© kwanchaichaiudom / iStock / Getty Images
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Säuglinge Und Kleinkinder

NICHT IMMER BANAL

Bei schweren oder hartnäckigen Hustenanfällen muss man nicht gleich an Covid-19 denken. Vielmehr sind häufig herkömmliche Erreger von Atemwegsinfektionen die Ursache für Husten bei Kindern.

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Atemwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Krankheiten im Kindesalter. Somit zählt auch der Husten zu den Symptomen, mit denen sich die Kleinen oft quälen. Meist sind ubiquitär vorkommende Erkältungsviren wie beispielsweise Rhino-, Adeno-, Respiratory-Syncytial- oder Parainfluenzaviren Auslöser kindlicher Hustenattacken. Ab dem Grundschulalter steigt das Risiko für bakterielle Infektionen, wobei Pneumokokken, Streptokokken, Moraxella, Haemophilus influenzae Typ b sowie der atypische Keim Mykoplasma die vorherrschenden Erreger sind. Auch spielt das Bakterium Bordetella pertussis eine Rolle.

Keuchhusten – häufig unterschätzt Bordetella pertussis ist Auslöser des Keuchhustens (Pertussis). Pertussis tritt überwiegend im Kindes- und Jugendalter auf, wird aber auch bei Erwachsenen häufig diagnostiziert, da selbst nach einer überstandenen Pertussis-Erkrankung keine lebenslange Immunität besteht (maximal 10 bis 20 Jahre). Erwachsene haben zwar meist nur einen uncharakteristischen Husten, doch stellen sie ein Erregerreservoir dar, wodurch sich wiederum vermehrt Kinder anstecken können. Die Erkrankung ist gefürchtet, da schwere Krankheits- und Todesfälle bei den Kleinen möglich sind, wobei Säuglinge unter sechs Monaten das höchste Risiko für Komplikationen (z. B. Pneumonie) aufweisen.

Wann zum Arzt?

Hustende Kinder sollten frühzeitig dem Arzt vorgestellt werden. Komplikationen müssen verhindert, schwerwiegende Erkrankungen erkannt und behandelt werden. Dazu gehören unter anderem:

+ Pseudokrupp-Anfälle
+ Pertussis
+ Pneumonien
+ asthmatische Erkrankungen
+ Ausschluss von verschluckten Kleinteilen

Bedrohlich und langwierig Das Bakterium bildet Zellgifte (Toxine), welche die Schleimhäute und Flimmerhärchen der Atemwege schädigen und lokale Entzündungsreaktionen auslösen. Nach der Inkubationszeit beginnt der Keuchhusten wie ein banaler Infekt mit Schnupfen und Husten. Während dieses Vorstadiums besteht die höchste Ansteckungsfähigkeit. Nach zwei Wochen beginnt das zweite Stadium, das durch ausgeprägte, vor allem nächtliche, Hustenanfälle gekennzeichnet ist. Diese Hustenattacken können bis zu acht Wochen andauern und sind für das Kind sehr quälend. Neben einem sogenannten Stakkatohusten mit 15 bis 20 harten und abgehackten, krampfartigen Hustenstößen verfärbt sich das Gesicht des Kindes hochrot, dann zyanotisch-blau – das Kind scheint fast zu ersticken.

Danach erfolgen ein starkes Einziehen der Luft und Auswurf von zähem Schleim. Auch Erbrechen kann den Anfall beenden. Besonders bedrohlich werden solche Episoden bei Säuglingen, da bei ihnen die Gefahr von Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel besteht. Schließlich lassen die Hustenanfälle im dritten Stadium deutlich nach. Manche Kinder zeigen noch monatelang nach einem überstandenen Keuchhusten bei jedem erneuten banalen Infekt deutliche Hustenanfälle, da ihre Bronchien und ihr Hustenzentrum noch überempfindlich reagieren („Keuchhusten-Tic“). Der Krankheitsverlauf kann nur im Anfangsstadium durch Antibiotikagabe (Makrolide über 14 Tage) verkürzt und abgemildert werden.

Wird eine Pertussis-Infektion erst im zweiten Stadium entdeckt, lässt sich der Verlauf nicht mehr beeinflussen. Dann haben sich die Bakteriengifte schon in den Zellen festgesetzt und halten das Krankheitsgeschehen am Laufen. Dennoch ist eine Antibiotikagabe sinnvoll, um die Ansteckungsfähigkeit zu beseitigen. Zudem treten unter Antibiose Komplikationen wie Bronchitiden oder Pneumonien seltener auf. Um Pertussis-Erkrankungen möglichst zu verhindern, wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) der Beginn einer Grundimmunisierung gegen Keuchhusten bei Säuglingen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, das heißt ab Vollendung des zweiten Lebensmonats, und die erste Auffrischimpfung bereits im Vorschul- alter empfohlen.

Danach ist für Jugendliche zwischen 9 und 16 Jahren eine zweite Auffrischimpfung im Impfkalender eingeplant. Die Impfempfehlung sieht zudem vor, dass vor Geburt eines Kindes das familiäre Umfeld des Säuglings (z. B. Eltern, Großeltern, Geschwister, Au-pair-Mädchen) eine Pertussis-Impfung durchführen lassen sollten, da aufgrund der fehlenden lebenslangen Immunität eine Ansteckung der noch ungeschützten Neugeborenen durch Kontaktpersonen möglich ist. Zudem empfiehlt der aktuelle Impfkalender neuerdings auch eine Pertussisimpfung für Schwangere zu Beginn des 3. Trimenons zum Schutz der Neugeborenen. Weiterhin gilt, dass Frauen im gebärfähigen Alter grundsätzlich ihren Pertussis-Impfschutz überprüfen und auffrischen lassen sollten, wenn mehr als zehn Jahre seit der letzten Impfung vergangen sind.

Pseudokrupp – keine Impfmöglichkeit Eine weitere typische Atemwegsinfektion im Säuglings- und Kleinkindalter ist der Pseudokrupp. Dabei handelt es sich um eine viral ausgelöste Entzündung des Kehlkopfes unterhalb des Kehldeckels, gegebenenfalls ist auch die darunter gelegene Luftröhre betroffen. Eine starke Schleimhautschwellung ist die Folge, die aufgrund der engen anatomischen Verhältnisse bei den Kleinen Erstickungsanfälle auslösen kann. Der Pseudokruppanfall selbst ist durch einen plötzlich auftretenden bellenden, trockenen Husten verbunden mit Heiserkeit und einer pfeifenden Einatmung (inspiratorischer Stridor) sowie starker Atemnot gekennzeichnet.

Häufig geht ein banaler Infekt mit Schnupfen, Husten und Fieber voraus. Da Auslöser in der Regel Viren sind, helfen keine Antibiotika. Im Gegensatz zum Keuchhusten ist auch keine Impfung vorhanden. Hingegen werden im akuten Zustand hochdosierte Cortisonzäpfchen (Prednison) notwendig, um die entzündliche Schwellung und somit die Atemnot zu beseitigen. Zudem sollte das Kind während eines Pseudokruppanfalls auf den Arm genommen und beruhigt werden, damit sich die Atemnot nicht noch durch die Aufregung und Angst verschlimmert. Weiterhin hat es sich bewährt, das Kind am offenen Fenster frische Luft einatmen zu lassen. Möglichst gleichzeitig ist im Badezimmer durch Einlaufen von heißem Wasser in Badewanne oder Dusche für feuchtwarmen Dampf zu sorgen, den das Kind im Anschluss inhalieren sollte.

Erleichterung bringt ebenso feuchtwarmer Dampf aus dem Wasserhahn oder Kochtopf. Beide Maßnahmen unterstützen das Abschwellen der Schleimhaut. Davon abzugrenzen ist der echte Kruppanfall im Rahmen einer Diphterie. Er ist heute weniger bekannt, was nicht zuletzt an der seit Jahrzehnten erfolgreich durchgeführten Impfung liegt. Der echte Kruppanfall wird durch das Corynebacterium diphteriae beziehungsweise seine gewebeschädigenden Toxine ausgelöst, die zu einer Entzündung der Schleimhäute im Nasen- und Rachenraum führen. Dabei kommt es nicht nur zu Atemnot oder Erstickungsanfällen mit bellendem Husten. Es sind auch schwere Krankheitsverläufe mit Herzschäden möglich, die selbst bei einer rechtzeitigen Behandlung mit Antibiotika und Antitoxinen in 20 Prozent der Fälle tödlich enden.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2020 ab Seite 80.

Gode Chlond, Apothekerin

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