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OTC-SWITCH

Triptane, PPI oder Diclofenac – was steckt hinter Arzneistoffen, die eigentlich ver schreibungspflichtig sind, dann aber unter bestimmten Bedingungen aus der Rezeptpflicht entlassen werden?

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Neue Wirkstoffe sind zunächst immer rezeptpflichtig. Diese automatische Verschreibungspflicht soll Patienten vor möglichen Risiken schützen, die in den klinischen Studien noch nicht erkannt worden sind. Eine sinnvolle Einrichtung, denn seltene Nebenwirkungen sind nun mal selten und können häufig erst gesehen werden, wenn ein Arzneistoff von sehr vielen Patienten angewendet wurde.

Nach fünf Jahren kann der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Empfehlung zur Entlassung aus der Verschreibungspflicht geben. Dies wird er natürlich nur tun, wenn die Erfahrung inzwi schen gezeigt hat, dass für die Anwendung des Medikaments keine ärztliche Beobachtung notwendig ist. Im anderen Falle wird die Verschreibungspflicht verlängert. In den letzten Jahren wurden aber auch zahlreiche Arzneistoffe, die schon wesent lich länger bekannt sind, aus der Verschreibungspflicht entlassen – häufig mit Einschränkungen. Den Wechsel von der Rezeptpflicht zur Apothekenpflicht bezeichnet man als OTC-Switch.

Nicht immer ist es die Dosierung Die Bedingungen, unter denen ein Arzneistoff teilweise apothekenpflichtig wird, sind unterschiedlich. Manche Wirkstoffe sind nur in niedriger Dosierung verschreibungsfrei, beispielsweise ist dies bei Ibuprofen so geregelt. Häufig spielt gleichzeitig die Gesamtmenge des Wirkstoffs pro Packung eine Rolle. Dies kennt man von Hydrokortisonsalben oder von Omeprazol und Pantoprazol.

Ein weiterer Hintergrund kann aber auch die Indikation sein. So ist Ibuprofen ab 600 Milligramm nicht nur bei Schmerzen, sondern auch zur Behandlung von rheumatischen Beschwerden und Entzündungen zugelassen. Johanniskrautpräparate können in derselben Dosierung, mit 900 Milligramm, je nach Indikation apotheken- oder rezeptpflichtig sein. Die Behandlung von leichten depressiven Verstimmungen darf in der Selbstmedikation vorgenommen werden, bei schwereren Depressionen oder Angstzuständen soll die Behandlung unter ärztlicher Aufsicht geschehen.

In wieder anderen Fällen ist es die Darreichungsform, die den Unterschied macht. So ist Aciclovir als Creme bei Lippenherpes apothekenpflichtig, in Tablettenform muss es in jedem Fall verschrieben werden. Parenteralia werden grundsätzlich nicht aus der Verschreibungspflicht entlassen.

Ohne Beratung geht es nicht Je mehr Arzneistoffe, zumindest unter Auflagen, aus der Verschreibungspflicht entlassen werden, umso mehr steigt die Eigenverantwortung des Patienten. Von der Politik erwünscht ist dabei die finanzielle Verantwortung. Seit 2004 werden rezeptfreie Arzneimittel nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt. Andererseits nimmt aber auch die Verantwortung für die eigene Gesundheit zu.

Mehr Selbstmedikation bedeutet daher auch mehr Beratungsbedarf. Für den Patienten besteht ein gewisses Risiko, die Symptome falsch zu interpretieren oder eine nötige Therapie, die durch den Arzt geschehen muss, zu verzögern. Hier wird klar, welch wichtige Rolle die Beratung in der Apotheke spielt. Und sie wird immer wichtiger, denn der Trend zu mehr rezeptfreien Arzneistoffen wird vermutlich anhalten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/12 auf Seite 78.

Sabine Bender, Apothekerin, Redaktion

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