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Cholesterin

PERSÖNLICH NEHMEN

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sind die Todesursache Nummer eins. Jährlich sterben rund 350 000 Bundesbürger an kardiovaskulären Erkrankungen – viele wären vermeidbar.

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Betroffen sind oft auch schon jüngere Menschen. Zu den häufigsten Ursachen zählen Tabak- und Alkoholkonsum, Bewegungsmangel sowie unausgewogene Ernährung. Ein maßgeblicher Faktor für die Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen ist neben Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Übergewicht ein zu hoher LDL -Cholesterinspiegel im Blut. Dieser kann das Risiko für eine Herzerkrankung und einen Schlaganfall erhöhen.

Wird ein erhöhter LDL-Wert in den Zielbereich gesenkt, lässt sich auch das Risiko reduzieren, ein kardiovaskuläres Ereignis wie einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Eine Metaanalyse, die Daten von rund 90 000 Patienten unter LDL-senkender Therapie ausgewertet hat, zeigt, dass bei einem um 40 mg/dl (1 mmol/l) verringerten LDL-Wert das kombinierte Risiko für schwerwiegende koronare Ereignisse (Tod durch koronare Herzkrankheit, nicht-tödlicher Herzinfarkt), Schlaganfall (tödlich, nicht-tödlich) oder koronare Revaskularisierung um 21 Prozent sank.

Therapie Erhöhte LDL-Werte im Blut auf den Zielwert zu reduzieren, gilt als die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung einer Hypercholesterinämie. Dabei kommen heute vor allem Statine zur Anwendung. Sie senken nicht nur den LDL-Wert, sondern reduzieren darüber hinaus kardiovaskuläre Ereignisse. Und doch lässt sich mit bisherigen Therapieformen das LDL nur bei einem Teil der Hochrisikopatienten ausreichend senken: Rund 88 Prozent der Hochrisikopatienten erreichen nicht den empfohlenen LDL-Zielwert von unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) und 58,1 Prozent der Patienten nicht den empfohlenen LDL-Zielwert von 100 mg/dl (2,5 mmol/l) beziehungsweise 115 mg/dl (3 mmol/l).

Es besteht also großer Bedarf für neue Therapien bei Hypercholesterinämie. Denn diese kann vor allem für Hochrisikopatienten schwerwiegende Folgen haben. Zu diesen Patientengruppen zählen etwa Menschen, die in den zurückliegenden zwölf Monaten einen Herzinfarkt erlitten haben. Sie tragen ein deutlich erhöhtes Risiko für ein erneutes kardiovaskuläres Ereignis. Für sie ist es daher besonders wichtig, ihren LDLWert auf den Zielwert zu senken.

Risiko Familiäre Hypercholesterinämie Zu den Hochrisikopatienten zählen auch Personen, die unter einer Familiären Hypercholesterinämie (FH) leiden. Auch sie müssen ihren Cholesterinspiegel streng im Blick haben. Die Ursache dafür ist ein angeborener Gendefekt, der meist die LDL-Rezeptoren betrifft, die das LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Zellen einschleusen.

EMPFOHLENE CHOLESTERINWERTE
+ Bei einem mäßig erhöhten Herz-Kreislauf-Gesamtrisiko (höchstens ein zusätzlicher Risikofaktor) sollte ein LDL-Zielwert unter 115 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) beziehungsweise unter 3 Millimol pro Liter (mmol/l) angestrebt werden.
+ Bei hohem Herz-Kreislauf-Gesamtrisiko (z. B. schwerer Bluthochdruck oder Familiäre Hypercholesterinämie, Raucher) sollte ein LDL-Zielwert unter 100 mg/dl beziehungsweise unter 2,5 mmol/l erzielt werden.
+ Bei sehr hohem Herz-Kreislauf-Gesamtrisiko (z. B. bei Zuckerkrankheit oder schon vorhandener Herz-Kreislauf-Erkrankung) gilt es, einen LDL-Zielwert unter 70 mg/dl beziehungsweise unter 1,8 mmol/l zu erreichen.

Die Folgen des Gendefekts: Die LDL-Rezeptoren sind mehr oder weniger stark in ihrer Funktion gestört. Dadurch kann nur wenig oder gar kein LDL in die Zellen der Organe oder zurück in die Leber aufgenommen werden, es verbleibt im Blut und lagert sich in den Gefäßwänden ab. Dies führt zur Arteriosklerose. Es gibt zwei Arten der FH: Die heterozygote Familiäre Hypercholesterinämie (heFH) – bei der die Anlage von einem Elternteil mit FH vererbt wird.

Die heFH ist die häufigste Form der FH. Die homozygote Familiäre Hypercholesterinämie (hoFH) – bei der beide Elternteile Träger von FH sind und diese Anlage vererben. Diese schwere und seltene Form tritt nur bei etwa einem von einer Million Menschen auf und bildet die Minderheit der Fälle einer FH.

Frühzeitiges Screening gefordert Bei 90 bis 99 Prozent der Betroffenen wird die Erkrankung allerdings nicht diagnostiziert. Hier stellt die FH eine große versteckte Gefahr dar. Denn ein bereits von Kindheit an erhöhter Cholesterinspiegel birgt ein großes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Patienten mit einer unbehandelten FH haben ein um das 20-fache erhöhtes Risiko, dass es bei ihnen frühzeitig zu einer Herzerkrankung kommt.

Bei Männern mit einer unbehandelten heFH besteht ein 50-prozentiges Risiko des Auftretens eines koronaren Ereignisses bis zu einem Alter von 50 Jahren, bei Frauen mit einer unbehandelten heFH ein 30-prozentiges Risiko des Auftretens eines koronaren Ereignisses bis zu einem Alter von 60 Jahren. Bei den meisten Patienten mit einer hoFH liegt bereits spätestens im Alter von 25 Jahren eine schwerwiegende koronare Herzerkrankung vor.

FH wird auf autosomal dominantem Weg vererbt, das heißt, die Erkrankung wird direkt von Eltern an ihre Kinder weiter gegeben. Bei Personen, die an FH erkrankt sind, besteht eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie die Erkrankung ihren Kindern vererben. Daher besteht ein dringender Bedarf für ein frühzeitiges diagnostisches Screening sowie für eine früh einsetzende und effektive Behandlung.

Aufklärung Um gemeinsam Aufklärungsarbeit zu leisten, haben die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e.V., die CholCo e.V.: Patientenorganisation für Patienten mit Familiärer Hypercholesterinämie oder anderen schweren genetischen Fettstoffwechselstörungen und das Unternehmen Sanofi in Deutschland die Initiative „Cholesterin persönlich nehmen. Risiko senken zählt“ gegründet.

Exkurs: Cholesterin & Eier Cholesterin aus Lebensmitteln soll keine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. In zahlreichen Studien konnte kein nennenswerter Zusammenhang zwischen dem Cholesterin in Speisen und dem Cholesterinspiegel des Blutes gefunden werden. Man geht davon aus, dass eine Überdosierung des fettähnlichen Stoffs über die Nahrung durch spezielle Mechanismen verhindert werde.

Daher gehört Cholesterin im Entwurf für die diesjährige Neufassung der US-Ernährungsratschläge, der von 14 renommierten Medizinern, Gesundheits- und Ernährungsexperten aufgestellt wurde, nicht mehr zu den Nährstoffen, deren übermäßige Zufuhr bedenklich sei. Vor der endgültigen Verabschiedung steht hierzu in diesem Monat noch eine öffentliche Konferenz an.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/15 ab Seite 82.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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