch im Infektionsschutzgesetz geführt. Das Verfahren zur nationalen Zulassung dieser Biozidprodukte befindet sich für Deutschland noch im Aufbau.

Integrierter Pflanzenschutz Weltweit wurden bislang viele Anstrengungen und Konzepte erforderlich, um die Belastung der Umwelt, der Tiere und der Menschen durch chemische Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel so gering wie möglich zu halten. Viele Stoffe wie etwa der schwerflüchtige Chlorkohlenwasserstoff Dichlor-diphenyltrichlorethan (DDT), Hexachlorcyclohexan (Lindan), Ethylenoxid, Arsen-, Blei-, Cadmiumverbindungen sind zum Teil weltweit, zum Teil mittels Verordnung über Anwendungsverbote für Pflanzenschutzmittel zumindest in Deutschland verboten.

Integrierter Pflanzenschutz wird großgeschrieben. Dies ist eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau- und kulturtechnischer Maßnahmen die Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel absolut minimiert wird. Mit anderen Worten: Pestizide und Insektizide sollen möglichst sparsam, quasi als Mittel der letzten Wahl eingesetzt werden.

Da im Gegensatz zur Landwirtschaft wirtschaftliche Erwägungen im Pflanzenschutz für Kleingärten und Topfpflanzen eine untergeordnete Rolle spielen, sollte Schädlingen möglichst mit sanften Mitteln der Kampf angesagt werden. So dürfen im Haus- und Kleingartenbereich nur Mittel angewandt werden, die für diesen Bereich als zulässig gekennzeichnet sind.

Die richtige Beratungsgrundlage Viele Kunden fragen sich: „Welche Medizin ist für meine Zimmer-, Balkon- oder Kleingartenpflanze sinnvoll, um Krankheiten oder Schädlinge zu vermeiden?“ Wenn schon ein Schaden aufgetreten ist: „Was kann ich jetzt tun?“ In Kurzform deshalb hier ein kleines 1 x 1 der Pflanzen-/Schädlingsbekämpfung.

Eine ausgewogene organische oder mineralische Düngung hilft vielfach, dass bei Pflanzen keine Mangelerscheinungen auftreten. Auch ein Zuviel oder ein Zuwenig an Wasser kann Ursache für Pflanzenschäden sein. Chlorose ist beispielsweise ein Phänomen, das bei Pflanzen meist durch Trockenheit oder Staunässe verursacht wird. Die Blätter bleichen aus und werden schwächer. Viele Pflanzenkrankheiten werden allerdings durch Viren, Bakterien, Pilze, tierische Schädlinge wie Insekten, Würmer, Schnecken, Mäuse oder auch Konkurrenzpflanzen ausgelöst.

PFLANZENSCHUTZMITTELAKTION INITIIEREN
Unter dem Motto „Nicht nur Sie plagt manches Zipperlein! Wir helfen auch bei Pflanzenkrankheiten
und Schädlingen in Haus und Hof!“ können Sie Ihre Kunden darauf aufmerksam machen, dass auch die Apotheke Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel anbietet. Halten Sie für diese Aktion
eine kleine Auswahl von Dünge- und Pflanzen- sowie Schädlingsbekämpfungsmitteln bereit und bereiten Sie Handzettel vor mit typischen Problemen beispielsweise von Zimmerpflanzen. Gute Hilfe und Informationsmaterial erhalten Sie hier von den Herstellern der Mittel, aber auch in Garten- und Pflanzenzeitschriften sowie Büchern zu Pflanzenpflege.

Wie rückt man diesen zu Leibe? Da es kein Allheilmittel im Pflanzenschutz gibt, muss für jede Schädlingsart ein spezifisches Mittel entwickelt werden – nicht ohne dass dadurch wieder neue Probleme entstehen. Physikalische Maßnahmen spielen heute eine untergeordnete Rolle. Abflammen von Wildkräutern oder Fallen zur Nagetierabwehr sind Beispiele.

Biologische Maßnahmen wirken oft wesentlich spezifischer auf bestimmte Schädlinge als chemische Wirkstoffe. Indem natürliche Feinde der Schädlinge ausgebracht werden, wird deren Vermehrung gezielt gestoppt. Beispiele: Florfliegen und Schlupfwespen essen bevorzugt Blattläuse, der australische Marienkäfer liebt Woll- und Schmierläuse (Schildläuse), Nematoden mögen gerne Erdraupen, Dickmaulrüssler- und Wiesenschneckenlarven. Auch einige Mikroorganismen sind sehr effektiv gegen Schädlinge. So ist „Bacillus thuriengiensis ssp.“ in Spritzmitteln enthalten, die Raupen und Kartoffelkäfer bekämpfen.

Das Ausnutzen von natürlichen Reaktionen und Verhaltensweisen von Schaderregern wurde früher gerne biotechnischer Pflanzenschutz genannt. Lockstoffe (Attractants) und Abschreck- oder Hemmstoffe (Repellents) nutzen gezielt den Geruchs- oder Farbsinn der Schädlinge, um diese auszuschalten. So werden auf chemischer Basis beispielsweise Pheromone, also sexuelle Lockstoffe genutzt, bestimmte Insekten einzufangen. Apfel- und Pflaumenmadenfallen basieren meist auf dieser Grundlage. Auch physikalische Einflüsse wie optische Reize, etwa bei Gelbtafeln, Gelbstickern, Kirschmadenfallen beruhen auf der Anziehungskraft der Farbe Gelb für viele Insekten und Schädlinge, wie beispielsweise Blattläuse. Zusätzlich werden gerne mechanische Barrieren, beispielsweise der Raupen- und Ameisenleimring, Schädlingsschutznetze gegen Raupen, Maden sowie zur Minderung von Hagelschäden genutzt.

Chemische Maßnahmen sind zum Teil auch für den Menschen giftig, ätzend und reizend. Viele Produkte sind nur im Erwerbsanbau erlaubt. Für den Schutz in Haus und Garten reichen meist Kaliseifenprodukte gegen Blattläuse, Spinnmilben, saugende Insekten an Zier- und Gemüsepflanzen aus. Auch paraffinöl- oder rapsölhaltige Mittel helfen gut gegen überwinternde Schädlinge wie Spinnmilben, Schildläuse – eventuell zusätzlich versetzt mit den Wirkstoffen Pyrethrum, Piperonylbutoxid gegen beißende und saugende Insekten.

Pflanzenschutzmittel auf der Basis der Wirkstoffe Acetamiprid, Dimethoat, Imidacloprid und Thiamethoxam dürfen als umweltschonende Verfahren in Form von Pflastern, Stäbchen, Sticks für Kübel- und Balkonpflanzen gegen Blattläuse eingesetzt werden. Lecithin bekämpft die Pilzerkrankung „echter Mehltau“. Eine Online-Datenbank mit allen in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln wird unter www.bvl.bund.de geführt. Auch eine aktuelle Liste mit registrierten Stärkungsmitteln und Zusatzstoffen kann hier via Internet abgerufen werden. Das Julius Kühn-Institut (JKI) hat zusätzlich in einer Datenbank den aktuellen Stand der Forschung und den Umfang der Kenntnisse über die am Markt vorhandenen Mittel dokumentiert.
Unter www.landesverband-bw.de/fach-Pflanzenschutz.htm sind für den Freizeitgartenbau zugelassene Pflanzenschutzmittel gut zu finden.

Lagerung und Verkauf Fakt ist: Pflanzenschutzmittel, aber auch Pflanzenstärkungsmittel dürfen nicht mehr in der Freiwahl zur Selbstbedienung angeboten werden, wohl aber Schädlingsbekämpfungsmittel, etwa Mittel gegen Ungeziefer wie Ameisen oder Fliegen, wenn sie nicht dem Vorratsschutz dienen und die Freiwahl nicht durch enthaltende Stoffe nach der Gefahrstoffverordnung verboten ist.

Sehr giftige und giftige Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel müssen jedoch unter Verschluss aufbewahrt werden. Immer zu beachten ist, dass Missbrauch zu verhindern ist und Unbefugte und Kinder keinen Zugang zu den Mitteln haben. Anwender sind immer darauf aufmerksam zu machen, dass Etikett und Gebrauchsanweisung des Herstellers genau zu befolgen sind. Die Hersteller der Pflanzenschutzmittel wurden zur Angabe genauer Anwendungsvorschriften seitens des BVL verpflichtet.

Zusatzinfo: Rechtliches
Gesetze und Verordnungen, die im Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungssektor eine Rolle spielen, gibt es zuhauf. Eine EU-Richtlinie (RL 98/8/EG) regelt die Zulassung und das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten. Das 1998 verabschiedete Pflanzenschutzgesetz (PflSchG), dass die entsprechende EU-Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, verlangt etwa dass Pflanzenschutzmittel nach „guter fachlicher Praxis“ einzusetzen sind. Dazu gehört zum Beispiel, ihre Verwendung auf das absolut notwendige Maß zu beschränken, die Mittel auszuwählen, die für die jeweilige Situation am sinnvollsten sind, geeignete und funktionssichere Geräte zu benutzen sowie Restbrühen und Reinigungsflüssigkeiten fachgerecht zu entsorgen. Neben der Pflanzenschutzmittel-Verordnung, Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, der Bienenschutzverordnung, spielt auch das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch, die Trinkwasserverordnung, die Rückstands-Höchstmengen-Verordnung, das Wasserhaushaltsgesetz, das Chemikaliengesetz mit Gefahrstoffverordnung, das Düngemittelgesetz mit Düngemittelverordnung eine Rolle.

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/11 ab Seite 80.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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