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Wer ist‘s gewesen?

MORDSMÄSSIG MÜDE

Sein Leben war von einer gewissen Tragik umschattet. Denn obwohl er ein Alkaloid isolierte, das den Menschen tiefen Schlaf bescherte, errang er doch zu Lebzeiten nicht die Anerkennung, die er verdiente.

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Geboren wurde der Gesuchte 1783 in einem Dorf bei Paderborn als Sohn eines Landvermessers. Er wollte werden wie der Papa, doch ein Schicksalsschlag machte seine Träume zunichte: Der Vater starb, als der Junge 15 war und hinterließ – nichts.

Rote Blume Der junge Mann musste eine Lehre aufnehmen. Er trat in die Paderborner Hofapotheke ein, legte 1803 das Gehilfenexamen ab, wurde später selbst Apotheker. Bereits in dieser Zeit, nämlich 1804, beschäftigte er sich eingehend mit dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns. Seine Versuchskaninchen waren Hunde. Die versanken in tiefen Schlummer, wenn er ihnen den Opiumsaft injizierte; entfernte er jedoch den enthaltenen Wirkstoff mit den alkalischen Eigenschaften, blieben sie putzmunter. Die Entdeckung des jungen Apothekergehilfen war insofern eine wissenschaftliche Großtat, als man bisher angenommen hatte, dass pflanzliche Wirkstoffe ausschließlich als Säuren vorkamen.

Des Lehrlings entdeckter Stoff war aber alkalisch – daher der Name Alkaloid! Noch befand sich der junge Mann auf einem Irrweg, als er durch Johann Bartholomäus Trommsdorf seine „Darstellung der reinen Opiumsäure nebst einer wissenschaftlichen Untersuchung des Opiums mit vorzüglicher Hinsicht auf einen darin neu entdeckten Stoff“ veröffentlichen ließ. Denn es war ja gar keine Säure, aber die Stoffgruppe der Alkaloide bekam ihren Namen erst 1819 von einem anderen Apotheker. Was für ein Arzneimittel er da entdeckt hatte, lässt sich am ehesten mit dem Penicillin des Alexander Fleming vergleichen – es taten sich fortan völlig neue Behandlungsmöglichkeiten auf.

Griechischer Gott Der junge Apotheker taufte den neuen Wirkstoff feierlich nach dem griechischen Gott des Schlafes und wagte den Eigenversuch: Mit drei Freunden schluckt er eine ordentliche Menge der neu entdeckten Substanz, was beinahe ins Auge geht. Nur die Gabe von Brechmittel bewahrt die vier vor dem Tod; der Entdecker beschreibt „Schmerz in der Magengegend, Ermattung und starke an Ohnmacht grenzende Betäubung“.

Trotz eines „traumartigen Zustandes“ gelingt es ihm, den Leidensgenossen das Emetikum einzuflößen. Doch was tut man nicht alles im Dienste der Wissenschaft. Gleichzeitig mit ihm am Start waren nämlich zwei Franzosen, die den Ruhm ebenfalls für sich einstreichen wollten. Eine schnelle Veröffentlichung in einem Fachblatt ließ die wissenschaftliche Welt aufhorchen – endlich erhielt der junge Mann die Achtung, die er verdiente.

Die Auflösung vom Januar: „Mord im Akkord“

Agatha Christie hieß die weltberühmte Romanschriftstellerin, die Hercule Poirot und Miss Marple erfand – und die von der Ausbildung her doch eigentlich Apothekengehilfin war. Deshalb kannte sie sich auch so gut mit Giften aus: Ein Fünftel ihrer Mordopfer starb durch pharmazeutische Substanzen. Agatha Mallowan, die unter dem Namen ihres ersten Mannes schrieb, starb im Jahr 1976. Sie wurde 86 Jahre alt. Bis heute wurden schätzungsweise zwei Milliarden ihrer Bücher verkauft.

Es brennt zweimal Und obwohl er nun schlagartige Berühmtheit erreicht hatte, verfolgte ihn beruflich das Pech: Die erste Apotheke in Einbeck brannte ab. Die zweite, da war er bereits richtiger Apotheker, ebenfalls, es war wie verhext. Und dann wurde ihm durch einen Regierungswechsel auch noch die Genehmigung versagt, überhaupt eine Apotheke zu führen. Der Gesuchte zog sich erbittert zurück, forschte weiter und entdeckte das Cholerabakterium.

Er behauptete, dass der Erreger der Infektionskrankheit „ein giftiges, belebtes, also sich selbst fortpflanzendes Wesen“ sei. Nur glaubte ihm das keiner – glauben wird man 50 Jahre später erst Robert Koch. Der Apotheker auf dem Abstellgleis schrieb ein zweibändiges Physikbuch, beschäftigte sich erfolgreich mit der Verbesserung von Schusswaffen, setzte mit seiner Frau sieben Kinder in die Welt und haderte ansonsten mit seinem Schicksal.

Er wurde ein bisschen absonderlich und regte sich leicht auf. Da ihn keiner mehr ernstnehmen wollte – oder besser gesagt: beachtete –, gründete er seine eigene Zeitschrift und veröffentlichte seine Arbeiten zudem als Flugblätter. Eine schmerzhafte Gicht versuchte er mit der von ihm entdeckten Substanz zu lindern. Und, wer weiß, vielleicht wurde er sogar abhängig davon, denn die Substanz, die er entdeckte, ist hochgradig suchterregend. Wer war dieser Mann, der nur 58 Jahre alt wurde und auf dessen Grabstein in seiner Geburtsstadt Einbeck steht: „Er wirkte zum Segen kranker Menschen“?

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/18 auf Seite 84.

Alexandra Regner, PTA/Redaktion

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Dann schreiben Sie uns per Email: Unter p.peterle@uzv.de Stichwort: „Wer ist’s gewesen?“, haben Sie die Chance, einen Apothekenkrimi zu gewinnen. Einsendeschluss ist der 28. Februar 2018. Die Gewinner werden von uns benachrichtigt, die Auflösung gibt’s im nächsten Heft!

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