Ein Arzt oder Forscher schaut mit Hilfe eines Spatels und einer Lampe in den Rachen einer zweiten Person.
Wo haben sie sich versteckt? Im Nasenrachen sind Forscher auf ein neues Organ gestoßen: ein weiteres Paar Speicheldrüsen. © studio_77-28 / iStock / Getty Images Plus

Entdeckung | Speicheldrüsen

NEUES ORGAN FÜR DIE ANATOMIE-LEHRBÜCHER

All die Jahre haben sie sich gut versteckt, doch jetzt stöberte sie ein spezielles bildgebendes Verfahren auf: Forscher haben ein neues Organ entdeckt. Es befindet sich tief im Gesichtsschädel im Nasenrachenraum und produziert Speichel: die Tubarius-Drüsen.

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Eigentlich wollten die Wissenschaftler etwas ganz Anderes: Matthijs Valstar vom Niederländischen Krebsinstitut in Amsterdam und sein Team untersuchten gerade eine Bilderreihe von rund 100 Krebspatienten mittels einer speziellen Positronenemissions-Tomografie (PET), mit der normalerweise Biomarker für Prostatakrebs sichtbar gemacht werden. Hier jedoch entdeckten sie etwas Ungewöhnliches: An der Rückseite des Nasenrachens befand sich eine paarige, knapp vier Zentimeter lange Drüse. „Soweit wir wussten, sind die einzigen Speichel- oder Schleimdrüsen im Nasenraum mikroskopisch klein und relativ gleichmäßig in der Schleimhaut verteilt – entsprechend groß war unsere Überraschung“, sagt Valstars Kollege Wouter Vogel. Es gibt rund tausend kleine sowie drei große paarige Speicheldrüsen, die ein Sekret produzieren, das bei der Vorverdauung der Nahrung und der Bekämpfung von Bakterien im Mundraum hilft.

Die neuentdeckte Speicheldrüse liegt beiderseits der sogenannten Tubenöffnung, also der Stelle, an der die Eustachische Röhre von der Paukenhöhle des Ohres in den Nasenrachenraum mündet. Im Vergleich zu allen anderen Speicheldrüsen ist sie riesengroß; die Forscher wunderten sich selbst, dass sie bisher in keinem einzigen Anatomie-Lehrbuch auftaucht. Das ist aber vielleicht auch deshalb der Fall, da das neue Organ eher aussieht wie ein ganz normaler Schleimhautwulst, den man bisher als Torus tubarius bezeichnete. Bei genauerem Hinschauen (auch durch Obduktionen an zwei Toten) bestätigte es sich, dass es sich um reguläre Speicheldrüsen mit Drüsengewebe sowie Ausfuhrgängen handelt. „Unseres Wissens ist das die erste Beschreibung von paarigen, makroskopischen Drüsen an der hinteren Wand des Nasenrachenraums“, sagen die Wissenschaftler – und tauften sie nach dem umliegenden Gewebe „Tubarius-Drüsen“.

Laut Definition muss ein Organ die Kriterien einer neuen anatomischen und funktionellen Einheit erfüllen, was hier der Fall sein dürfte: Es hat eine bestimmte Form und Struktur und spezifische Funktionen, nämlich die der Befeuchtung des Nasenrachens und des Eingangs der Eustachischen Röhre. „Egal, ob diese neuen Drüsen als eigenes Organ, große Speicheldrüse oder als Teil des Speichel-Organsystems angesehen werden, sie sind von klinischer Relevanz“, schreiben Valstar und sein Team.

Doch wie konnte die paarige Drüse so lange unentdeckt bleiben? Die Forscher führen das auf ihre versteckte Lage und das unauffällige Aussehen zurück. „Die neuentdeckten Tubarius-Drüsen umfassen flache, unter der Schleimhaut liegende Drüsenstrukturen, die an einer schwer zugänglichen Stelle unter der Schädelbasis liegen. Dieses Gebiet ist nur bei einer nasalen Endoskopie zu erkennen.“

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: scinexx.de

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