Skelett © ledwell / iStock / Getty Images Plus
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Medizinische Fachgebiete

ORTHOPÄDIE

Die Orthopädie beschäftigt sich mit Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates und den damit verbundenen Schmerzen. Dazu gehören Gesundheitsstörungen der Knochen, Gelenke, Muskeln oder Sehnen.

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Häufige Krankheitsbilder, die der Orthopäde behandelt, sind unter anderem Frakturen, Bandrupturen, Arthrosen, Luxationen, Knochenmetastasen, Hallux valgus, Osteoporosen, Hüftdysplasien, Ischialgien, Karpaltunnelsyndrome, Skoliosen oder Spondylolisthesis. Dabei ist die Abgrenzung der Orthopädie zu benachbarten Fachrichtungen wie der Sportmedizin, Chirurgie oder der Unfallchirurgie nicht immer scharf.

Diagnostik Wie in anderen medizinischen Fachgebieten beginnt der Orthopäde die Diagnostik zunächst mit der Erhebung der Anamnese sowie mit einer klinischen Untersuchung. Im Anschluss daran spielen bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomografie, Kernspintomografie sowie die Sonografie eine entscheidende Rolle. Zudem lässt sich mit Hilfe der Einzelphotonen- Emissionscomputertomografie (kurz: SPECT), eine Sonderform der CT-​Untersuchung, die Stoffwechselaktivität in den Knochen beurteilen. Zur Feststellung und Kontrolle einer Osteoporose führt der behandelnde Arzt eine Knochendichtemessung durch.

Bei einer Arthroskopie, also einer Gelenkspiegelung, betrachtet der Mediziner das Gelenk mit einem Endoskop, das aus einer Lichtquelle, einer kleinen Kamera und einem langen, beweglichen Rohr besteht. Mit dem Arthroskop kann er kleine Operationen durchführen, beispielsweise bei Meniskusverletzungen. Zur Diagnostik in der Orthopädie gehört ebenfalls ein Reflextest mit einem kleinen Hämmerchen. Damit schlägt der Arzt dem Patienten zum Beispiel knapp unter die Kniescheibe, wobei der Unterschenkel nach vorne springen sollte. Berührt er hingegen die Achillessehne, sollte sich der Fuß strecken. Zeigt eine Körperhälfte deutlich schlechtere Reflexe als die andere, liegt unter Umständen eine Nervenschädigung vor, die weiter zu untersuchen wäre.

Anatomie Das menschliche Skelett besteht aus über 200 Knochen und stellt die Stützstruktur des Körpers dar. Ein Säugling kommt sogar mit über 300 Knochen und Knorpeln auf die Welt, die schließlich zu knapp über 200 Knochen zusammenwachsen. Das Knochengerüst lässt sich in fünf große Bereiche aufteilen: den Schädel, den Brustkorb, die Wirbelsäule sowie die oberen und die unteren Gliedmaßen. Zum einen sorgt das Skelett dafür, dass Lebewesen aufrecht stehen können, zum anderen ermöglicht es Bewegungen. Darüber hinaus schirmt es die lebenswichtigen Organe wie Herz oder Lunge ab, während der aus 22 Knochen bestehende Schädel das Gehirn schützt und die Augen an ihrem Platz hält.

Der Schädel lässt sich weiter in den Gehirn- und Gesichtsschädel unterteilen: Die acht Knochen des Gehirnschädels sind fest miteinander verbunden, der Gesichtsschädel umfasst auch den Unterkiefer, den größten, frei beweglichen und am Schädel befindlichen Knochen, der die Mimik ermöglicht. Der Brustkorb besteht aus zwölf Rippenpaaren, der Brustwirbelsäule und dem Brustbein. Neben seiner Schutzfunktion für die Organe sorgt er durch seine Elastizität dafür, dass der Mensch atmen kann. Auch die S-förmig geformte Wirbelsäule verleiht dem Körper ein gewisses Maß an Elastizität sowie die Stützkraft für den aufrechten Gang. Sie stellt die Körperachse dar und trägt somit den Kopf, die Rippen und die oberen Gliedmaßen. Ihr oberer Teil ist beweglich, während Kreuz-und Steißbein starr sind.

Insgesamt setzt sie sich aus sieben Halswirbeln, zwölf Brustwirbeln, fünf Lendenwirbeln, fünf Kreuzbeinwirbeln und drei bis vier Steißwirbeln zusammen. Weiterhin umschließt sie einen Teil des Zentralnervensystems und zwar das Rückenmark. Zu den oberen Gliedmaßen zählen das Schulterblatt, das Schlüsselbein, die Arme, Ellenbogen sowie die Hand. In der Orthopädie ist das Schlüsselbein von besonderer Bedeutung, da es hier häufig zu Frakturen kommt. Die unteren Gliedmaßen sind der Beckenknochen, der Oberschenkel, das Knie, der Unterschenkel und der Fuß.

Volksleiden Rückenschmerzen Ein gängiges Symptom in der Orthopädie sind Rückenschmerzen. Manchmal kann der Arzt bereits am Gang erkennen, dass mit dem Kreuz etwas nicht stimmt, weil Betroffene aufgrund bestimmter Beschwerden eine Schonhaltung einnehmen. Der Mediziner wird den Rücken genau betrachten, überprüfen, ob Muskelverspannungen bestehen und ob die Wirbelsäule sich in der richtigen Form befindet: Von hinten sollte sie gerade erscheinen, von der Seite eine S-Form erkennbar sein. Bei der Inspektion der Wirbelsäule sind verschiedene Aspekte zu beachten: Sind die Schulterblätter gleich hoch? Ist die Taille symmetrisch?

Sind die Dornfortsatzreige und das Becken gerade? Läuft der Patient durch das Sprechzimmer, registriert der Orthopäde anhand des Gangbildes eventuelle Abweichungen wie etwa schwache Muskelgruppen. Später überprüft er die Beweglichkeit des Körpers, indem er die Knie des liegenden Patienten in Richtung des Oberbauchs schiebt. Um die Wirbelsäulenbeweglichkeit zu testen, beugt sich der Patient nach rechts und links. Reizungen des Ischiasnervs lassen sich mit Hilfe des Nervendehnungstests identifizieren. Der Orthopäde hebt das gestreckte Bein des in der Waagerechten befindlichen Patienten um etwa 60 Grad an. Spürt die Person plötzlich Schmerzen im Bein, könnte ein Bandscheibenvorfall oder eine Ischialgie vorliegen. Bei Beschwerden im Steißbein ist eine Veränderung des Iliosakralgelenks eine mögliche Ursache.

Therapiespektrum Es gibt zahlreiche Behandlungsmethoden in der Orthopädie, im Wesentlichen differenziert man zwischen orthopädischen (invasiven) und nicht-orthopädischen (konservativen) Verfahren. Zu den konservativen Therapien gehört die Verabreichung von Medikamenten zum Beispiel zur Schmerzlinderung oder zur speziellen Behandlung von verschiedenen Krankheitsbildern. Nicht selten werden die Medikamente durch Injektionen verabreicht, wobei der Arzt den Wirkstoff direkt in das Gelenk, an die Sehnen, die Muskeln oder an die Wirbelsäule appliziert. Je nach Diagnose kommen manuelle oder physikalische Therapien in Betracht, zudem sind die Verordnung von Physiotherapien, Akupunktur oder orthopädischen Hilfsmitteln gängig.

Die meisten operativen Eingriffe werden heutzutage minimalinvasiv durchgeführt, wobei der Chirurg die Operation mit möglichst geringer Traumatisierung durch den operativen Zugang durchführt (Schlüssellochchirurgie). Vorteile für den Patienten sind weniger Narbenbildung, geringere Blutverluste, schnellere Mobilisierung, eine verkürzte postoperative Schmerzphase, ein besseres kosmetisches Ergebnis sowie ein rasches Ende des stationären Aufenthalts. Auch die Endoprothetik stellt ein Teilgebiet der Orthopädie dar und beschäftigt sich mit dem Einsatz von Implantaten bei zerstörten Gelenken. Endoprothesen stehen unter anderem für Hüft-, Knie-, Schulter- sowie seltener für Ellbogen- und Sprunggelenke zur Verfügung. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/18 ab Seite 50.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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