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PTA-Fortbildung 04/12

OSTEOPOROSE

Wenn die Knochen an Substanz und Masse verlieren, treten häufig Brüche auf. Durch eine Reizung der Knochenhaut sind außerdem extreme Schmerzen möglich.

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Die Osteoporose ist eine Skeletterkrankung, bei der ein Verlust an Knochenmasse gemeinsam mit einer Verschlechterung der Mikroarchitektur und dadurch abnehmender Knochenfestigkeit zum Stabilitätsverlust des Knochens führen. Die Folge ist eine erhöhte Frakturneigung. Dies äußert sich meist in spontanen Wirbelkörperbrüchen sowie in peripheren Frakturen, wie beispielsweise Brüchen des Oberschenkels, des Oberschenkelhalses oder des Handgelenks. Die peripheren Brüche kommen in den meisten Fällen durch einen Sturz zustande. Da der Prozess des Knochenabbaus schleichend verläuft, sind es oftmals erst diese Brüche, durch die eine Osteoporose bemerkt wird.

Keine seltene Erkrankung Osteoporose zählt zu den zehn häufigsten Erkrankungen in Deutschland. Man geht davon aus, dass hier zu Lande etwa acht Millionen Menschen betroffen sind. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen primären oder idiopathischen und sekundären Osteoporoseformen. Die primäre Osteoporose lässt sich nicht auf eine bestimmte Ursache zurückführen, man kann sie jedoch nach Lebensabschnitten einteilen. Die juvenile Osteoporose oderfrüherwachsene Form der Osteoporose tritt schon vor Erreichen des 50. Lebensjahres auf und kommt nur sehr selten vor. Wesentlich häufiger ist die postmenopausal bedingte oder Typ-I-Osteoporose, die durch den verminderten Estrogenspiegel nach den Wechseljahren ausgelöst wird. Rund 80 Prozent aller Fälle können hier eingeordnet werden.

Von der Alters- oder Typ-II-Osteoporose, die jenseits des 70. Lebensjahres auftritt, sind Männer und Frauen in gleichem Maße betroffen. Man geht davon aus, dass etwa die Hälfte aller Menschen über 70 Jahre mehr oder weniger stark ausgeprägt an dieser Form leiden. Die Gefahr Osteoporose- assoziierter Knochenbrüche nimmt dabei mit steigendem Alter exponenziell zu, was nicht nur am zunehmenden Abbau der Knochendichte, sondern auch an nachlassender Muskelkraft und Koordinationsfähigkeit und damit an einer erhöhten Sturzgefahr liegt – ein wichtiges Thema, wenn es um die Prophylaxe von Knochenbrüchen geht.

Die sekundäre Osteoporose tritt stets in Zusammenhang mit einer anderen Grunderkrankung auf. Dies können Diabetes mellitus, aber auch Hormonstörungen von Schilddrüse, Nebenschilddrüse oder Nebennierenrinde sein. Manchmal löst auch die Einnahme bestimmter Medikamente eine sekundäre Osteoporose aus. Man kennt dies von Glukokortikoiden als Dauertherapie. Eine entscheidende Voraussetzung dafür, ob und wie eine Osteoporose behandelt werden muss, ist die Einteilung in die präklinische und die manifeste Osteoporose.

Die Differenzierung hängt vor allem davon ab, ob bereits Folgen der Osteoporose, wie Knochenbrüche, zu finden sind. Wird die Erkrankung nur aufgrund einer erniedrigten Knochendichte diagnostiziert, handelt es sich um eine präklinische Osteoporose. Ob sie behandlungsbedürftig ist oder nicht, hängt wiederum von der Knochenabbaurate ab, die in einer Laboruntersuchung oder durch eine in einer bestimmten Zeit nachfolgende Kontrollmessung ermittelt werden kann.

T-WERT & PEAK BONE MASS
Da die verschiedenen Messmethoden zur Bestimmung der Knochendichte nicht miteinander vergleichbar sind, sollten mit Ausnahme der QCT und der pQCT keine absoluten Dichten angegeben werden. Bestimmt wird stattdessen der T-Wert oder T-Score, eine dimensionslose Größe, die die Abweichung vom Normalen angibt. Nach der Definition der WHO liegt eine Osteoporose vor, wenn der T-Wert mindestens 2,5 Standardabweichungen unter dem Durchschnitt der geschlechtsgleichen 30-Jährigen liegt. In diesem Alter hat die Knochendichte ihren Maximalwert erreicht, die Peak bone mass. Ein T-Wert von bis zu – 1 gilt als normal. Von Osteoporose spricht man ab – 2,5.

Knochen Sie dienen dem mechanischen Halt des Körpers und zählen damit zu den Stützgeweben. Gleichzeitig sind Knochen auch ein wichtiger Kalziumspeicher. Etwa 99 Prozent des im Körper gespeicherten Kalziums befinden sich im Knochen. Die Oberfläche des Knochens, die Rindenschicht oder Substantia corticalis, auch vereinfacht nur Kortikalis genannt, ist hart und kompakt.

Innen, in der Substantia spongiosa oder Spongiosa, befindet sich ein schwammartiges Gerüstwerk feiner Knochenbälkchen. Dieses Geflecht besteht aus horizontal und vertikal verlaufenden Strängen, die die Bewegungen und die davon ausgehenden Kräfte auffangen. Ändert sich die Belastung, kann die Mikroarchitektur der Knochenbälkchen umgebaut werden.

Knochen sind in einer Art Leichtbauweise aufgebaut. Der Zug und Druck wirkt an der Oberfläche am stärksten. So kann man innerhalb des Knochens Material und Gewicht sparen. Außen und an besonders beanspruchten Stellen finden sich sehr viele Knochenbälkchen, während das Innere des Knochenschafts fast knochenbälkchenfrei ist. Dieser Raum wird stattdessen von Knochenmark ausgefüllt.

Wegen ihres Aufbaus sind Knochen relativ leicht und trotzdem stark belastbar. Zudem besitzen sie eine gewisse Elastizität, die dafür sorgt, dass sie nicht so schnell brechen. Außen liegt dem Knochen eine dünne Bindegewebsschicht auf. Dies ist die Knochenhaut oder das Periost. Sie dient hauptsächlich dem Schutz und der Ernährung des Knochens. Die Knochenhaut ist äußerst dünn, gut durchblutet und mit vielen Nervenendigungen versorgt, weshalb sie im Gegensatz zum Knochen selbst schmerzempfindlich ist. Vom Periost geht die Heilung nach einem Bruch aus. Außerdem dient es dem Ansatz von Sehnen und Bändern.

Der Knochen lebt Knochen ist kein lebloses Material. Sein Grundgerüst, die Knochenmatrix, enthält organische und anorganische Substanzen. Die organischen Stoffe, wie Kollagen, machen etwa ein Drittel der Knochenmatrix aus. Die restlichen zwei Drittel sind Mineralien. Gesunder Knochen wird ständig umgebaut, damit er sich veränderten Bedingungen optimal anpassen kann. Der Auf- und Abbau der Knochenmatrix wird dabei von drei Arten von Zellen übernommen: Osteoblasten, Osteozyten und Osteoklasten. Die beiden ersten sind für den Knochenaufbau, letztere für den Knochenabbau zuständig.

Versorgt wird der Knochen durch Gefäße, die bei der Knochenbildung und beim -wachstum quasi ummauert werden. Diese Gefäße sprossen aus dem Periost ein. Die Osteoblasten, die ebenfalls aus der Knochenhaut stammen, synthetisieren die Interzellular- oder Matrixsubstanz, das Osteoid, und mauern sich damit quasi ein. Schon kurz danach beginnt die sezernierte Matrix zu verknöchern, indem Hydroxylapatitkristalle, Ca5(PO4)3 (OH) oder 3 Ca3(PO4)2 · Ca(OH)2, eingebaut werden.

Man findet die Osteoblasten im ganzen Knochen auf der Oberfläche der Knochenbälkchen. Zunächst haben sie ein kubisches bis prismatisches Aussehen. Je weiter die Syntheseleistung abnimmt, desto flacher werden sie. Osteoblasten stehen mit ihren Nachbarzellen über kleine, dünne Fortsätze in Verbindung. So bilden sie über die später verknöcherte Grundsubstanz hinweg ein ausgedehntes Netzwerk.

Osteoblasten, die bereits ringsum von Matrixsubstanz umgeben sind, bezeichnet man als Osteozyten. Ein Teil der Osteoblasten bleibt allerdings oberflächennah erhalten, um weiter Knochensubstanz aufzubauen. Osteozyten haben eine eher abgeflachte Form und auch der Syntheseapparat ist nicht mehr sehr gut ausgebildet. Das deutet darauf hin, dass die Syntheseleistung im Vergleich zu den Osteoblasten stark abgenommen hat. Trotzdem sind sie zur Erhaltung des Knochens essenziell. Entfernt man sie, wird der Knochen sofort von Osteoklasten abgebaut.

Osteoklasten sind sehr große Zellen, die große Mengen Enzyme enthalten. Damit lösen sie Knochensubstanz an und phagozytieren sie anschließend. Im Inneren der Osteoklasten werden die Knochenbestandteile abgebaut und die Reste an die Blutgefäße abgegeben. So entstehen Löcher im Knochen, in die nun wieder Osteoblasten einwandern und neue Knochenmatrix aufbauen.

Der Knochen ist also kein starres Gebilde, es besteht ein Gleichgewicht zwischen Aufbau und Abbau der Knochensubstanz. Außen um die Knochenbälkchen herum befindet sich eine Zone, in der der Knochenaufbau gegenüber dem -abbau durch die Osteoklasten überwiegt, während er sich im Inneren des neu entstehenden Knochens eher die Waage hält. Dadurch entsteht außen die kompakte äußere Schicht, die Substantia compacta.

Knochenbruch Ein Knochen bricht, sobald er über Gebühr unphysiologisch belastet wird. Das ist der Nachteil der Leichtbauweise: Zug- und Druckkräften, die stark von den normalen Spannungsverhältnissen abweichen, kann der Knochen nicht standhalten, weil die ganze Struktur auf den Normalzustand eingerichtet ist. Bei einem Bruch werden sowohl Interzellularsubstanz als auch Osteozyten zerstört. Außerdem blutet es stark, da die den Knochen ernährenden Blutgefäße in der Regel ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden.

Um die Fraktur zu heilen, müssen also sowohl die Blutgefäße regeneriert als auch neue Knochensubstanz gebildet werden. Dazu wachsen Mesenchymzellen, die Vorläufer der Osteoblasten, zusammen mit neuen Blutgefäßen in die Bruchstelle ein. Sie bilden zunächst Knorpel, der im Laufe der Heilung, wenn sich die Mesenchymzellen zu Osteoblasten differenziert haben, zu Knochen umgebaut wird. Im Bruchgebiet ist die Matrixsynthese grundsätzlich stärker als es zur reinen Regeneration notwendig wäre. Das überschüssige Gewebe bezeichnet man als Kallus.

Ist der Bruch verheilt und der Knochen wird wieder normal belastet, so wird der neu gebildete Knochen an die Spannungsverhältnisse angepasst. Bei einem optimal verheilten Bruch entspricht daher der Aufbau nach einiger Zeit wieder dem Zustand vor dem Unfall.

Hormone steuern den Knochenstoffwechsel Es sind verschiedene Hormone, die in den Knochenauf- und -abbau eingreifen. Kalzitonin, das in der Schilddrüse gebildet wird, hemmt die Aktivität der Osteoklasten und begünstigt die Aufnahme von Kalzium in den Knochen. Es fördert also den Knochenaufbau. Das Parathormon aus den Nebenschilddrüsen ist sein Gegenspieler. Es aktiviert die Osteoklastentätigkeit und damit den Knochenabbau. Dabei spielt der Kalziumspiegel im Blut eine entscheidende Rolle. Er muss stets innerhalb enger Grenzen konstant gehalten werden. Ein Absinken führt zur Ausschüttung von Parathormon. Die Osteoklasten werden aktiviert, sie lösen Kalzium aus dem Knochen und geben es ins Blut ab. Gleichzeitig wird auch die Resorption von Kalzium aus dem Darm durch das Parathormon gefördert sowie die Ausscheidung über die Niere gehemmt.

Vitamin D ist ebenfalls über den Kalziumhaushalt am Knochenstoffwechsel beteiligt. Auch Vitamin D fördert die Kalziumaufnahme aus dem Darm, gleichzeitig aber auch den Einbau von Kalzium in den Knochen. Es ist also wie Kalzitonin, nur über einen anderen Mechanismus, für den Knochenaufbau verantwortlich. Ein Mangel an Vitamin D führt zu einem Absinken des Kalziumspiegels im Blut und damit über das Parathormon zu einer verstärkten Osteoklastentätigkeit. Auch die Sexualhormone beeinflussen den Knochenstoffwechsel.

eine gruppe mädchen beim feldhockey
Bewegung bereits in jungen Jahren hilft, der Osteoporose vorzubeugen.

Estrogen stimuliert die Osteoblasten und bremst die Osteoklasten. Bei Frauen nach den Wechseljahren ist durch den sinkenden Estrogenspiegel das Gleichgewicht gestört und das Osteoporoserisiko dementsprechend erhöht. Dabei wirken sich besonders die ersten fünf bis zehn Jahre nach der Menopause aus. Ob sich daraus tatsächlich eine Osteoporose entwickelt, hängt auch von genetischen Faktoren ab und davon, ob die Frau präventive Maßnahmen zu Verhinderung der Osteoporose ergriffen hat.

Es muss nicht immer ein Sturz sein Die Osteoporose ist im fortgeschrittenen Stadium meist mit zum Teil starken Schmerzen verbunden, besonders häufig sind Rückenschmerzen durch Wirbelkörperfrakturen. Osteoporotisch veränderte Wirbel brechen oftmals auch ohne dass die Betroffenen gestürzt sind. Man spricht von Sinterungsfrakturen, bei denen die Wirbelkörper langsam zusammenfallen. Wegen ihrer Schmerzlosigkeit bleiben sie zunächst unentdeckt. Das Risiko für weitere Frakturen ist jedoch dramatisch erhöht.

Ein Größenverlust von mehr als vier Zentimetern innerhalb eines Jahres kann ein Hinweis für Wirbelkörperbrüche sein. Durch die im Laufe der Zeit veränderte Statik der Wirbelsäule, wie beispielsweise den „Witwenbuckel”, kommt es dann zu chronischen oder rezidivierenden Schmerzen.

Manchmal sind es auch Knochenfragmente, die nach einem Bruch das Periost reizen. Dies kann vernichtungsschmerzähnliche Zustände im Bereich der Fraktur auslösen. Periphere Frakturen werden dagegen meist durch einen Sturz ausgelöst. Bei einer großen Zahl von Osteoporosepatienten sinkt im Laufe der Erkrankung die Lebensqualität. Denn zusätzlich zum Schmerz nimmt bei vielen das Selbstwertgefühl durch die Verformungen der Wirbelsäule ab. Nicht wenige Betroffen ziehen sich deswegen von Alltagsaktivitäten zurück. So geraten sie in einen Teufelskreis, denn wer sich weniger bewegt, dessen Muskelkraft und Knochenmasse nehmen weiter ab und auch das Frakturrisiko steigt. Motivieren Sie betroffene Kunden, sich zwar sicher, aber ausreichend zu bewegen und aktiv zu bleiben.

Diagnose Bei einem Verdacht auf Osteoporose wird die Knochenmineraldichte bestimmt. Dafür stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Die Messung mittels Ultraschall an der Ferse oder am Fingerknochen, die Osteosonografie, die von einigen Apotheken durchgeführt wird, ist im Grunde keine echte Knochendichtemessung. Sie hat nur eine geringe Aussagefähigkeit und dient lediglich zur groben Einschätzung des Knochenbruchrisikos.

Die Methode der ersten Wahl, die auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Deutschen Gesellschaft für Osteologie anerkannt wird, ist das DXA-Verfahren (Doppelröntgenabsorptiometrie). Dabei wird mithilfe einer speziellen Röntgentechnik eine sehr geringe Strahlung durch den Körper geschickt, um den Mineralgehalt der Knochen zu bestimmen. Dieser Knochenmineralgehalt steht in direkter Beziehung zur Knochenfestigkeit. Gemessen wird an der Wirbelsäule, am Oberschenkel und seit kurzem auch am Oberschenkelhals. Sogar eine Messung der Ganzkörperknochendichte ist im Bedarfsfall möglich.

Andere technische Verfahren sind möglich, haben jedoch deutliche Nachteile. So kann man mit einer herkömmlichen Röntgenuntersuchung erst eine Abnahme des Knochenmineralgehalts von mehr als 30 Prozent erfassen. Daher eignet sie sich nicht zur Früherkennung, jedoch zur Aufdeckung von Wirbelkörperfrakturen.

Die quantitative Computertomografie an der Lendenwirbelsäule (QCT) ist mit einer relativ hohen Strahlenbelastung verbunden und daher nicht empfehlenswert. Ebenso ist die periphere quantitative Computertomografie am Unterarm (pQCT) umstritten, da Rückschlüsse auf die Knochendichte an der Wirbelsäule oder am Oberschenkelhals nicht möglich sind.

Auch eine körperliche Untersuchung gehört zur Diagnosesicherung und vor allem zur Aufdeckung des Sturzrisikos. Um die Motorik, die für den Alltag benötigt wird zu testen, eignet sich zum Beispiel der Timed-up-and-go-Test. Dabei wird die Zeit gemessen, die der Patient braucht, um von einem Stuhl aufzustehen, drei Meter zu laufen, sich umzudrehen, zurück zu laufen und sich wieder hinzusetzen. Der Functional-Reach-Test untersucht, wie weit sich der Patient mit nach vorne gestreckten Armen vorbeugen kann, ohne die die Füße zu bewegen oder das Gleichgewicht zu verlieren.

Präventive Maßnahmen Man unterscheidet bei der Osteoporose zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Erstere soll die Entstehung einer Osteoporose verhindern. Bei der Sekundärprävention geht es um die frühzeitige Diagnostik und Therapie einer bereits bestehenden Osteoporose. So soll das Auftreten osteoporotischer Frakturen vermieden und die Progression des Knochenabbaus aufgehalten werden. Ziel der Tertiärprävention ist es, bei bereits erfolgtem Knochenbruch weitere osteoporotische Frakturen und Spätkomplikationen zu verhindern und auch hier das Fortschreiten der Osteoporose zu verhindern.

Mit der Primärprävention sollte schon in der Kindheit durch ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung begonnen werden. Der Lebensstil wirkt sich lebenslang auf die Knochenstruktur aus und ist damit von entscheidender Bedeutung zur Vermeidung einer Osteoporose. Auch Sport trägt wesentlich dazu bei, die Knochenmasse aufzubauen. Da sich Knochen der mechanischen Beanspruchung anpassen, wirkt sich körperliche Aktivität immer positiv auf die Knochendichte aus. Die Anpassung an steigende Belastung ist auch noch im Alter möglich.

Darüber hinaus sollte auf das Gewicht geachtet werden. In Bezug auf die Osteoporose wirkt sich Untergewicht negativer aus als Übergewicht. Je geringer die Schwerkraft ist, die auf die Knochen wirkt, umso weniger stabil müssen die Knochen sein, und wie gesagt, sie passen sich den Bedingungen an. Dazu kommt, das Untergewichtige häufig nicht optimal mit allen Nährstoffen versorgt sind.

Bei der Ernährung ist generell besonders auf eine ausreichende Kalziumzufuhr zu achten. Die Leitlinie des DVO (Dachverband Osteologie e. V.) zur Prophylaxe, Diagnose und Therapie der Osteoporose im Erwachsenenalter empfiehlt als Basismaßnahme zur Osteoporose- und Frakturprophylaxe eine tägliche Kalziumzufuhr von 1000 Milligramm. Große Mengen Kalzium sind in Milch und Milchprodukten, grünem Gemüse, Hülsenfrüchten und verschiedenen Mineralwässern enthalten. Wenn die nahrungsbedingte Aufnahme nicht ausreicht, kann Kalzium individuell supplementiert werden. Dabei sollte die Gesamtzufuhr eine Menge von 1500 Milligramm nicht überschreiten.

Zu bedenken ist auch, dass bestimmte Menschen einen erhöhten Kalziumbedarf haben. Dazu zählen Hochleistungssportler, Schwangere, Frauen nach den Wechseljahren, Vegetarier und Veganer, Säuglinge und Kleinkinder. Für die Verwertung von Kalzium ist Vitamin D3 notwendig, daher reicht es nicht, genügend Kalzium aufzunehmen. Auch auf eine ausreichende Versorgung mit diesem Vitamin ist zu achten. Viel Vitamin D3 enthalten beispielsweise Fisch, Eier und Butter.

Vitamin D3 kann jedoch nur begrenzt über die Nahrung aufgenommen werden. Zum Teil wird es unter Sonneneinwirkung in der Haut gebildet. Ein regelmäßiger Aufenthalt bei Tageslicht im Freien ist daher wichtig. Der DVO empfiehlt täglich eine mindestens 30-minütige Sonnenlichtexposition von Armen und Gesicht. Gerade in den Wintermonaten kann es jedoch leicht zu einem Mangel kommen, sodass sich auch das Osteoporoserisiko erhöht. Dies zeigt sich vor allem bei älteren, weniger mobilen Menschen. Ihnen wird in der DVO-Leitlinie zu einer Supplementierung mit 800 bis 2000 I.E. Vitamin D3 täglich oder einer adäquaten Dosis mehrwöchentlich empfohlen.

RISIKOGRUPPEN
+ Ältere Menschen (Frauen ab 50, Männer ab 60)
+ Menschen mit unausgewogener Ernährung (Mangel an Kalzium, z. B. durch geringen Verzehr von Milchprodukten)
+ Untergewichtige (BMI < 20)
+ Familien, in denen Knochenbrüche ohne adäquate Unfälle auftreten
+ Familien, in denen Osteoporose häufig auftritt
+ Frauen, bei denen die Wechseljahre vor dem 45. Lebensjahr eingesetzt haben
+ Frauen, bei denen frühzeitig die Eierstöcke entfernt wurden
+ Raucher und Menschen mit hohem Alkoholkonsum
+ Patienten, die über längere Zeit kortisonhaltige Medikamente eingenommen haben
+ Patienten, die an Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa leiden

Basistherapie Die Grundlage jeder Osteoporosebehandlung ist neben Schmerzmitteln, sofern sie benötigt werden, und möglichen nichtmedikamentösen Maßnahmen, wie einer Sturzprophylaxe, die ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D. Ob Medikamente verordnet werden müssen, die in den Knochenmetabolismus eingreifen, hängt vom Frakturrisiko ab. Die DVO-Leitlinie empfiehlt als Therapieschwelle ein 30-prozentiges Risiko, in den nächsten zehn Jahren einen Bruch von Oberschenkel oder Wirbelkörper zu erleiden. Dies kann im Rahmen der Untersuchung errechnet werden.

Üblicherweise werden als Basistherapie 1000 bis 1500 Milligramm Kalzium und 800 bis 2000 I.E. Vitamin D3 empfohlen. Der Nutzen der Basistherapie ist heute unbestritten. Gerade bei alten Menschen kann das Frakturrisiko so signifikant gesenkt werden. Sinnvoll sind Kombinationspräparate. Sie wirken sich positiv auf die Compliance aus.

Spezifische Osteoporosemedikation Eines der Prinzipien der Therapie ist die Hemmung des Abbaus von Knochengewebe durch so genannte Antiresorptiva. Der Name sagt aus, dass sie die osteoklastenbedingte Auflösung und Aufnahme von Knochen in die Blutbahn, also die Resorption von Knochenmasse, verhindern. Neben den rückläufigen Estrogenen und Kalzitoninen werden vor allem die Bisphosphonate verordnet. Führend ist hier Alendronat, das einmal wöchentlich in einer Dosierung von 70 Milligramm oral genommen wird.

Weitere Bisphosphonate sind Risedronat, Ibandronat und Zoledronat. Sie hemmen alle die Aktivität der Osteoklasten und senken das Frakturrisiko um etwa 50 Prozent. Problematisch sind mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen, wie Völlegefühl, Refluxsymptome und Dyspepsie, die vor allem bei falscher Anwendung der Medikamente auftreten. Eine wenn auch seltene, dennoch gefürchtete Komplikation sind Osteonekrosen im Kiefer, das sind örtlich begrenzte abgestorbene Regionen im Knochen. Bisphosphonate werden am besten morgens etwa 30 Minuten vor der ersten Mahlzeit mit etwas Wasser eingenommen. Nach der Einnahme sollte man sich aufrecht halten, um eine rasche Passage in den Magen zu ermöglichen.

Ebenfalls zu den Antiresorptiva zählt der Estrogenrezeptorantagonist Raloxifen. Er wirkt an den Estrogenrezeptoren der Knochen und bewirkt eine Zunahme der Knochendichte. Nachteilig ist allerdings die ungünstige Wirkung auf klimakterische und urogenitale Symptome sowie eine Erhöhung des Thromboserisikos.

Im Juni 2010 wurde Denosumab als humaner monoklonaler Antikörper gegen den Liganden an einem Rezeptor namens RANK zur Behandlung postmenopausaler Osteoporose zugelassen. Er hemmt die Entwicklung der Osteoklasten, vermindert dadurch die Knochenresorption und erhöht die -dichte. Die Wirkung konnte bei postmenopausalen Frauen und bei Männern unter Antiandrogentherapie gezeigt werden. Denosumab wird alle sechs Monate subkutan gespritzt und erhöht die Knochendichte stärker als Alendronat. Mögliche Nebenwirkungen sind Infektionen der Harnwege und oberen Atemwege sowie Obstipation und Hautausschläge.

Strontiumranelat zeigt einen dualen Wirkmechanismus. Neben einer antiresorptiven Wirkung sind auch knochenaufbauende Effekte beschrieben. Das Risiko einer Fraktur kann dadurch um circa 40 bis 50 Prozent gesenkt werden. Als Nebenwirkungen treten in seltenen Fällen Übelkeit und Durchfall auf. Bei Patientinnen mit erhöhtem Risiko für thromboembolische Erkrankungen darf Strontiumranelat nur mit besonderer Vorsicht angewandt werden.

Weitere Osteoporosemittel Ist die Osteoporose durch einen Estrogenmangel bedingt, so kann ihr auch mit einer Hormonersatztherapie begegnet werden. Allerdings ist das erhöhte Risiko für Brustkrebs und Thromboembolien zu beachten. Eine Hormonsubstitution sollte daher kritisch hinterfragt werden. Nutzen und Risiko müssen individuell gegeneinander abwogen werden.

Kalzitonin hemmt die Aktivität der Osteoklasten und damit den Knochenabbau und kann daher auch in der Osteoporosetherapie eingesetzt werden. Die Wirkung ist jedoch geringer als die der Bisphosphonate. Der Vorteil liegt in einer gleichzeitigen analgetischen Wirkung. Damit ist es vor allem für Patienten mit schmerzhaften Wirbeleinbrüchen geeignet sowie für solche, die keine Bisphosphonate vertragen.

Das Parathormonanalogon Teriparatid hat eine deutlich den Knochenaufbau stimulierende, osteoanabole Potenz. Bei einmal täglicher subkutaner Injektion stimuliert es die Proliferation und Differenzierung der Osteoblasten. Die Knochensubstanz vermehrt sich und auch die Mikrostrukturen werden wieder hergestellt. In einer randomisierten Doppelblindstudie konnte gezeigt werden, dass die Häufigkeit mittelschwerer und schwerer Wirbelkörperfrakturen um 90 Prozent abnahm. Teriparatid gehört jedoch wegen seines hohen Preises und der strengen Indikationsstellung nicht zu den häufig verordneten Arzneimitteln.

Nichtmedikamentöse Therapie und Sturzprophylaxe Eine nichtmedikamentöse Behandlungsoption ist die Umstellung auf eine kalziumreiche und phosphatarme Ernährung. Auch die Bewegung gehört dazu. Selbst bei akuten Wirbelkörperfrakturen ist eine schnelle Mobilisierung zur Vermeidung von Folgekomplikationen anzustreben. Dabei kann es nötig sein, die akuten Schmerzen mit Analgetika zu behandeln.

ein regal mit kaselaiben
Hartkäsesorten wie Parmesan enthalten viel Kalzium.

Da der Knochen sich der Belastung anpasst, wirkt sich Krafttraining, natürlich im Rahmen des Möglichen, positiv aus. Wichtig ist eine statische Belastung des Knochens. Bewegungsformen ohne Knochenbelastung, wie beispielsweise Schwimmen, sind zwar allgemein gut, bringen den Knochen jedoch nichts. Neben der eigentlichen Behandlung der Krankheit spielt die Sturzprophylaxe eine wichtige Rolle, um die gefürchteten Knochen- und Wirbelbrüche zu verhindern. Dazu sollten zunächst einmal Stolperfallen im eigenen Zuhause gesucht und abgebaut werden. Auch waghalsige Aktionen, wie auf eine Leiter zu steigen, sollten vermieden werden.

Gehhilfen, Rollatoren und Haltegriffe im Bad können die Sturzgefahr und die -angst reduzieren. Zur Sturzprophylaxe ist auch wieder gezieltes Muskeltraining sinnvoll, denn gestärkte Muskeln und eine gute Koordination helfen dabei, Stürze zu vermeiden oder sich beim Fallen richtig abzufangen. Last but not least sind auch regelmäßige Sehtests sinnvoll, denn schwächer werdende Augen oder eine unpassende Brille bergen ebenfalls eine Sturzgefahr. Selbst der Einsatz von sedierend oder auf den Kreislauf wirkenden Medikamenten muss überprüft werden.

Ein Wort zur ComplianceDer Nutzen der spezifischen Osteoporosemedikation ist in Studien belegt. Dennoch könnte die Versorgung besser sein. In Deutschland wird nur jede vierte Frau und jeder achte Mann mit Osteoporose überhaupt behandelt. Bei älteren Menschen ist der Anteil der therapierten Patienten sogar noch geringer, obwohl gerade im Alter die meisten Knochenbrüche passieren. Neben der ungenügenden Versorgungsrate ist vor allem die Compliance, also die Therapietreue, ein Problem.

Eine retrospektive Analyse von etwa 4000 Frauen, die Bisphosphonate verordnet bekamen, zeigte, dass nach einem Jahr nur noch 30 Prozent die Therapie befolgten, obwohl die Einnahme nur einmal wöchentlich oder sogar nur einmal monatlich notwendig war. Bei Medikamenten, die täglich eingenommen werden mussten, waren nur noch sieben Prozent compliant. Arzneimittel, wie Denosumab, die nur einmal in einem halben Jahr appliziert werden müssen, könnten hier einen Compliancevorteil bieten. Auf der anderen Seite zeigt dies auch, welch wichtige Rolle Sie als PTA übernehmen können. Ermutigen Sie Ihre Osteoporosepatienten, die Einnahme fortzusetzen, auch wenn sie nicht sofort Linderung verspüren. Erinnern Sie sie auch daran, dass sie zusätzlich die Basistherapie mit Kalzium und Vitamin D fortsetzen müssen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/12 ab Seite 34.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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