© Die PTA in der Apotheke
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Ernährung als Medizin

NICHT FÜR ZWEI ESSEN!

Raten Sie Ihren schwangeren Kundinnen davon ab, „einfach“ die Kalorienzahl zu verdoppeln. Bei ihnen kommt es vielmehr ganz besonders darauf an, was im Essen drin ist.

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Nur um etwa zehn Prozent steigt der Energiebedarf im Laufe einer Schwangerschaft an, das sind circa 250 Kilokalorien am Tag, was etwa einer Scheibe Vollkornbrot mit Käse und Tomate entspricht. Bei bestimmten Nährstoffen jedoch ist der Mehrbedarf deutlich höher. Bei den Vitaminen betrifft dies vor allem die B-Vitamine und hier insbesondere die Folsäure : Sie ist unverzichtbar für Zellteilung und Wachstum.

Reich an dem essenziellen Stoff sind vor allem grünes Blattgemüse, Kohl, Spargel, Hülsenfrüchte, Tomaten sowie Zitrusfrüchte, Vollkornprodukte und Eigelb. Ausreichende Spiegel, um die Entwicklung des Embryos in der Frühschwangerschaft sicherzustellen, lassen sich über die Nahrung alleine nicht erreichen. Frauen mit Kinderwunsch wird deswegen empfohlen, bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung täglich ein Präparat mit 400 Mikrogramm Folsäure einzunehmen und diese Supplementierung mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels fortzusetzen, da in diese Zeit die besonders kritische Entwicklung des sogenannten Neuralrohrs, der Vorstufe des zentralen Nervensystems, fällt.

Zu den relevanten Mikronährstoffen zählt auch Jod: Die Versorgung mit diesem essenziellen Spurenelement ist für die Synthese der Schilddrüsenhormone wichtig, die unter anderem Differenzierungs- und Wachstumsprozesse steuern, etwa bei der Knochenentwicklung und der Reifung des Nervensystems. Wichtig ist ein guter Jodstatus schon vor der Befruchtung. Empfehlenswert sind der Verzehr von Milch und Fisch und die Verwendung von Jodsalz. Weil schon eine relativ geringe Unterversorgung die Gehirnentwicklung des Kindes ungünstig beeinflusst, wird zu einer Jodprophylaxe während der Schwangerschaft geraten. Bei einer Supplementierung mit 100 bis 200 Mikrogramm am Tag besteht keine Gefahr einer Überdosierung.

Zu wenig – und zu viel des Guten Während des Wachstums von Plazenta und Kind werden neben anderem auch vermehrt Baustoffe für die Blutbildung benötigt und damit Eisen. Neben Fleisch und Fisch ist der Mineralstoff auch in verschiedenen (dunklen) Gemüsearten, Kräutern und Vollkorn enthalten, allerdings wird es daraus nicht so gut aufgenommen wie aus tierischen Produkten. Empfehlen Sie Ihren Kundinnen, zum Essen Vitamin-C-reiche Säfte zu genießen, das erhöht seine Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln.

Da ein zu hohes Angebot an dem Mineralstoff auch negative Wirkungen haben kann, sollte ein Eisenpräparat nur nach Laboruntersuchung der Blutwerte und ärztlicher Beratung genommen werden. Vitamin A ist ebenfalls für viele Wachstumsprozesse nötig. Werden regelmäßig Milch, Käse und Fisch verzehrt, ist der Bedarf meist gut gedeckt. Eine weitere Quelle stellt das Provitamin A (Beta-Carotin) dar, das in vielen Gemüsen (Karotten, Spinat) enthalten ist, – am besten wird es zusammen mit etwas Öl vom Körper aufgenommen.

ZUM SCHUTZ VOR LISTERIA & CO
Auf folgende Lebensmittel verzichten Schwangere besser:
+ Rohwurst wie Salami, Mett- und Teewurst; nicht durchgebratenes Fleisch, insbesondere vom Schwein und Lamm.
+ rohe Eier und damit zubereitete Speisen.
+ rohen und auch geräucherten Fisch.
+ Rohmilch und Rohmilchkäse auch alle Weichkäse besser meiden.
+ abgepackte Fertigsalate Natürlich sollten die Regeln der Küchenhygiene in dieser Zeit besonders gut befolgt werden.

Zuviel Vitamin A (nicht an Carotin!) kann das Kind schädigen. Eine solche Überdosierung kommt allerdings höchstens durch Verzehr von Leber vor: Bereits kleine Mengen davon enthalten äußerst viel Vitamin A. Daher wird während des ersten Schwangerschaftsdrittels vom Verzehr dieser Innerei grundsätzlich abgeraten.

Achtung: Quecksilber! Langkettige Omega-3-Fettsäuren, speziell solche aus fettem Salzwasserfisch, werden für eine optimale Entwicklung von Nerven- und Sinneszellen des Fötus gebraucht. Schwangeren und stillenden Frauen wird empfohlen, den Bedarf vorzugsweise über zwei Fischmahlzeiten pro Woche zu decken. Eine wichtige Einschränkung ist hier die hohe Quecksilberbelastung. Da sich das Gift über die Nahrungskette anreichert, wird auf Raubfische wie Hai, Steinbeißer oder Thunfisch besser verzichtet.

Steht Fisch nicht auf dem Speiseplan der Frau, ist die Gabe von Supplementen mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren zu erwägen. Alkohol sollte wegen der vielfältigen Risiken für das Kind während der Schwangerschaft tabu sein. Bei Koffein – neben Kaffee also auch schwarzer und grüner Tee sowie Energy-Drinks – gelten Mengen unter 300 Milligramm am Tag als unproblematisch, das entspricht bis zu drei Tassen Kaffee.

Keimbelastung von Nahrungsmitteln Einige Erreger, die mit der Nahrung aufgenommen werden, können dem Ungeborenen schweren Schaden zufügen. So etwa Toxoplasmen, im Darm von Katzen lebende einzellige Parasiten, die Gesunden relativ wenig anhaben, aber Kinder im Mutterleib gefährden: Es kann zu Fehlgeburten, Behinderungen, verschiedenen Organschäden und neurologischen Störungen kommen. Ähnlich verhält es sich mit Listerien: Diese Bakterien sind für die meisten Menschen in der Regel harmlos. Bei Personen mit einer Abwehrschwäche kommen dagegen schwere Infektionen vor.

Besonders gefährdet ist auch der Fetus; es kann zu Fehl- oder Frühgeburten oder schweren Schäden kommen. Die Keime sind praktisch überall, wo sich organisches Material findet, auf Böden, in Gewässern – und sie halten vielfältigen Umweltbedingungen stand. Erklären Sie Ihren Kundinnen, dass diese Bakterien sich auch bei vier Grad Celsius vermehren, selbst unter Vakuum-Verpackungen! Neben Fleisch- können Milch- und vor allem auch Fischprodukte, sowie – über organische Düngung – auch Gemüse und Salat kontaminiert sein.

Was Vegetarierinnen wissen sollten Vor allem wenn sich eine Schwangere bereits seit längerem fleischlos ernährt, muss besonders auf die Versorgung mit Vitamin B12 geachtet werden. Ein Mangel daran kann sich ungünstig auf das kindliche Nervensystem auswirken und zum Teil irreversible Schäden auslösen. Auch zu einem Zinkmangel kann es kommen, was wiederum das Wachstum des Kindes beeinträchtigen kann.

Eine vegane, also rein pflanzliche Ernährungsweise vermag selbst bei sorgfältigster Kost-Zusammenstellung die essenziellen Nährstoffe nicht in der erforderlichen Menge zur Verfügung zu stellen. Kritisch ist vor allem die Versorgung von Mutter und Kind mit Eiweiß, Kalzium und den Vitaminen B2 und D sowie mit den bereits genannten Mikronährstoffen. Diese Frauen sollten sich daher bei geplanter Schwangerschaft unbedingt ärztlich beraten lassen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/15 ab Seite 114.

Waldtraud Paukstadt, Dip. Biologin

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